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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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Der kleine Pallast Farnese.

Einen ähnlichen Fehler kann man

+ 2) dem Gemählde der drei Grazien vor-
werfen, denen Amor seine Geliebte zeigt; Sie
fehlt wieder.
Die Grazien sind vortrefflich zu-
sammen gruppirt, und in reizenden abwechselnden
Stellungen. Die Verschiedenheit des Charakters
ist selbst in den Tinten des Fleisches treu beobachtet.
Man bewundert vorzüglich den Rücken der einen Göt-
tin, an dem man deutliche Spuren der eigenhändigen
Behandlung des Meisters erkennt.

Ueberhaupt wird dieses Stück für das Beste in
der Gallerie gehalten. Annibale Carraccio hat es
copirt. Inzwischen sind die Formen der Weiber
nicht von hoher Schönheit.

+ 3) Venus beschwert sich gegen die Juno
und die Ceres, daß sie die Psyche vor ihr ver-
bergen.
Der Ausdruck des zürnenden Vor-
wurfs in der Venus, und der Ablehnung desselben in
den beiden andern Göttinnen ist schön: Er ist aber
auch vollständig. Ich sehe ein Frauenzimmer das
Vorwürse macht, zwei andere, welche sie ablehnen.
Dies ist dem Herzen genung, die Billigkeit des Aus-
drucks zu prüfen. Ob die Vorwürfe gegründet sind?
Wer kennt nicht die Empfindlichkeit der Damen!
Wer wird sich auf ihre Streitigkeiten einlassen! Die
Figur der Ceres verdient eine besondere Aufmerksam-
keit. Annibale Carraccio hat gleichfalls dieses Ge-
mählde copirt.

4) Venus fährt durch die Lüfte in einem
Wagen mit vier Tauben bespannt, um beim
Jupiter um die Strafe der Psyche zu bitten.

Die Begierde anzukommen, die ängstliche Eile der

Göttin
Der kleine Pallaſt Farneſe.

Einen aͤhnlichen Fehler kann man

† 2) dem Gemaͤhlde der drei Grazien vor-
werfen, denen Amor ſeine Geliebte zeigt; Sie
fehlt wieder.
Die Grazien ſind vortrefflich zu-
ſammen gruppirt, und in reizenden abwechſelnden
Stellungen. Die Verſchiedenheit des Charakters
iſt ſelbſt in den Tinten des Fleiſches treu beobachtet.
Man bewundert vorzuͤglich den Ruͤcken der einen Goͤt-
tin, an dem man deutliche Spuren der eigenhaͤndigen
Behandlung des Meiſters erkennt.

Ueberhaupt wird dieſes Stuͤck fuͤr das Beſte in
der Gallerie gehalten. Annibale Carraccio hat es
copirt. Inzwiſchen ſind die Formen der Weiber
nicht von hoher Schoͤnheit.

† 3) Venus beſchwert ſich gegen die Juno
und die Ceres, daß ſie die Pſyche vor ihr ver-
bergen.
Der Ausdruck des zuͤrnenden Vor-
wurfs in der Venus, und der Ablehnung deſſelben in
den beiden andern Goͤttinnen iſt ſchoͤn: Er iſt aber
auch vollſtaͤndig. Ich ſehe ein Frauenzimmer das
Vorwuͤrſe macht, zwei andere, welche ſie ablehnen.
Dies iſt dem Herzen genung, die Billigkeit des Aus-
drucks zu pruͤfen. Ob die Vorwuͤrfe gegruͤndet ſind?
Wer kennt nicht die Empfindlichkeit der Damen!
Wer wird ſich auf ihre Streitigkeiten einlaſſen! Die
Figur der Ceres verdient eine beſondere Aufmerkſam-
keit. Annibale Carraccio hat gleichfalls dieſes Ge-
maͤhlde copirt.

4) Venus faͤhrt durch die Luͤfte in einem
Wagen mit vier Tauben beſpannt, um beim
Jupiter um die Strafe der Pſyche zu bitten.

Die Begierde anzukommen, die aͤngſtliche Eile der

Goͤttin
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[118/0142] Der kleine Pallaſt Farneſe. Einen aͤhnlichen Fehler kann man † 2) dem Gemaͤhlde der drei Grazien vor- werfen, denen Amor ſeine Geliebte zeigt; Sie fehlt wieder. Die Grazien ſind vortrefflich zu- ſammen gruppirt, und in reizenden abwechſelnden Stellungen. Die Verſchiedenheit des Charakters iſt ſelbſt in den Tinten des Fleiſches treu beobachtet. Man bewundert vorzuͤglich den Ruͤcken der einen Goͤt- tin, an dem man deutliche Spuren der eigenhaͤndigen Behandlung des Meiſters erkennt. Ueberhaupt wird dieſes Stuͤck fuͤr das Beſte in der Gallerie gehalten. Annibale Carraccio hat es copirt. Inzwiſchen ſind die Formen der Weiber nicht von hoher Schoͤnheit. † 3) Venus beſchwert ſich gegen die Juno und die Ceres, daß ſie die Pſyche vor ihr ver- bergen. Der Ausdruck des zuͤrnenden Vor- wurfs in der Venus, und der Ablehnung deſſelben in den beiden andern Goͤttinnen iſt ſchoͤn: Er iſt aber auch vollſtaͤndig. Ich ſehe ein Frauenzimmer das Vorwuͤrſe macht, zwei andere, welche ſie ablehnen. Dies iſt dem Herzen genung, die Billigkeit des Aus- drucks zu pruͤfen. Ob die Vorwuͤrfe gegruͤndet ſind? Wer kennt nicht die Empfindlichkeit der Damen! Wer wird ſich auf ihre Streitigkeiten einlaſſen! Die Figur der Ceres verdient eine beſondere Aufmerkſam- keit. Annibale Carraccio hat gleichfalls dieſes Ge- maͤhlde copirt. 4) Venus faͤhrt durch die Luͤfte in einem Wagen mit vier Tauben beſpannt, um beim Jupiter um die Strafe der Pſyche zu bitten. Die Begierde anzukommen, die aͤngſtliche Eile der Goͤttin

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/142>, abgerufen am 28.04.2024.