Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.Villa Borghese. Ein stehender Hermaphrodit, der gemeini- Der berühmte Borghesische Hermaphro-Der Borghe- Guß und der Venus daraus; die Künstler verwandel-
ten es in eine angenehme Idee zwei schöner Ideal- figuren, einer männlichen und einer weiblichen, mit verschiedenem Ausdrucke. Unser Kunstrichter verwirft nachher aus Gründen, die ich schon bei der ähnlichen Vorstellung im Ca- pitol angezeigt habe, die Erklärung einer Faustine mit dem Fechter. Eher, fährt er fort: Ehrr ließ sich noch denken, daß auf Faustine und Marc Antonin angespielt sey. Man hat ein Paar bekannte Münzen von der Faustine, wor- auf diese Gruppe vorkömmt: auf der einen steht dabei Veneri Victrici. S. C. Es kann seyn, daß sie bei einem Aufbruch des Kaisers in den Krieg, oder bei einer andern Gelegenheit, mit Rücksicht darauf geprägt worden. Allein es fol- get nicht, daß für die Münze die Idee zuerst er- funden, und nachher an Statuen copirt ist. Eben so wohl und wahrscheinlicher, wie aus mehreren Beispielen erhellet, war die Statue früher vorhanden, und ward auf Münzen copirt. Villa Borgheſe. Ein ſtehender Hermaphrodit, der gemeini- Der beruͤhmte Borgheſiſche Hermaphro-Der Borghe- Guß und der Venus daraus; die Kuͤnſtler verwandel-
ten es in eine angenehme Idee zwei ſchoͤner Ideal- figuren, einer maͤnnlichen und einer weiblichen, mit verſchiedenem Ausdrucke. Unſer Kunſtrichter verwirft nachher aus Gruͤnden, die ich ſchon bei der aͤhnlichen Vorſtellung im Ca- pitol angezeigt habe, die Erklaͤrung einer Fauſtine mit dem Fechter. Eher, faͤhrt er fort: Ehrr ließ ſich noch denken, daß auf Fauſtine und Marc Antonin angeſpielt ſey. Man hat ein Paar bekannte Muͤnzen von der Fauſtine, wor- auf dieſe Gruppe vorkoͤmmt: auf der einen ſteht dabei Veneri Victrici. S. C. Es kann ſeyn, daß ſie bei einem Aufbruch des Kaiſers in den Krieg, oder bei einer andern Gelegenheit, mit Ruͤckſicht darauf gepraͤgt worden. Allein es fol- get nicht, daß fuͤr die Muͤnze die Idee zuerſt er- funden, und nachher an Statuen copirt iſt. Eben ſo wohl und wahrſcheinlicher, wie aus mehreren Beiſpielen erhellet, war die Statue fruͤher vorhanden, und ward auf Muͤnzen copirt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0357" n="335"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Villa Borgheſe.</hi> </fw><lb/> <p><hi rendition="#fr">Ein ſtehender Hermaphrodit,</hi> der gemeini-<lb/> glich verſchloſſen, und mehr der unzuͤchtigen Stellung<lb/> als ſeiner Schoͤnheit wegen merkwuͤrdig iſt.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Der beruͤhmte Borgheſiſche Hermaphro-</hi><note place="right">Der Borghe-<lb/> ſiſche Herma-<lb/> phrodit.</note><lb/><hi rendition="#fr">dit.</hi> Er liegt auf dem Ruͤcken, jedoch mit dem Kopfe<lb/> zur Seite gekehrt, ſo daß man das Geſicht im Pro-<lb/> fil ſieht. Die Stellung iſt aͤußerſt reitzend an ſich<lb/> ſelbſt, und auch darum wohl gewaͤhlt, weil ſie die<lb/> Zeichen verſchiedener Geſchlechter, die leicht durch den<lb/> Mißſtand beleidigen koͤnnten, dem Auge entzieht.