Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.Das Capitol. scheint. Man glaubt nämlich den Kopf des KaisersHadrian als Jüngling darin zu sehen. Ich vermag darüber nicht zu entscheiden. So viel scheint mir ge- wiß, daß der Kopf das idealisirte Portrait eines jun- gen Mannes vorstellt. Die Augenbraunen sind so wie die Augäpfel angedeutet. Der Kopf ist augen- scheinlich aufgesetzt, er ist aber darum nicht weniger antik, und wahrscheinlich ist er für die Statue selbst ursprünglich bestimmt gewesen. Die ganze Stellung zeigt einen Menschen an, Der Marmor ist schön, und die Arbeit vor- Man kann von dieser Statue nicht sagen, daß Was man am meisten daran lobt, sind die gu- Ein colossalischer Apollo. Er lehnt den ei- contrastire
Das Capitol. ſcheint. Man glaubt naͤmlich den Kopf des KaiſersHadrian als Juͤngling darin zu ſehen. Ich vermag daruͤber nicht zu entſcheiden. So viel ſcheint mir ge- wiß, daß der Kopf das idealiſirte Portrait eines jun- gen Mannes vorſtellt. Die Augenbraunen ſind ſo wie die Augaͤpfel angedeutet. Der Kopf iſt augen- ſcheinlich aufgeſetzt, er iſt aber darum nicht weniger antik, und wahrſcheinlich iſt er fuͤr die Statue ſelbſt urſpruͤnglich beſtimmt geweſen. Die ganze Stellung zeigt einen Menſchen an, Der Marmor iſt ſchoͤn, und die Arbeit vor- Man kann von dieſer Statue nicht ſagen, daß Was man am meiſten daran lobt, ſind die gu- Ein coloſſaliſcher Apollo. Er lehnt den ei- contraſtire
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0236" n="214"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Capitol.</hi></fw><lb/> ſcheint. Man glaubt naͤmlich den Kopf des Kaiſers<lb/> Hadrian als Juͤngling darin zu ſehen. Ich vermag<lb/> daruͤber nicht zu entſcheiden. So viel ſcheint mir ge-<lb/> wiß, daß der Kopf das idealiſirte Portrait eines jun-<lb/> gen Mannes vorſtellt. Die Augenbraunen ſind ſo<lb/> wie die Augaͤpfel angedeutet. Der Kopf iſt augen-<lb/> ſcheinlich aufgeſetzt, er iſt aber darum nicht weniger<lb/> antik, und wahrſcheinlich iſt er fuͤr die Statue ſelbſt<lb/> urſpruͤnglich beſtimmt geweſen.</p><lb/> <p>Die ganze Stellung zeigt einen Menſchen an,<lb/> der von aller Anmaaßung zu gefallen entfernt iſt, und<lb/> dieſe Nachlaͤßigkeit iſt voller Reitz. Die Umriſſe ſind<lb/> aͤußerſt fließend.</p><lb/> <p>Der Marmor iſt ſchoͤn, und die Arbeit vor-<lb/> trefflich. Das eine Bein, beide Fuͤße, ein Arm,<lb/> und die beiden erſten Finger der rechten Hand<lb/> ſind neu.</p><lb/> <p>Man kann von dieſer Statue nicht ſagen, daß<lb/> ihre Schoͤnheit an das hohe Ideal reiche, aber ſie<lb/> zieht dem ohngeachtet ſehr an, und vielleicht eben dar-<lb/> um, weil ſie uns nicht zu ſehr uͤber das gewoͤhnliche<lb/> Maaß menſchlicher Schoͤnheit hinaus ruͤckt.</p><lb/> <p>Was man am meiſten daran lobt, ſind die gu-<lb/> ten Verhaͤltniſſe: Darum haben Fiammingo und<lb/> Pouſſin auch viel nach ihr ſtudirt. Sonſt wirft man<lb/> der Lage und der Form der Muſkeln mit Recht einige<lb/> Unbeſtimmtheit vor.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Ein coloſſaliſcher Apollo.</hi> Er lehnt den ei-<lb/> nen Arm auf den Kopf, mit der Hand des andern haͤlt<lb/> er eine Leier; zu ſeinen Fuͤßen ſteht ein Greif. Es<lb/> koͤmmt mir vor, als ſey die Stellung unedel, und als<lb/> <fw place="bottom" type="catch">contraſtire</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0236]
Das Capitol.
ſcheint. Man glaubt naͤmlich den Kopf des Kaiſers
Hadrian als Juͤngling darin zu ſehen. Ich vermag
daruͤber nicht zu entſcheiden. So viel ſcheint mir ge-
wiß, daß der Kopf das idealiſirte Portrait eines jun-
gen Mannes vorſtellt. Die Augenbraunen ſind ſo
wie die Augaͤpfel angedeutet. Der Kopf iſt augen-
ſcheinlich aufgeſetzt, er iſt aber darum nicht weniger
antik, und wahrſcheinlich iſt er fuͤr die Statue ſelbſt
urſpruͤnglich beſtimmt geweſen.
Die ganze Stellung zeigt einen Menſchen an,
der von aller Anmaaßung zu gefallen entfernt iſt, und
dieſe Nachlaͤßigkeit iſt voller Reitz. Die Umriſſe ſind
aͤußerſt fließend.
Der Marmor iſt ſchoͤn, und die Arbeit vor-
trefflich. Das eine Bein, beide Fuͤße, ein Arm,
und die beiden erſten Finger der rechten Hand
ſind neu.
Man kann von dieſer Statue nicht ſagen, daß
ihre Schoͤnheit an das hohe Ideal reiche, aber ſie
zieht dem ohngeachtet ſehr an, und vielleicht eben dar-
um, weil ſie uns nicht zu ſehr uͤber das gewoͤhnliche
Maaß menſchlicher Schoͤnheit hinaus ruͤckt.
Was man am meiſten daran lobt, ſind die gu-
ten Verhaͤltniſſe: Darum haben Fiammingo und
Pouſſin auch viel nach ihr ſtudirt. Sonſt wirft man
der Lage und der Form der Muſkeln mit Recht einige
Unbeſtimmtheit vor.
Ein coloſſaliſcher Apollo. Er lehnt den ei-
nen Arm auf den Kopf, mit der Hand des andern haͤlt
er eine Leier; zu ſeinen Fuͤßen ſteht ein Greif. Es
koͤmmt mir vor, als ſey die Stellung unedel, und als
contraſtire
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |