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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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der Französischen Academie.
Contour genau zu machen weiß, und Begriffe von
Ründung hat, das ist ihm genung.

Selten aber kann der Professor vielmehr als sau-
ber zeichnen, und dennoch glaubt er auf der Staffel
der Kunst zu stehen, und einem Raphael gleich zu
seyn, wenn nur die Liebhaber jetzt wie damals den
Künstler bezahlen wollten. Er dressirt zwanzig und
mehr Lehrlinge an einer Linie. Wer am besten stri-
chelt und fleißig die Stunden besucht, wird als der ge-
lehrigste hervorgezogen, erhält Recommendation, Un-
terstützung zur Reise und Arbeit. Wie oft sind die
ungelehrigsten Jünglinge gerade diejenigen, die sich
selbst überlassen am mehresten lernen würden!

Raphaels Schüler, die Schüler Tizians, der
Carracci, des Rubens wurden ganz anders angeführt.
Wenn sie zu ihren Meistern kamen, waren sie keine
Kinder mehr, sie hatten schon ihre eigene Art die
Sachen anzusehen. Es ward ihnen kein Collegium
darüber gelesen, wie sie den Pinsel oder den Crayon
halten sollten; sie mußten die Augen aufmachen, zu-
sehen: und sie sahen auch mit ganz anderer Aufmerk-
samkeit zu, weil alles weniger leicht gemacht wurde.
A bon entendeur bonne entente! Mit dem
Beispiel die Lehre, und gemeiniglich die Ausführung.

Die großen Meister hatten so viel zu thun, daß
sie nicht selten die Hand ihrer Schüler zu ihren Arbei-
ten mit gebrauchen mußten. Sie machten die Zeich-
nungen, ließen die Gemählde von jenen anlegen, re-
touchirten das Ganze, oder mahlten nur die Haupt-
partien. Kurz! Alles diente dazu, den Schüler
praktisch zu lehren; und wie viel anders lernt man,
wenn man bei jeder neu eingesammelten Kenntniß die

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der Franzoͤſiſchen Academie.
Contour genau zu machen weiß, und Begriffe von
Ruͤndung hat, das iſt ihm genung.

Selten aber kann der Profeſſor vielmehr als ſau-
ber zeichnen, und dennoch glaubt er auf der Staffel
der Kunſt zu ſtehen, und einem Raphael gleich zu
ſeyn, wenn nur die Liebhaber jetzt wie damals den
Kuͤnſtler bezahlen wollten. Er dreſſirt zwanzig und
mehr Lehrlinge an einer Linie. Wer am beſten ſtri-
chelt und fleißig die Stunden beſucht, wird als der ge-
lehrigſte hervorgezogen, erhaͤlt Recommendation, Un-
terſtuͤtzung zur Reiſe und Arbeit. Wie oft ſind die
ungelehrigſten Juͤnglinge gerade diejenigen, die ſich
ſelbſt uͤberlaſſen am mehreſten lernen wuͤrden!

Raphaels Schuͤler, die Schuͤler Tizians, der
Carracci, des Rubens wurden ganz anders angefuͤhrt.
Wenn ſie zu ihren Meiſtern kamen, waren ſie keine
Kinder mehr, ſie hatten ſchon ihre eigene Art die
Sachen anzuſehen. Es ward ihnen kein Collegium
daruͤber geleſen, wie ſie den Pinſel oder den Crayon
halten ſollten; ſie mußten die Augen aufmachen, zu-
ſehen: und ſie ſahen auch mit ganz anderer Aufmerk-
ſamkeit zu, weil alles weniger leicht gemacht wurde.
A bon entendeur bonne entente! Mit dem
Beiſpiel die Lehre, und gemeiniglich die Ausfuͤhrung.

Die großen Meiſter hatten ſo viel zu thun, daß
ſie nicht ſelten die Hand ihrer Schuͤler zu ihren Arbei-
ten mit gebrauchen mußten. Sie machten die Zeich-
nungen, ließen die Gemaͤhlde von jenen anlegen, re-
touchirten das Ganze, oder mahlten nur die Haupt-
partien. Kurz! Alles diente dazu, den Schuͤler
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[147/0171] der Franzoͤſiſchen Academie. Contour genau zu machen weiß, und Begriffe von Ruͤndung hat, das iſt ihm genung. Selten aber kann der Profeſſor vielmehr als ſau- ber zeichnen, und dennoch glaubt er auf der Staffel der Kunſt zu ſtehen, und einem Raphael gleich zu ſeyn, wenn nur die Liebhaber jetzt wie damals den Kuͤnſtler bezahlen wollten. Er dreſſirt zwanzig und mehr Lehrlinge an einer Linie. Wer am beſten ſtri- chelt und fleißig die Stunden beſucht, wird als der ge- lehrigſte hervorgezogen, erhaͤlt Recommendation, Un- terſtuͤtzung zur Reiſe und Arbeit. Wie oft ſind die ungelehrigſten Juͤnglinge gerade diejenigen, die ſich ſelbſt uͤberlaſſen am mehreſten lernen wuͤrden! Raphaels Schuͤler, die Schuͤler Tizians, der Carracci, des Rubens wurden ganz anders angefuͤhrt. Wenn ſie zu ihren Meiſtern kamen, waren ſie keine Kinder mehr, ſie hatten ſchon ihre eigene Art die Sachen anzuſehen. Es ward ihnen kein Collegium daruͤber geleſen, wie ſie den Pinſel oder den Crayon halten ſollten; ſie mußten die Augen aufmachen, zu- ſehen: und ſie ſahen auch mit ganz anderer Aufmerk- ſamkeit zu, weil alles weniger leicht gemacht wurde. A bon entendeur bonne entente! Mit dem Beiſpiel die Lehre, und gemeiniglich die Ausfuͤhrung. Die großen Meiſter hatten ſo viel zu thun, daß ſie nicht ſelten die Hand ihrer Schuͤler zu ihren Arbei- ten mit gebrauchen mußten. Sie machten die Zeich- nungen, ließen die Gemaͤhlde von jenen anlegen, re- touchirten das Ganze, oder mahlten nur die Haupt- partien. Kurz! Alles diente dazu, den Schuͤler praktiſch zu lehren; und wie viel anders lernt man, wenn man bei jeder neu eingeſammelten Kenntniß die Ver- K 2

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/171>, abgerufen am 24.11.2024.