ersten Geschosses. Die ehemals berühmten Haupt- gemählde sind noch alle vorhanden, wie dieses die Vergleichung meiner Beschreibung mit derjenigen, die Richardson zu Anfange dieses Jahrhunderts von diesem Pallaste lieferte, deutlich zeigt.
Aber können nicht diese Hauptgemählde nur Co- pien seyn? Ich behaupte dreist, daß diese Vermu- thung weder auf die Magdalena des Guido, noch auf dessen Andreas Corsini, noch auf die Furnerina des Raphael u. s. w. zutreffen könne: und bei dieser Ge- Unter wel- chen Ein- schränkun- gen man be- rechtiget sey über die Ori- ginalität ei- nes Gemähl- des zu urthei- len?legenheit muß ich kurz die Frage berühren: Kann der Kenner leicht hintergangen werden, die Nachah- mung mit dem Originale zu verwechseln?
Unbedingt möchte ich die Frage nicht mit: Nein! beantworten. Man muß mehrere Fälle unter- scheiden.
Der Künstler des Originals war selbst Nach- ahmer. Dies waren alle diejenigen, welche sich nach den Werken ihrer Vorgänger bildeten, und nur dadurch neu wurden, daß sie die einzelnen Vorzüge derselben in einer Vereinigung zeigten, welche das Ganze als neu und nie vorher gesehen erscheinen ließ. Hier wird der Duft der Originalität, wenn ich so sagen darf, viel unmerklicher als in Werken solcher Meister die nur in einem besondern Theile der Kunst der Vollkommenheit nachstrebten.
Denn einmal muß dieser Theil in einer besondern Schönheit erscheinen, wenn er uns gegen die Mängel der übrigen nachsichtig machen soll, und unserer Auf- merksamkeit die blos auf den einen Punkt gerichtet
ist,
Pallaſt Barberini.
erſten Geſchoſſes. Die ehemals beruͤhmten Haupt- gemaͤhlde ſind noch alle vorhanden, wie dieſes die Vergleichung meiner Beſchreibung mit derjenigen, die Richardſon zu Anfange dieſes Jahrhunderts von dieſem Pallaſte lieferte, deutlich zeigt.
Aber koͤnnen nicht dieſe Hauptgemaͤhlde nur Co- pien ſeyn? Ich behaupte dreiſt, daß dieſe Vermu- thung weder auf die Magdalena des Guido, noch auf deſſen Andreas Corſini, noch auf die Furnerina des Raphael u. ſ. w. zutreffen koͤnne: und bei dieſer Ge- Unter wel- chen Ein- ſchraͤnkun- gen man be- rechtiget ſey uͤber die Ori- ginalitaͤt ei- nes Gemaͤhl- des zu urthei- len?legenheit muß ich kurz die Frage beruͤhren: Kann der Kenner leicht hintergangen werden, die Nachah- mung mit dem Originale zu verwechſeln?
Unbedingt moͤchte ich die Frage nicht mit: Nein! beantworten. Man muß mehrere Faͤlle unter- ſcheiden.
Der Kuͤnſtler des Originals war ſelbſt Nach- ahmer. Dies waren alle diejenigen, welche ſich nach den Werken ihrer Vorgaͤnger bildeten, und nur dadurch neu wurden, daß ſie die einzelnen Vorzuͤge derſelben in einer Vereinigung zeigten, welche das Ganze als neu und nie vorher geſehen erſcheinen ließ. Hier wird der Duft der Originalitaͤt, wenn ich ſo ſagen darf, viel unmerklicher als in Werken ſolcher Meiſter die nur in einem beſondern Theile der Kunſt der Vollkommenheit nachſtrebten.
Denn einmal muß dieſer Theil in einer beſondern Schoͤnheit erſcheinen, wenn er uns gegen die Maͤngel der uͤbrigen nachſichtig machen ſoll, und unſerer Auf- merkſamkeit die blos auf den einen Punkt gerichtet
iſt,
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Pallaſt Barberini.
erſten Geſchoſſes. Die ehemals beruͤhmten Haupt-
gemaͤhlde ſind noch alle vorhanden, wie dieſes die
Vergleichung meiner Beſchreibung mit derjenigen,
die Richardſon zu Anfange dieſes Jahrhunderts von
dieſem Pallaſte lieferte, deutlich zeigt.
Aber koͤnnen nicht dieſe Hauptgemaͤhlde nur Co-
pien ſeyn? Ich behaupte dreiſt, daß dieſe Vermu-
thung weder auf die Magdalena des Guido, noch auf
deſſen Andreas Corſini, noch auf die Furnerina des
Raphael u. ſ. w. zutreffen koͤnne: und bei dieſer Ge-
legenheit muß ich kurz die Frage beruͤhren: Kann
der Kenner leicht hintergangen werden, die Nachah-
mung mit dem Originale zu verwechſeln?
Unter wel-
chen Ein-
ſchraͤnkun-
gen man be-
rechtiget ſey
uͤber die Ori-
ginalitaͤt ei-
nes Gemaͤhl-
des zu urthei-
len?
Unbedingt moͤchte ich die Frage nicht mit: Nein!
beantworten. Man muß mehrere Faͤlle unter-
ſcheiden.
Der Kuͤnſtler des Originals war ſelbſt Nach-
ahmer. Dies waren alle diejenigen, welche ſich
nach den Werken ihrer Vorgaͤnger bildeten, und nur
dadurch neu wurden, daß ſie die einzelnen Vorzuͤge
derſelben in einer Vereinigung zeigten, welche das
Ganze als neu und nie vorher geſehen erſcheinen ließ.
Hier wird der Duft der Originalitaͤt, wenn ich ſo
ſagen darf, viel unmerklicher als in Werken ſolcher
Meiſter die nur in einem beſondern Theile der Kunſt
der Vollkommenheit nachſtrebten.
Denn einmal muß dieſer Theil in einer beſondern
Schoͤnheit erſcheinen, wenn er uns gegen die Maͤngel
der uͤbrigen nachſichtig machen ſoll, und unſerer Auf-
merkſamkeit die blos auf den einen Punkt gerichtet
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/330>, abgerufen am 16.02.2025.
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