der Behandlung sieht, in Zeiten, wo dieser Stil nicht der herrschende war.
+ Ein dritter Leuchter vom Cardinal Zelada hieher geschenkt. Auf dem dreieckigten Fußgestelle Fi- guren: Jupiter, Hercules der den Apollo verfolgt, Apollo der mit dem gestohlnen Dreifuß flieht. Der letzte ist besonders schön. Vorstellungsart und Stil der Ausführung an den Figuren sind Etruscisch. Der Leuchter selbst steht weder an Schönheit der Idee, noch besorgter Ausführung, dem vorigen nach.
+ Ein vierter Leuchter vom Piranese gekauft. Die Form ist simpler als an dem vorigen. Die Fi- guren rund umher stellen Bacchantinnen vor. Der Stil, Etruscisch.
Charakter der Flußgöt- ter.
Ein Flußgott. Der Charakter der Flußgötter ist im Ganzen rauhes Alter, aber ohne Grämelei, ohne abgemergelten Körper. An unserer Statue sind Kopf und Arme von Michael Angelo ergänzt.
Es ist sonderbar! Michael Angelo hatte die größte Ehrfurcht für die Antiken; er hat sie oft copirt, er hat sie ergänzt; Man sollte denken, er müßte sich selbst wider seinen Willen in ihren Stil hinein gedacht haben. Aber nein! Sein Geschmack an dem Auf- fallenden und Wilden, die Sucht, seine Kenntniß des Muskeln- und Knochenbaues zu zeigen, haben ihn sogar verführt, wider die Gesetze der nothwendigen Uebereinstimmung der Theile unter einander zu han- deln. Der antike Rumpf dieses Flußgottes zeigt, der Bestimmtheit unbeschadet, ein sanftes fließendes Muskelnspiel. Aber der Kopf, den der neuere Künst-
ler
Der Vaticaniſche Pallaſt.
der Behandlung ſieht, in Zeiten, wo dieſer Stil nicht der herrſchende war.
† Ein dritter Leuchter vom Cardinal Zelada hieher geſchenkt. Auf dem dreieckigten Fußgeſtelle Fi- guren: Jupiter, Hercules der den Apollo verfolgt, Apollo der mit dem geſtohlnen Dreifuß flieht. Der letzte iſt beſonders ſchoͤn. Vorſtellungsart und Stil der Ausfuͤhrung an den Figuren ſind Etruſciſch. Der Leuchter ſelbſt ſteht weder an Schoͤnheit der Idee, noch beſorgter Ausfuͤhrung, dem vorigen nach.
† Ein vierter Leuchter vom Piraneſe gekauft. Die Form iſt ſimpler als an dem vorigen. Die Fi- guren rund umher ſtellen Bacchantinnen vor. Der Stil, Etruſciſch.
Charakter der Flußgoͤt- ter.
Ein Flußgott. Der Charakter der Flußgoͤtter iſt im Ganzen rauhes Alter, aber ohne Graͤmelei, ohne abgemergelten Koͤrper. An unſerer Statue ſind Kopf und Arme von Michael Angelo ergaͤnzt.
Es iſt ſonderbar! Michael Angelo hatte die groͤßte Ehrfurcht fuͤr die Antiken; er hat ſie oft copirt, er hat ſie ergaͤnzt; Man ſollte denken, er muͤßte ſich ſelbſt wider ſeinen Willen in ihren Stil hinein gedacht haben. Aber nein! Sein Geſchmack an dem Auf- fallenden und Wilden, die Sucht, ſeine Kenntniß des Muſkeln- und Knochenbaues zu zeigen, haben ihn ſogar verfuͤhrt, wider die Geſetze der nothwendigen Uebereinſtimmung der Theile unter einander zu han- deln. Der antike Rumpf dieſes Flußgottes zeigt, der Beſtimmtheit unbeſchadet, ein ſanftes fließendes Muſkelnſpiel. Aber der Kopf, den der neuere Kuͤnſt-
ler
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0064"n="42"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Vaticaniſche Pallaſt.</hi></fw><lb/>
der Behandlung ſieht, in Zeiten, wo dieſer Stil nicht<lb/>
der herrſchende war.</p><lb/><p>†<hirendition="#fr">Ein dritter Leuchter</hi> vom Cardinal Zelada<lb/>
