die Schatten fallen ins braunröthliche. Wahrschein- lich ist es von späterer Hand: Doch! es sey von wem es wolle, es bleibt immer ein sehr angenehmes Bild.
Eine sehr interessante Frage würde es seyn:Wahrschein- lichkeit über Wahrheit in den bilden- den Künsten. wenn dieser Kopf wirklich der Cencia gehört hätte, wäre der Mahler, der sie in dem Augenblicke der Ermordung ihres Vaters hätte darstellen wollen, be- rechtigt gewesen, denselben beizubehalten, da er so sehr mit dem Charakter contrastirt, von dem wir eine so kühne That erwarten dürfen?
Ich glaube nicht: und zwar nach der Regel, daß in den bildenden Künsten das Wahre dem Wahr- scheinlichen aufgeopfert werden müsse. Der Dichter könnte durch Entwickelung einer Reihe von Atrocitä- ten es vielleicht wahrscheinlich machen, daß auch das sanfteste Geschöpf endlich zu einem verzweifelten Ent- schluß gegen den Urheber seiner Tage gebracht worden wäre; aber der Mahler, der die handelnde Person nur einmal zeigt, muß sie mit dem Charakter zeigen, der die gegenwärtige Handlung am auffallendsten be- greiflich macht: so wie ich sie da sehe, würde sie den Stahl gegen sich selbst kehren, nicht gegen den Vater.
Eine Säule von Rosso Antico. Die dar- an befindlichen Basreliefs sind mittelmäßig.
Zur Wohnung des Prinzen d'Avello ge- hören noch einige Zimmer im obern Geschoß. Hier findet man
Den verlohrnen Sohn von Salvator Rosa. Ein Gassenjunge, der mit vieler Wahrheit darge- stellt ist.
Meh-
Zweiter Theil. E
Pallaſt Colonna.
die Schatten fallen ins braunroͤthliche. Wahrſchein- lich iſt es von ſpaͤterer Hand: Doch! es ſey von wem es wolle, es bleibt immer ein ſehr angenehmes Bild.
Eine ſehr intereſſante Frage wuͤrde es ſeyn:Wahrſchein- lichkeit uͤber Wahrheit in den bilden- den Kuͤnſten. wenn dieſer Kopf wirklich der Cencia gehoͤrt haͤtte, waͤre der Mahler, der ſie in dem Augenblicke der Ermordung ihres Vaters haͤtte darſtellen wollen, be- rechtigt geweſen, denſelben beizubehalten, da er ſo ſehr mit dem Charakter contraſtirt, von dem wir eine ſo kuͤhne That erwarten duͤrfen?
Ich glaube nicht: und zwar nach der Regel, daß in den bildenden Kuͤnſten das Wahre dem Wahr- ſcheinlichen aufgeopfert werden muͤſſe. Der Dichter koͤnnte durch Entwickelung einer Reihe von Atrocitaͤ- ten es vielleicht wahrſcheinlich machen, daß auch das ſanfteſte Geſchoͤpf endlich zu einem verzweifelten Ent- ſchluß gegen den Urheber ſeiner Tage gebracht worden waͤre; aber der Mahler, der die handelnde Perſon nur einmal zeigt, muß ſie mit dem Charakter zeigen, der die gegenwaͤrtige Handlung am auffallendſten be- greiflich macht: ſo wie ich ſie da ſehe, wuͤrde ſie den Stahl gegen ſich ſelbſt kehren, nicht gegen den Vater.
Eine Saͤule von Roſſo Antico. Die dar- an befindlichen Basreliefs ſind mittelmaͤßig.
Zur Wohnung des Prinzen d’Avello ge- hoͤren noch einige Zimmer im obern Geſchoß. Hier findet man
Den verlohrnen Sohn von Salvator Roſa. Ein Gaſſenjunge, der mit vieler Wahrheit darge- ſtellt iſt.
Meh-
Zweiter Theil. E
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Pallaſt Colonna.
die Schatten fallen ins braunroͤthliche. Wahrſchein-
lich iſt es von ſpaͤterer Hand: Doch! es ſey von wem
es wolle, es bleibt immer ein ſehr angenehmes Bild.
Eine ſehr intereſſante Frage wuͤrde es ſeyn:
wenn dieſer Kopf wirklich der Cencia gehoͤrt haͤtte,
waͤre der Mahler, der ſie in dem Augenblicke der
Ermordung ihres Vaters haͤtte darſtellen wollen, be-
rechtigt geweſen, denſelben beizubehalten, da er ſo
ſehr mit dem Charakter contraſtirt, von dem wir eine
ſo kuͤhne That erwarten duͤrfen?
Wahrſchein-
lichkeit uͤber
Wahrheit in
den bilden-
den Kuͤnſten.
Ich glaube nicht: und zwar nach der Regel,
daß in den bildenden Kuͤnſten das Wahre dem Wahr-
ſcheinlichen aufgeopfert werden muͤſſe. Der Dichter
koͤnnte durch Entwickelung einer Reihe von Atrocitaͤ-
ten es vielleicht wahrſcheinlich machen, daß auch das
ſanfteſte Geſchoͤpf endlich zu einem verzweifelten Ent-
ſchluß gegen den Urheber ſeiner Tage gebracht worden
waͤre; aber der Mahler, der die handelnde Perſon
nur einmal zeigt, muß ſie mit dem Charakter zeigen,
der die gegenwaͤrtige Handlung am auffallendſten be-
greiflich macht: ſo wie ich ſie da ſehe, wuͤrde ſie den
Stahl gegen ſich ſelbſt kehren, nicht gegen den Vater.
Eine Saͤule von Roſſo Antico. Die dar-
an befindlichen Basreliefs ſind mittelmaͤßig.
Zur Wohnung des Prinzen d’Avello ge-
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/79>, abgerufen am 23.07.2024.
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