<lb/> Man kann die Weichheit des Fleiſches, den ſanften<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Guß</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_16_2" prev="#seg2pn_16_1" place="foot" n="23)"><hi rendition="#et">und der Venus daraus; die Kuͤnſtler verwandel-<lb/> ten es in eine angenehme Idee zwei ſchoͤner Ideal-<lb/> figuren, einer maͤnnlichen und einer weiblichen,<lb/> mit verſchiedenem Ausdrucke.</hi><lb/> Unſer Kunſtrichter verwirft nachher aus Gruͤnden,<lb/> die ich ſchon bei der aͤhnlichen Vorſtellung im Ca-<lb/> pitol angezeigt habe, die Erklaͤrung einer Fauſtine<lb/> mit dem Fechter. Eher, faͤhrt er fort:<lb/><hi rendition="#et">Ehrr ließ ſich noch denken, daß auf Fauſtine und<lb/> Marc Antonin angeſpielt ſey. Man hat ein<lb/> Paar bekannte Muͤnzen von der Fauſtine, wor-<lb/> auf dieſe Gruppe vorkoͤmmt: auf der einen ſteht<lb/> dabei <hi rendition="#aq">Veneri Victrici. S. C.</hi> Es kann ſeyn,<lb/> daß ſie bei einem Aufbruch des Kaiſers in den<lb/> Krieg, oder bei einer andern Gelegenheit, mit<lb/> Ruͤckſicht darauf gepraͤgt worden. Allein es fol-<lb/> get nicht, daß fuͤr die Muͤnze die Idee zuerſt er-<lb/> funden, und nachher an Statuen copirt iſt.<lb/> Eben ſo wohl und wahrſcheinlicher, wie aus<lb/> mehreren Beiſpielen erhellet, war die Statue<lb/> fruͤher vorhanden, und ward auf Muͤnzen copirt.</hi></note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [335/0357]
Villa Borgheſe.
Ein ſtehender Hermaphrodit, der gemeini-
glich verſchloſſen, und mehr der unzuͤchtigen Stellung
als ſeiner Schoͤnheit wegen merkwuͤrdig iſt.
Der beruͤhmte Borgheſiſche Hermaphro-
dit. Er liegt auf dem Ruͤcken, jedoch mit dem Kopfe
zur Seite gekehrt, ſo daß man das Geſicht im Pro-
fil ſieht. Die Stellung iſt aͤußerſt reitzend an ſich
ſelbſt, und auch darum wohl gewaͤhlt, weil ſie die
Zeichen verſchiedener Geſchlechter, die leicht durch den
Mißſtand beleidigen koͤnnten, dem Auge entzieht.
Man kann die Weichheit des Fleiſches, den ſanften
Guß
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Der Borghe-
ſiſche Herma-
phrodit.
23) und der Venus daraus; die Kuͤnſtler verwandel-
ten es in eine angenehme Idee zwei ſchoͤner Ideal-
figuren, einer maͤnnlichen und einer weiblichen,
mit verſchiedenem Ausdrucke.
Unſer Kunſtrichter verwirft nachher aus Gruͤnden,
die ich ſchon bei der aͤhnlichen Vorſtellung im Ca-
pitol angezeigt habe, die Erklaͤrung einer Fauſtine
mit dem Fechter. Eher, faͤhrt er fort:
Ehrr ließ ſich noch denken, daß auf Fauſtine und
Marc Antonin angeſpielt ſey. Man hat ein
Paar bekannte Muͤnzen von der Fauſtine, wor-
auf dieſe Gruppe vorkoͤmmt: auf der einen ſteht
dabei Veneri Victrici. S. C. Es kann ſeyn,
daß ſie bei einem Aufbruch des Kaiſers in den
Krieg, oder bei einer andern Gelegenheit, mit
Ruͤckſicht darauf gepraͤgt worden. Allein es fol-
get nicht, daß fuͤr die Muͤnze die Idee zuerſt er-
funden, und nachher an Statuen copirt iſt.
Eben ſo wohl und wahrſcheinlicher, wie aus
mehreren Beiſpielen erhellet, war die Statue
fruͤher vorhanden, und ward auf Muͤnzen copirt.
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