hieher geſchenkt. Auf dem dreieckigten Fußgeſtelle Fi-<lb/>
guren: Jupiter, Hercules der den Apollo verfolgt,<lb/>
Apollo der mit dem geſtohlnen Dreifuß flieht. Der<lb/>
letzte iſt beſonders ſchoͤn. Vorſtellungsart und Stil<lb/>
der Ausfuͤhrung an den Figuren ſind Etruſciſch. Der<lb/>
Leuchter ſelbſt ſteht weder an Schoͤnheit der Idee, noch<lb/>
beſorgter Ausfuͤhrung, dem vorigen nach.</p><lb/><p>†<hirendition="#fr">Ein vierter Leuchter</hi> vom Piraneſe gekauft.<lb/>
Die Form iſt ſimpler als an dem vorigen. Die Fi-<lb/>
guren rund umher ſtellen Bacchantinnen vor. Der<lb/>
Stil, Etruſciſch.</p><lb/><noteplace="left">Charakter<lb/>
der Flußgoͤt-<lb/>
ter.</note><p><hirendition="#fr">Ein Flußgott.</hi> Der Charakter der Flußgoͤtter<lb/>
iſt im Ganzen rauhes Alter, aber ohne Graͤmelei,<lb/>
ohne abgemergelten Koͤrper. An unſerer Statue ſind<lb/>
Kopf und Arme von Michael Angelo ergaͤnzt.</p><lb/><p>Es iſt ſonderbar! Michael Angelo hatte die groͤßte<lb/>
Ehrfurcht fuͤr die Antiken; er hat ſie oft copirt, er<lb/>
hat ſie ergaͤnzt; Man ſollte denken, er muͤßte ſich<lb/>ſelbſt wider ſeinen Willen in ihren Stil hinein gedacht<lb/>
haben. Aber nein! Sein Geſchmack an dem Auf-<lb/>
fallenden und Wilden, die Sucht, ſeine Kenntniß<lb/>
des Muſkeln- und Knochenbaues zu zeigen, haben ihn<lb/>ſogar verfuͤhrt, wider die Geſetze der nothwendigen<lb/>
Uebereinſtimmung der Theile unter einander zu han-<lb/>
deln. Der antike Rumpf dieſes Flußgottes zeigt, der<lb/>
Beſtimmtheit unbeſchadet, ein ſanftes fließendes<lb/>
Muſkelnſpiel. Aber der Kopf, den der neuere Kuͤnſt-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ler</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[42/0064]
Der Vaticaniſche Pallaſt.
der Behandlung ſieht, in Zeiten, wo dieſer Stil nicht
der herrſchende war.
† Ein dritter Leuchter vom Cardinal Zelada
hieher geſchenkt. Auf dem dreieckigten Fußgeſtelle Fi-
guren: Jupiter, Hercules der den Apollo verfolgt,
Apollo der mit dem geſtohlnen Dreifuß flieht. Der
letzte iſt beſonders ſchoͤn. Vorſtellungsart und Stil
der Ausfuͤhrung an den Figuren ſind Etruſciſch. Der
Leuchter ſelbſt ſteht weder an Schoͤnheit der Idee, noch
beſorgter Ausfuͤhrung, dem vorigen nach.
† Ein vierter Leuchter vom Piraneſe gekauft.
Die Form iſt ſimpler als an dem vorigen. Die Fi-
guren rund umher ſtellen Bacchantinnen vor. Der
Stil, Etruſciſch.
Ein Flußgott. Der Charakter der Flußgoͤtter
iſt im Ganzen rauhes Alter, aber ohne Graͤmelei,
ohne abgemergelten Koͤrper. An unſerer Statue ſind
Kopf und Arme von Michael Angelo ergaͤnzt.
Es iſt ſonderbar! Michael Angelo hatte die groͤßte
Ehrfurcht fuͤr die Antiken; er hat ſie oft copirt, er
hat ſie ergaͤnzt; Man ſollte denken, er muͤßte ſich
ſelbſt wider ſeinen Willen in ihren Stil hinein gedacht
haben. Aber nein! Sein Geſchmack an dem Auf-
fallenden und Wilden, die Sucht, ſeine Kenntniß
des Muſkeln- und Knochenbaues zu zeigen, haben ihn
ſogar verfuͤhrt, wider die Geſetze der nothwendigen
Uebereinſtimmung der Theile unter einander zu han-
deln. Der antike Rumpf dieſes Flußgottes zeigt, der
Beſtimmtheit unbeſchadet, ein ſanftes fließendes
Muſkelnſpiel. Aber der Kopf, den der neuere Kuͤnſt-
ler
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/64>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.