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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.

Oben in einer Glorie ist Gott der Vater, unter
ihm der heilige Geist als Taube, zu beiden Seiten
stehen zwei Gruppen von Engeln, deren eine das
Kreuz, die andere die Säule halten, woran Christus
gegeißelt wurde. Unter dem heiligen Geiste sitzt der
Sohn, neben ihm seine Mutter, die Apostel, die
Patriarchen, und rund herum Märtirer, und an-
dere Heilige die ihm die Instrumente ihrer Marter
zeigen. Hier theilt sich das Gemählde ungefähr in
der Mitte ab, und wird mit dem untern Theile durch
isolirte Figuren einiger Engel verbunden, die Selige
in den Himmel heben, und Verdammte zurück stoßen.
Unten ist Erde und Wasser. Todte steigen aus den
Gräbern, Engel streiten gegen Teufel, und nehmen
diesen schon entwandte Seelen ab. Einige Ver-
dammte werden bereits gemartert.

In dem obern Theile ist die Anordnung symme-
trisch, unten aber so unordentlich, daß der Blick sich
immer darin verwirrt. Der Ausdruck ist allenthal-
ben übertrieben und oft gemein; viele Gedanken sind
sogar ekelhaft. Dahin gehört der heilige Bartholo-
mäus, der dem Christ seine abgestreifte Haut zeigt,
der Wollüstige, dem eine Schlange in die Schaam
beißt etc. Nichts ist dem Künstler besser gerathen,
als der Ausdruck der Verworfenheit in den Teufeln.

Einzelne Schönheiten, vorzüglich in Rücksicht
auf Zeichnung und Verständniß der Anatomie, wird
Niemand verkennen. Aber das Ganze? -- Des
Mangels an Haltung, an Colorit nicht einst zu ge-
denken.

Dies Gemählde nimmt eine große Wand dem
Eingange gegen über ein.

Am
M 3
Der Vaticaniſche Pallaſt.

Oben in einer Glorie iſt Gott der Vater, unter
ihm der heilige Geiſt als Taube, zu beiden Seiten
ſtehen zwei Gruppen von Engeln, deren eine das
Kreuz, die andere die Saͤule halten, woran Chriſtus
gegeißelt wurde. Unter dem heiligen Geiſte ſitzt der
Sohn, neben ihm ſeine Mutter, die Apoſtel, die
Patriarchen, und rund herum Maͤrtirer, und an-
dere Heilige die ihm die Inſtrumente ihrer Marter
zeigen. Hier theilt ſich das Gemaͤhlde ungefaͤhr in
der Mitte ab, und wird mit dem untern Theile durch
iſolirte Figuren einiger Engel verbunden, die Selige
in den Himmel heben, und Verdammte zuruͤck ſtoßen.
Unten iſt Erde und Waſſer. Todte ſteigen aus den
Graͤbern, Engel ſtreiten gegen Teufel, und nehmen
dieſen ſchon entwandte Seelen ab. Einige Ver-
dammte werden bereits gemartert.

In dem obern Theile iſt die Anordnung ſymme-
triſch, unten aber ſo unordentlich, daß der Blick ſich
immer darin verwirrt. Der Ausdruck iſt allenthal-
ben uͤbertrieben und oft gemein; viele Gedanken ſind
ſogar ekelhaft. Dahin gehoͤrt der heilige Bartholo-
maͤus, der dem Chriſt ſeine abgeſtreifte Haut zeigt,
der Wolluͤſtige, dem eine Schlange in die Schaam
beißt ꝛc. Nichts iſt dem Kuͤnſtler beſſer gerathen,
als der Ausdruck der Verworfenheit in den Teufeln.

Einzelne Schoͤnheiten, vorzuͤglich in Ruͤckſicht
auf Zeichnung und Verſtaͤndniß der Anatomie, wird
Niemand verkennen. Aber das Ganze? — Des
Mangels an Haltung, an Colorit nicht einſt zu ge-
denken.

Dies Gemaͤhlde nimmt eine große Wand dem
Eingange gegen uͤber ein.

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M 3
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[181/0203] Der Vaticaniſche Pallaſt. Oben in einer Glorie iſt Gott der Vater, unter ihm der heilige Geiſt als Taube, zu beiden Seiten ſtehen zwei Gruppen von Engeln, deren eine das Kreuz, die andere die Saͤule halten, woran Chriſtus gegeißelt wurde. Unter dem heiligen Geiſte ſitzt der Sohn, neben ihm ſeine Mutter, die Apoſtel, die Patriarchen, und rund herum Maͤrtirer, und an- dere Heilige die ihm die Inſtrumente ihrer Marter zeigen. Hier theilt ſich das Gemaͤhlde ungefaͤhr in der Mitte ab, und wird mit dem untern Theile durch iſolirte Figuren einiger Engel verbunden, die Selige in den Himmel heben, und Verdammte zuruͤck ſtoßen. Unten iſt Erde und Waſſer. Todte ſteigen aus den Graͤbern, Engel ſtreiten gegen Teufel, und nehmen dieſen ſchon entwandte Seelen ab. Einige Ver- dammte werden bereits gemartert. In dem obern Theile iſt die Anordnung ſymme- triſch, unten aber ſo unordentlich, daß der Blick ſich immer darin verwirrt. Der Ausdruck iſt allenthal- ben uͤbertrieben und oft gemein; viele Gedanken ſind ſogar ekelhaft. Dahin gehoͤrt der heilige Bartholo- maͤus, der dem Chriſt ſeine abgeſtreifte Haut zeigt, der Wolluͤſtige, dem eine Schlange in die Schaam beißt ꝛc. Nichts iſt dem Kuͤnſtler beſſer gerathen, als der Ausdruck der Verworfenheit in den Teufeln. Einzelne Schoͤnheiten, vorzuͤglich in Ruͤckſicht auf Zeichnung und Verſtaͤndniß der Anatomie, wird Niemand verkennen. Aber das Ganze? — Des Mangels an Haltung, an Colorit nicht einſt zu ge- denken. Dies Gemaͤhlde nimmt eine große Wand dem Eingange gegen uͤber ein. Am M 3

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/203>, abgerufen am 24.11.2024.