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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Doria.

+ Drei Bilder von Guercino, aus denen
man die verschiedenen Manieren dieses Meisters ken-
nen lernen kann. Der heilige Johannes ist aus
seiner ersten schwarzen Manier. Der verlohrne
Sohn,
der zu seinem Vater zurück kehrt, ist aus
der zweiten, die ins Rothe fällt, und endlich die
heilige Agnes,
die den Scheiterhaufen besteigt, ist
aus seiner dritten hellen Manier. Alle diese Bilder
zeigen eine ganz vortreffliche Behandlung, eine zwar
etwas conventionelle, aber doch nicht übertriebene
Färbung, und vorzüglich eine vortreffliche Würkung
in der Abwechselung des Schattens und des Lichts.
Aber alle sind schlecht componirt, und der Ausdruck
fehlt entweder ganz, oder ist gemein. Ich nehme
inzwischen den Kopf der heiligen Agnes aus, denn in
diesem Kopfe ist viel edle Hingebung in den Willen
des Himmels.

+ Die Madonna mit dem Kinde von
Parmeggiano. Der Kopf des Christs hat viel
von Correggio, und ist sehr angenehm; der Kopf
der Madonna aber hat etwas gezogenes.

Eine heilige Familie von demselben, eine
Skizze voller Affektation.

Ein Satyr, der einen jungen Faun auf
der Flöte spielen lehrt.
Man schreibt dies Bild
dem Ludovico Carraccio zu, ich halte es vom An-
nibale.

+ Bildniß eines Pabstes von Velasquez.
Es ist vortrefflich gemahlt, und voller Charakter,
inzwischen fällt das Fleisch ins Rothe, und scheint zu
weich, zu schlaff.

+ Eine
Pallaſt Doria.

† Drei Bilder von Guercino, aus denen
man die verſchiedenen Manieren dieſes Meiſters ken-
nen lernen kann. Der heilige Johannes iſt aus
ſeiner erſten ſchwarzen Manier. Der verlohrne
Sohn,
der zu ſeinem Vater zuruͤck kehrt, iſt aus
der zweiten, die ins Rothe faͤllt, und endlich die
heilige Agnes,
die den Scheiterhaufen beſteigt, iſt
aus ſeiner dritten hellen Manier. Alle dieſe Bilder
zeigen eine ganz vortreffliche Behandlung, eine zwar
etwas conventionelle, aber doch nicht uͤbertriebene
Faͤrbung, und vorzuͤglich eine vortreffliche Wuͤrkung
in der Abwechſelung des Schattens und des Lichts.
Aber alle ſind ſchlecht componirt, und der Ausdruck
fehlt entweder ganz, oder iſt gemein. Ich nehme
inzwiſchen den Kopf der heiligen Agnes aus, denn in
dieſem Kopfe iſt viel edle Hingebung in den Willen
des Himmels.

† Die Madonna mit dem Kinde von
Parmeggiano. Der Kopf des Chriſts hat viel
von Correggio, und iſt ſehr angenehm; der Kopf
der Madonna aber hat etwas gezogenes.

Eine heilige Familie von demſelben, eine
Skizze voller Affektation.

Ein Satyr, der einen jungen Faun auf
der Floͤte ſpielen lehrt.
Man ſchreibt dies Bild
dem Ludovico Carraccio zu, ich halte es vom An-
nibale.

† Bildniß eines Pabſtes von Velasquez.
Es iſt vortrefflich gemahlt, und voller Charakter,
inzwiſchen faͤllt das Fleiſch ins Rothe, und ſcheint zu
weich, zu ſchlaff.

† Eine
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[126/0140] Pallaſt Doria. † Drei Bilder von Guercino, aus denen man die verſchiedenen Manieren dieſes Meiſters ken- nen lernen kann. Der heilige Johannes iſt aus ſeiner erſten ſchwarzen Manier. Der verlohrne Sohn, der zu ſeinem Vater zuruͤck kehrt, iſt aus der zweiten, die ins Rothe faͤllt, und endlich die heilige Agnes, die den Scheiterhaufen beſteigt, iſt aus ſeiner dritten hellen Manier. Alle dieſe Bilder zeigen eine ganz vortreffliche Behandlung, eine zwar etwas conventionelle, aber doch nicht uͤbertriebene Faͤrbung, und vorzuͤglich eine vortreffliche Wuͤrkung in der Abwechſelung des Schattens und des Lichts. Aber alle ſind ſchlecht componirt, und der Ausdruck fehlt entweder ganz, oder iſt gemein. Ich nehme inzwiſchen den Kopf der heiligen Agnes aus, denn in dieſem Kopfe iſt viel edle Hingebung in den Willen des Himmels. † Die Madonna mit dem Kinde von Parmeggiano. Der Kopf des Chriſts hat viel von Correggio, und iſt ſehr angenehm; der Kopf der Madonna aber hat etwas gezogenes. Eine heilige Familie von demſelben, eine Skizze voller Affektation. Ein Satyr, der einen jungen Faun auf der Floͤte ſpielen lehrt. Man ſchreibt dies Bild dem Ludovico Carraccio zu, ich halte es vom An- nibale. † Bildniß eines Pabſtes von Velasquez. Es iſt vortrefflich gemahlt, und voller Charakter, inzwiſchen faͤllt das Fleiſch ins Rothe, und ſcheint zu weich, zu ſchlaff. † Eine

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/140>, abgerufen am 27.11.2024.