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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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Der kleine Pallast Farnese.
irrig behauptet, 3) sondern von Baldassero Peruz-
zi da Siena
und von Sebastiano del Piombo.

+ Die Galathea Raphaels ist stehend abge-
bildet in einem Wagen bespannt mit zwei Delphinen,
deren Zügel sie selbst leitet. Zur Seite umarmt ein
Triton eine Nereide, ein anderer Triton stößt in eine
Meer-Trompete, und weiterhin sitzt noch eine andere
Nereide auf dem Rücken eines dritten Tritons. Amor
führt den Wagen der Galathea, Amorinen schießen
fliegend Pfeile herab. Die Anordnung ist nicht zu
loben, die Figuren sind zu abgerissen von einander, und
das Ganze thut wenig Würkung. Dem Kopfe der
Galathea sieht man es an, daß vieles von der ur-
sprünglichen Idee ihrer Schönheit, durch die Reise
von dem Kopfe des Künstlers ab in die Hand, ver-
lohren gegangen ist. Die Augen sind zu klein, die
Nase ist zu stark. Der Körper der Galathea bis an
die Knie ist schön, aber dies Knie ist zu muskulös.
Die Nereide die der Triton umarmt, ist sehr reizend,
allein die Schenkel sind wieder viel zu stark. Dieser
Triton selbst scheint in der Mitte abgebrochen, und
das Untertheil des Körpers kömmt mit der Bewegung
der Arme der Schultern nicht überein. Der Amor
der den Wagen führt, ist schön gezeichnet. In dem
Kopfe desselben erkennt man dasselbe Modell wieder,
nach welchem Raphael den Christ della Madonna
della Seggia
zu Florenz gemahlt hat. Die Amo-
rinen in den Lüften haben sehr reizende Stellungen.
Diese Verschiedenheit in der Güte gewisser Theile

gegen
3) Histor. kritische Nachrichten über Italien. Th. II.
S. 644.

Der kleine Pallaſt Farneſe.
irrig behauptet, 3) ſondern von Baldaſſero Peruz-
zi da Siena
und von Sebaſtiano del Piombo.

Die Galathea Raphaels iſt ſtehend abge-
bildet in einem Wagen beſpannt mit zwei Delphinen,
deren Zuͤgel ſie ſelbſt leitet. Zur Seite umarmt ein
Triton eine Nereide, ein anderer Triton ſtoͤßt in eine
Meer-Trompete, und weiterhin ſitzt noch eine andere
Nereide auf dem Ruͤcken eines dritten Tritons. Amor
fuͤhrt den Wagen der Galathea, Amorinen ſchießen
fliegend Pfeile herab. Die Anordnung iſt nicht zu
loben, die Figuren ſind zu abgeriſſen von einander, und
das Ganze thut wenig Wuͤrkung. Dem Kopfe der
Galathea ſieht man es an, daß vieles von der ur-
ſpruͤnglichen Idee ihrer Schoͤnheit, durch die Reiſe
von dem Kopfe des Kuͤnſtlers ab in die Hand, ver-
lohren gegangen iſt. Die Augen ſind zu klein, die
Naſe iſt zu ſtark. Der Koͤrper der Galathea bis an
die Knie iſt ſchoͤn, aber dies Knie iſt zu muſkuloͤs.
Die Nereide die der Triton umarmt, iſt ſehr reizend,
allein die Schenkel ſind wieder viel zu ſtark. Dieſer
Triton ſelbſt ſcheint in der Mitte abgebrochen, und
das Untertheil des Koͤrpers koͤmmt mit der Bewegung
der Arme der Schultern nicht uͤberein. Der Amor
der den Wagen fuͤhrt, iſt ſchoͤn gezeichnet. In dem
Kopfe deſſelben erkennt man daſſelbe Modell wieder,
nach welchem Raphael den Chriſt della Madonna
della Seggia
zu Florenz gemahlt hat. Die Amo-
rinen in den Luͤften haben ſehr reizende Stellungen.
Dieſe Verſchiedenheit in der Guͤte gewiſſer Theile

gegen
3) Hiſtor. kritiſche Nachrichten uͤber Italien. Th. II.
S. 644.
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[126/0150] Der kleine Pallaſt Farneſe. irrig behauptet, 3) ſondern von Baldaſſero Peruz- zi da Siena und von Sebaſtiano del Piombo. † Die Galathea Raphaels iſt ſtehend abge- bildet in einem Wagen beſpannt mit zwei Delphinen, deren Zuͤgel ſie ſelbſt leitet. Zur Seite umarmt ein Triton eine Nereide, ein anderer Triton ſtoͤßt in eine Meer-Trompete, und weiterhin ſitzt noch eine andere Nereide auf dem Ruͤcken eines dritten Tritons. Amor fuͤhrt den Wagen der Galathea, Amorinen ſchießen fliegend Pfeile herab. Die Anordnung iſt nicht zu loben, die Figuren ſind zu abgeriſſen von einander, und das Ganze thut wenig Wuͤrkung. Dem Kopfe der Galathea ſieht man es an, daß vieles von der ur- ſpruͤnglichen Idee ihrer Schoͤnheit, durch die Reiſe von dem Kopfe des Kuͤnſtlers ab in die Hand, ver- lohren gegangen iſt. Die Augen ſind zu klein, die Naſe iſt zu ſtark. Der Koͤrper der Galathea bis an die Knie iſt ſchoͤn, aber dies Knie iſt zu muſkuloͤs. Die Nereide die der Triton umarmt, iſt ſehr reizend, allein die Schenkel ſind wieder viel zu ſtark. Dieſer Triton ſelbſt ſcheint in der Mitte abgebrochen, und das Untertheil des Koͤrpers koͤmmt mit der Bewegung der Arme der Schultern nicht uͤberein. Der Amor der den Wagen fuͤhrt, iſt ſchoͤn gezeichnet. In dem Kopfe deſſelben erkennt man daſſelbe Modell wieder, nach welchem Raphael den Chriſt della Madonna della Seggia zu Florenz gemahlt hat. Die Amo- rinen in den Luͤften haben ſehr reizende Stellungen. Dieſe Verſchiedenheit in der Guͤte gewiſſer Theile gegen 3) Hiſtor. kritiſche Nachrichten uͤber Italien. Th. II. S. 644.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/150>, abgerufen am 28.04.2024.