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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Barberini.

Außerdem wird die Vorstellung von dem Ein-
druck, den die thätige Lage der Hauptfigur auf die
Umstehenden gemacht hat, an Lebhaftigkeit gewin-
nen, wenn wir diese dadurch in thätige Lage versetzt
sehen: und endlich liegt in diesem Reichthum des
Ausdrucks der einzige Ersatz für den Verlust an
Stärke und Schönheit des Ausdrucks, den der
Mahler seiner Hauptfigur nicht in gleicher Maaße
wie der Geschichtschreiber oder Dichter zu geben im
Stande ist.

Wenn Tacitus uns den Germanicus während
der Rede schildert, so geschieht es mit so interessanten
Zügen, daß die Vorstellung in dem Bilde nie der
Idee gleich kommen kann, welche die Größe des
Redners erweckt. Dagegen sehen wir in diesem
Augenblicke bei dem Dichter die Agrippina, ihre
Kinder, die Freunde, entweder gar nicht, oder als
unbedeutende Maschinen. Inzwischen sie sind es an
und für sich gar nicht. Agrippina kömmt beim
Schlusse der Rede in eine sehr interessante Situation,
und die Freunde in eine nicht viel minder interessante;
nur Germanicus verliert in diesem Augenblicke bei
dem Geschichtschreiber in etwas. Die Mahlerei
aber wählt dennoch diesen letzten, und macht dadurch,
daß sie uns so verschiedene Menschen jeden für sich,
und dennoch durch gleichzeitige Beschauung in derje-
nigen Lage zeigen kann, worin er am mehresten un-
serer Theilnehmung werth ist, auf gewisse Weise wie-
der gut, daß wir die Hauptfigur bei ihr nicht so in-
teressant sich gebärden sehen, als bei den verschwi-
sterten Künsten interessant reden hören können.

Hieraus
Pallaſt Barberini.

Außerdem wird die Vorſtellung von dem Ein-
druck, den die thaͤtige Lage der Hauptfigur auf die
Umſtehenden gemacht hat, an Lebhaftigkeit gewin-
nen, wenn wir dieſe dadurch in thaͤtige Lage verſetzt
ſehen: und endlich liegt in dieſem Reichthum des
Ausdrucks der einzige Erſatz fuͤr den Verluſt an
Staͤrke und Schoͤnheit des Ausdrucks, den der
Mahler ſeiner Hauptfigur nicht in gleicher Maaße
wie der Geſchichtſchreiber oder Dichter zu geben im
Stande iſt.

Wenn Tacitus uns den Germanicus waͤhrend
der Rede ſchildert, ſo geſchieht es mit ſo intereſſanten
Zuͤgen, daß die Vorſtellung in dem Bilde nie der
Idee gleich kommen kann, welche die Groͤße des
Redners erweckt. Dagegen ſehen wir in dieſem
Augenblicke bei dem Dichter die Agrippina, ihre
Kinder, die Freunde, entweder gar nicht, oder als
unbedeutende Maſchinen. Inzwiſchen ſie ſind es an
und fuͤr ſich gar nicht. Agrippina koͤmmt beim
Schluſſe der Rede in eine ſehr intereſſante Situation,
und die Freunde in eine nicht viel minder intereſſante;
nur Germanicus verliert in dieſem Augenblicke bei
dem Geſchichtſchreiber in etwas. Die Mahlerei
aber waͤhlt dennoch dieſen letzten, und macht dadurch,
daß ſie uns ſo verſchiedene Menſchen jeden fuͤr ſich,
und dennoch durch gleichzeitige Beſchauung in derje-
nigen Lage zeigen kann, worin er am mehreſten un-
ſerer Theilnehmung werth iſt, auf gewiſſe Weiſe wie-
der gut, daß wir die Hauptfigur bei ihr nicht ſo in-
tereſſant ſich gebaͤrden ſehen, als bei den verſchwi-
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[302/0316] Pallaſt Barberini. Außerdem wird die Vorſtellung von dem Ein- druck, den die thaͤtige Lage der Hauptfigur auf die Umſtehenden gemacht hat, an Lebhaftigkeit gewin- nen, wenn wir dieſe dadurch in thaͤtige Lage verſetzt ſehen: und endlich liegt in dieſem Reichthum des Ausdrucks der einzige Erſatz fuͤr den Verluſt an Staͤrke und Schoͤnheit des Ausdrucks, den der Mahler ſeiner Hauptfigur nicht in gleicher Maaße wie der Geſchichtſchreiber oder Dichter zu geben im Stande iſt. Wenn Tacitus uns den Germanicus waͤhrend der Rede ſchildert, ſo geſchieht es mit ſo intereſſanten Zuͤgen, daß die Vorſtellung in dem Bilde nie der Idee gleich kommen kann, welche die Groͤße des Redners erweckt. Dagegen ſehen wir in dieſem Augenblicke bei dem Dichter die Agrippina, ihre Kinder, die Freunde, entweder gar nicht, oder als unbedeutende Maſchinen. Inzwiſchen ſie ſind es an und fuͤr ſich gar nicht. Agrippina koͤmmt beim Schluſſe der Rede in eine ſehr intereſſante Situation, und die Freunde in eine nicht viel minder intereſſante; nur Germanicus verliert in dieſem Augenblicke bei dem Geſchichtſchreiber in etwas. Die Mahlerei aber waͤhlt dennoch dieſen letzten, und macht dadurch, daß ſie uns ſo verſchiedene Menſchen jeden fuͤr ſich, und dennoch durch gleichzeitige Beſchauung in derje- nigen Lage zeigen kann, worin er am mehreſten un- ſerer Theilnehmung werth iſt, auf gewiſſe Weiſe wie- der gut, daß wir die Hauptfigur bei ihr nicht ſo in- tereſſant ſich gebaͤrden ſehen, als bei den verſchwi- ſterten Kuͤnſten intereſſant reden hoͤren koͤnnen. Hieraus

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/316>, abgerufen am 09.11.2024.