sen, und schöne Kunstwerke sehen lassen. Die Bekanntschaft mit den schönen Wissenschaften und Künsten macht die Sitten sanft, wie die Alten sagen, und mildert eigennützige Leidenschaften.
Dieser Zeitraum würde nun auch dazu dienen können, Erfahrungen über die bestimmte Neigung, und das Talent eines jungen Kopfs zu den bildenden Künsten anzustellen. Macht er diese anhaltend zum Gegenstande seiner liebsten Unterhaltung; bemerke ich, daß die bildende Kraft seiner Seele durch die Lesung der Dichter und Geschichtschreiber, durch den Anblick der Kunstwerke leicht zur Zusammensetzung von Ge- stalten aufgefordert wird; erkenne ich an seinen rohen Versuchen, im Detail untrügliche Merkmale einer ge- nauen Wahrnehmung des Wesentlichen zur Wahr- heit; ist seine Hand eben so leicht in der Ausführung, als sein Kopf erfindrisch ist; sind seine Leidenschaften mehr sanft, theilnehmend, als stark und äusserlich würkend; hat er endlich Haltsamkeit bei seinen Arbei- ten ohne Quälerei; gut! so würde ich ihm alle Gele- genheiten erleichtern, einen so entschiedenen Geschmack, ein so wahrscheinliches Talent auszubilden, und einen so anscheinenden Anspruch auf Künstler Glück ferner zu begründen.
Diese Hauptsorge des Führers würde jedoch in dieser Zeit wohl mehr dahin gehen, zu verhindern, daß nichts Schädliches, als dafür zu sorgen, daß et- was Gutes geschehe. Kein Meister, wenn ich bitten darf, wenigstens keiner, der nach seinen Zeichnungen oder nach Kupferstichen copiren läßt! Das Kind liebt diesen Zwang nicht, und es ist ihm gut, daß es, --
nach
Pallaſt
ſen, und ſchoͤne Kunſtwerke ſehen laſſen. Die Bekanntſchaft mit den ſchoͤnen Wiſſenſchaften und Kuͤnſten macht die Sitten ſanft, wie die Alten ſagen, und mildert eigennuͤtzige Leidenſchaften.
Dieſer Zeitraum wuͤrde nun auch dazu dienen koͤnnen, Erfahrungen uͤber die beſtimmte Neigung, und das Talent eines jungen Kopfs zu den bildenden Kuͤnſten anzuſtellen. Macht er dieſe anhaltend zum Gegenſtande ſeiner liebſten Unterhaltung; bemerke ich, daß die bildende Kraft ſeiner Seele durch die Leſung der Dichter und Geſchichtſchreiber, durch den Anblick der Kunſtwerke leicht zur Zuſammenſetzung von Ge- ſtalten aufgefordert wird; erkenne ich an ſeinen rohen Verſuchen, im Detail untruͤgliche Merkmale einer ge- nauen Wahrnehmung des Weſentlichen zur Wahr- heit; iſt ſeine Hand eben ſo leicht in der Ausfuͤhrung, als ſein Kopf erfindriſch iſt; ſind ſeine Leidenſchaften mehr ſanft, theilnehmend, als ſtark und aͤuſſerlich wuͤrkend; hat er endlich Haltſamkeit bei ſeinen Arbei- ten ohne Quaͤlerei; gut! ſo wuͤrde ich ihm alle Gele- genheiten erleichtern, einen ſo entſchiedenen Geſchmack, ein ſo wahrſcheinliches Talent auszubilden, und einen ſo anſcheinenden Anſpruch auf Kuͤnſtler Gluͤck ferner zu begruͤnden.
Dieſe Hauptſorge des Fuͤhrers wuͤrde jedoch in dieſer Zeit wohl mehr dahin gehen, zu verhindern, daß nichts Schaͤdliches, als dafuͤr zu ſorgen, daß et- was Gutes geſchehe. Kein Meiſter, wenn ich bitten darf, wenigſtens keiner, der nach ſeinen Zeichnungen oder nach Kupferſtichen copiren laͤßt! Das Kind liebt dieſen Zwang nicht, und es iſt ihm gut, daß es, —
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Pallaſt
ſen, und ſchoͤne Kunſtwerke ſehen laſſen. Die
Bekanntſchaft mit den ſchoͤnen Wiſſenſchaften und
Kuͤnſten macht die Sitten ſanft, wie die Alten ſagen,
und mildert eigennuͤtzige Leidenſchaften.
Dieſer Zeitraum wuͤrde nun auch dazu dienen
koͤnnen, Erfahrungen uͤber die beſtimmte Neigung,
und das Talent eines jungen Kopfs zu den bildenden
Kuͤnſten anzuſtellen. Macht er dieſe anhaltend zum
Gegenſtande ſeiner liebſten Unterhaltung; bemerke ich,
daß die bildende Kraft ſeiner Seele durch die Leſung
der Dichter und Geſchichtſchreiber, durch den Anblick
der Kunſtwerke leicht zur Zuſammenſetzung von Ge-
ſtalten aufgefordert wird; erkenne ich an ſeinen rohen
Verſuchen, im Detail untruͤgliche Merkmale einer ge-
nauen Wahrnehmung des Weſentlichen zur Wahr-
heit; iſt ſeine Hand eben ſo leicht in der Ausfuͤhrung,
als ſein Kopf erfindriſch iſt; ſind ſeine Leidenſchaften
mehr ſanft, theilnehmend, als ſtark und aͤuſſerlich
wuͤrkend; hat er endlich Haltſamkeit bei ſeinen Arbei-
ten ohne Quaͤlerei; gut! ſo wuͤrde ich ihm alle Gele-
genheiten erleichtern, einen ſo entſchiedenen Geſchmack,
ein ſo wahrſcheinliches Talent auszubilden, und einen
ſo anſcheinenden Anſpruch auf Kuͤnſtler Gluͤck ferner
zu begruͤnden.
Dieſe Hauptſorge des Fuͤhrers wuͤrde jedoch in
dieſer Zeit wohl mehr dahin gehen, zu verhindern,
daß nichts Schaͤdliches, als dafuͤr zu ſorgen, daß et-
was Gutes geſchehe. Kein Meiſter, wenn ich bitten
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/174>, abgerufen am 28.07.2024.
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