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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Boccapaduli.

Die Firmelung. Der Künstler hat uns ein
angenehmes Bild von kindlich schüchterner Anbe-
tung, und weiblicher Frömmigkeit geliefert, und
dadurch ungefähr die Forderungen erfüllt, die wir
an ein Süjet machen können, das eines höheren
Interesses nicht fähig scheint. Die Episode des
Kindes, das sich vor dem Priester fürchtet, und
dem die Mutter Muth einspricht, ist natürlich und
wahr. Die Anordnung ist auch hier zu loben, so
wie die Wahl der Köpfe, der Wurf der Gewän-
der, die guten Verhältnisse: Aber die eckigten stei-
fen Falten, die Härte in den Umrissen, das Schwer-
fällige der Figuren überhaupt, und die düstere Fär-
bung sind auch hier, als gewöhnliche Fehler unsers
Meisters, zu tadeln. Das Helldunkle ist schlecht
beobachtet.

Die Priesterweihe. Der Christ über-
giebt dem Apostel Petrus die Schlüssel des
Himmels.
Poussin hat hier wieder gezeigt, daß
ihm poetische Erfindung, als ein Talent das sich
immer gleich bleibt, nicht eigen war. Wie hätte
er sonst bei einer Handlung, die für alle Apostel so
interessant war, weil einem unter ihnen ein so großer
Vorzug vor den übrigen eingeräumet wurde, den ei-
nen Apostel hinter die andern sich auf die Knie wer-
fen lassen können, so daß diese ihm den Anblick des
Vorganges gänzlich entziehen? Die Gruppe ward
dadurch pyramidal, aber die Wahrheit des Ausdrucks
gieng darüber verlohren. Man vergleiche mit diesem
Gemählde die Vorstellung eben dieser Handlung
von Raphael in dem Pallast zu Hamptoncourt.

Welcher
Q 5
Pallaſt Boccapaduli.

Die Firmelung. Der Kuͤnſtler hat uns ein
angenehmes Bild von kindlich ſchuͤchterner Anbe-
tung, und weiblicher Froͤmmigkeit geliefert, und
dadurch ungefaͤhr die Forderungen erfuͤllt, die wir
an ein Suͤjet machen koͤnnen, das eines hoͤheren
Intereſſes nicht faͤhig ſcheint. Die Epiſode des
Kindes, das ſich vor dem Prieſter fuͤrchtet, und
dem die Mutter Muth einſpricht, iſt natuͤrlich und
wahr. Die Anordnung iſt auch hier zu loben, ſo
wie die Wahl der Koͤpfe, der Wurf der Gewaͤn-
der, die guten Verhaͤltniſſe: Aber die eckigten ſtei-
fen Falten, die Haͤrte in den Umriſſen, das Schwer-
faͤllige der Figuren uͤberhaupt, und die duͤſtere Faͤr-
bung ſind auch hier, als gewoͤhnliche Fehler unſers
Meiſters, zu tadeln. Das Helldunkle iſt ſchlecht
beobachtet.

Die Prieſterweihe. Der Chriſt uͤber-
giebt dem Apoſtel Petrus die Schluͤſſel des
Himmels.
Pouſſin hat hier wieder gezeigt, daß
ihm poetiſche Erfindung, als ein Talent das ſich
immer gleich bleibt, nicht eigen war. Wie haͤtte
er ſonſt bei einer Handlung, die fuͤr alle Apoſtel ſo
intereſſant war, weil einem unter ihnen ein ſo großer
Vorzug vor den uͤbrigen eingeraͤumet wurde, den ei-
nen Apoſtel hinter die andern ſich auf die Knie wer-
fen laſſen koͤnnen, ſo daß dieſe ihm den Anblick des
Vorganges gaͤnzlich entziehen? Die Gruppe ward
dadurch pyramidal, aber die Wahrheit des Ausdrucks
gieng daruͤber verlohren. Man vergleiche mit dieſem
Gemaͤhlde die Vorſtellung eben dieſer Handlung
von Raphael in dem Pallaſt zu Hamptoncourt.

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Q 5
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[249/0263] Pallaſt Boccapaduli. Die Firmelung. Der Kuͤnſtler hat uns ein angenehmes Bild von kindlich ſchuͤchterner Anbe- tung, und weiblicher Froͤmmigkeit geliefert, und dadurch ungefaͤhr die Forderungen erfuͤllt, die wir an ein Suͤjet machen koͤnnen, das eines hoͤheren Intereſſes nicht faͤhig ſcheint. Die Epiſode des Kindes, das ſich vor dem Prieſter fuͤrchtet, und dem die Mutter Muth einſpricht, iſt natuͤrlich und wahr. Die Anordnung iſt auch hier zu loben, ſo wie die Wahl der Koͤpfe, der Wurf der Gewaͤn- der, die guten Verhaͤltniſſe: Aber die eckigten ſtei- fen Falten, die Haͤrte in den Umriſſen, das Schwer- faͤllige der Figuren uͤberhaupt, und die duͤſtere Faͤr- bung ſind auch hier, als gewoͤhnliche Fehler unſers Meiſters, zu tadeln. Das Helldunkle iſt ſchlecht beobachtet. Die Prieſterweihe. Der Chriſt uͤber- giebt dem Apoſtel Petrus die Schluͤſſel des Himmels. Pouſſin hat hier wieder gezeigt, daß ihm poetiſche Erfindung, als ein Talent das ſich immer gleich bleibt, nicht eigen war. Wie haͤtte er ſonſt bei einer Handlung, die fuͤr alle Apoſtel ſo intereſſant war, weil einem unter ihnen ein ſo großer Vorzug vor den uͤbrigen eingeraͤumet wurde, den ei- nen Apoſtel hinter die andern ſich auf die Knie wer- fen laſſen koͤnnen, ſo daß dieſe ihm den Anblick des Vorganges gaͤnzlich entziehen? Die Gruppe ward dadurch pyramidal, aber die Wahrheit des Ausdrucks gieng daruͤber verlohren. Man vergleiche mit dieſem Gemaͤhlde die Vorſtellung eben dieſer Handlung von Raphael in dem Pallaſt zu Hamptoncourt. Welcher Q 5

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/263>, abgerufen am 25.11.2024.