Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.in der Bildhauerei. dischen und Berninischen zusammengesetzt ist, und denle Gros, Puget, Monnot, Raggi, Mazzuoli, Fer- rata, Rusconi, und so weiter, angenommen haben, den Kirchenstil nennen, weil er in den Bildhauerwer- ken, welche die Kirchen zieren, am häufigsten ange- troffen wird. Eine Figur also mit einer particulair individuel- Falconet, das sind deine Götter! 7) Ueber 7) Ich habe schon an einer andern Stelle gesagt, daß
wir dem Cardinal Albani, wo nicht die Ausrottung dieses Stils, wenigstens den Sieg des wahren Ge- schmacks über den falschen schuldig sind. Seitdem sind einige neuere Künstler aufgestanden, die sich dem Stil der Alten mehr genähert haben. Allein die Verblendung der Französischen Schule dauert noch fort. Natur! Natur! rufen sie, und ver- gessen in der Bildhauerei. diſchen und Berniniſchen zuſammengeſetzt iſt, und denle Gros, Puget, Monnot, Raggi, Mazzuoli, Fer- rata, Rusconi, und ſo weiter, angenommen haben, den Kirchenſtil nennen, weil er in den Bildhauerwer- ken, welche die Kirchen zieren, am haͤufigſten ange- troffen wird. Eine Figur alſo mit einer particulair individuel- Falconet, das ſind deine Goͤtter! 7) Ueber 7) Ich habe ſchon an einer andern Stelle geſagt, daß
wir dem Cardinal Albani, wo nicht die Ausrottung dieſes Stils, wenigſtens den Sieg des wahren Ge- ſchmacks uͤber den falſchen ſchuldig ſind. Seitdem ſind einige neuere Kuͤnſtler aufgeſtanden, die ſich dem Stil der Alten mehr genaͤhert haben. Allein die Verblendung der Franzoͤſiſchen Schule dauert noch fort. Natur! Natur! rufen ſie, und ver- geſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0227" n="203"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in der Bildhauerei.</hi></fw><lb/> diſchen und Berniniſchen zuſammengeſetzt iſt, und den<lb/> le Gros, Puget, Monnot, Raggi, Mazzuoli, Fer-<lb/> rata, Rusconi, und ſo weiter, angenommen haben,<lb/> den Kirchenſtil nennen, weil er in den Bildhauerwer-<lb/> ken, welche die Kirchen zieren, am haͤufigſten ange-<lb/> troffen wird.</p><lb/> <p>Eine Figur alſo mit einer particulair individuel-<lb/> len Bildung, einer verzerrten oder unbedeutend reizen-<lb/> den Mine, einer academiſchen, nach den Regeln des<lb/> Contrapoſto angeordneten Stellung, einer raͤthſelhaf-<lb/> ten Bewegung, knoͤchernen und magern oder wachs-<lb/> aͤhnlichen glatten Formen, ohne auffallende Incor-<lb/> rektionen in der Zeichnung, eingehuͤllet in ein Gewand,<lb/> in welches ſich noch vier andere mit ihr huͤllen koͤnnten,<lb/> und mit unverkennbarer Ruͤckſicht auf mahleriſche Wuͤr-<lb/> kung gearbeitet, — iſt eine Statue im Kirchenſtile:<lb/> ein Werk das auf den erſten Blick durch Wuͤrkung<lb/> des Ganzen frappirt, aber bei der Pruͤfung des De-<lb/> tails kein anderes Vergnuͤgen nachlaͤßt, als der Be-<lb/> wunderung des kuͤnſtlich behandelten Marmors, und<lb/> einer Treue, die an die Haupttheile ſo wie an die Ne-<lb/> benſachen verſchwendet iſt.</p><lb/> <p>Falconet, das ſind deine Goͤtter! <note xml:id="note-0227" next="#note-0228" place="foot" n="7)">Ich habe ſchon an einer andern Stelle geſagt, daß<lb/> wir dem Cardinal Albani, wo nicht die Ausrottung<lb/> dieſes Stils, wenigſtens den Sieg des wahren Ge-<lb/> ſchmacks uͤber den falſchen ſchuldig ſind. Seitdem<lb/> ſind einige neuere Kuͤnſtler aufgeſtanden, die ſich<lb/> dem Stil der Alten mehr genaͤhert haben. Allein<lb/> die Verblendung der Franzoͤſiſchen Schule dauert<lb/> noch fort. Natur! Natur! rufen ſie, und ver-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">geſſen</fw></note></p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ueber</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [203/0227]
in der Bildhauerei.
diſchen und Berniniſchen zuſammengeſetzt iſt, und den
le Gros, Puget, Monnot, Raggi, Mazzuoli, Fer-
rata, Rusconi, und ſo weiter, angenommen haben,
den Kirchenſtil nennen, weil er in den Bildhauerwer-
ken, welche die Kirchen zieren, am haͤufigſten ange-
troffen wird.
Eine Figur alſo mit einer particulair individuel-
len Bildung, einer verzerrten oder unbedeutend reizen-
den Mine, einer academiſchen, nach den Regeln des
Contrapoſto angeordneten Stellung, einer raͤthſelhaf-
ten Bewegung, knoͤchernen und magern oder wachs-
aͤhnlichen glatten Formen, ohne auffallende Incor-
rektionen in der Zeichnung, eingehuͤllet in ein Gewand,
in welches ſich noch vier andere mit ihr huͤllen koͤnnten,
und mit unverkennbarer Ruͤckſicht auf mahleriſche Wuͤr-
kung gearbeitet, — iſt eine Statue im Kirchenſtile:
ein Werk das auf den erſten Blick durch Wuͤrkung
des Ganzen frappirt, aber bei der Pruͤfung des De-
tails kein anderes Vergnuͤgen nachlaͤßt, als der Be-
wunderung des kuͤnſtlich behandelten Marmors, und
einer Treue, die an die Haupttheile ſo wie an die Ne-
benſachen verſchwendet iſt.
Falconet, das ſind deine Goͤtter! 7)
Ueber
7) Ich habe ſchon an einer andern Stelle geſagt, daß
wir dem Cardinal Albani, wo nicht die Ausrottung
dieſes Stils, wenigſtens den Sieg des wahren Ge-
ſchmacks uͤber den falſchen ſchuldig ſind. Seitdem
ſind einige neuere Kuͤnſtler aufgeſtanden, die ſich
dem Stil der Alten mehr genaͤhert haben. Allein
die Verblendung der Franzoͤſiſchen Schule dauert
noch fort. Natur! Natur! rufen ſie, und ver-
geſſen
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