Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Vaticanische Pallast.
scheint, der ihn durchbohren soll, und endlich auf die
herrliche Gruppe des Vaters mit seinem Sohne.

Der Reichthum in der Wahl der Köpfe und der
Stellungen ist unendlich; er zeigt auch Raphaels ge-
naue Bekanntschaft mit der Antike. Hie und da er-
kennt man deutlich ganze Figuren wieder, die er offen-
bar von ihr entlehnet hat. Von dieser Art ist das
Pferd, das von dem Stoß der Lanze, deren abgebro-
chenen Schaft es noch in der Brust trägt, niederge-
sunken, den Kopf voll hülflosen Schmerzes zum Reu-
ter kehrt. Eine glückliche Anwendung des Pferdes
auf dem Capitol, das von einem Löwen zerrissen
wird. 43 b)

Die Zeichnung in unserm Bilde ist sehr bestimmt;
Inzwischen werfen ihr Kenner einige Unrichtigkeit in
der Lage der Muskeln, und einige Härte in den Um-
rissen vor.

Das Colorit fällt zu sehr ins Schwarze, und die
Haltung, welche eine weise Austheilung der Lichter
auf gewisse vorzügliche Partien, Harmonie und Luft-
perspektive voraussetzt, fehlt gänzlich.

+ An-
43 b) Auch der Gedanke des Constantins der den
Speer schleudert, und der Krieger, die ihm meh-
rere abgehauene Köpfe der Feinde zeigen, scheint
von einem Basrelief das jetzt am Triumpfbogen
des Constantins befindlich ist, entlehnt zu seyn.
Bei der Vergleichung wird man finden wie glücklich
ihn Raphael verbessert hat.

Der Vaticaniſche Pallaſt.
ſcheint, der ihn durchbohren ſoll, und endlich auf die
herrliche Gruppe des Vaters mit ſeinem Sohne.

Der Reichthum in der Wahl der Koͤpfe und der
Stellungen iſt unendlich; er zeigt auch Raphaels ge-
naue Bekanntſchaft mit der Antike. Hie und da er-
kennt man deutlich ganze Figuren wieder, die er offen-
bar von ihr entlehnet hat. Von dieſer Art iſt das
Pferd, das von dem Stoß der Lanze, deren abgebro-
chenen Schaft es noch in der Bruſt traͤgt, niederge-
ſunken, den Kopf voll huͤlfloſen Schmerzes zum Reu-
ter kehrt. Eine gluͤckliche Anwendung des Pferdes
auf dem Capitol, das von einem Loͤwen zerriſſen
wird. 43 b)

Die Zeichnung in unſerm Bilde iſt ſehr beſtimmt;
Inzwiſchen werfen ihr Kenner einige Unrichtigkeit in
der Lage der Muſkeln, und einige Haͤrte in den Um-
riſſen vor.

Das Colorit faͤllt zu ſehr ins Schwarze, und die
Haltung, welche eine weiſe Austheilung der Lichter
auf gewiſſe vorzuͤgliche Partien, Harmonie und Luft-
perſpektive vorausſetzt, fehlt gaͤnzlich.

An-
43 b) Auch der Gedanke des Conſtantins der den
Speer ſchleudert, und der Krieger, die ihm meh-
rere abgehauene Koͤpfe der Feinde zeigen, ſcheint
von einem Basrelief das jetzt am Triumpfbogen
des Conſtantins befindlich iſt, entlehnt zu ſeyn.
Bei der Vergleichung wird man finden wie gluͤcklich
ihn Raphael verbeſſert hat.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0165" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Vaticani&#x017F;che Palla&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
&#x017F;cheint, der ihn durchbohren &#x017F;oll, und endlich auf die<lb/>
herrliche Gruppe des Vaters mit &#x017F;einem Sohne.</p><lb/>
            <p>Der Reichthum in der Wahl der Ko&#x0364;pfe und der<lb/>
Stellungen i&#x017F;t unendlich; er zeigt auch Raphaels ge-<lb/>
naue Bekannt&#x017F;chaft mit der Antike. Hie und da er-<lb/>
kennt man deutlich ganze Figuren wieder, die er offen-<lb/>
bar von ihr entlehnet hat. Von die&#x017F;er Art i&#x017F;t das<lb/>
Pferd, das von dem Stoß der Lanze, deren abgebro-<lb/>
chenen Schaft es noch in der Bru&#x017F;t tra&#x0364;gt, niederge-<lb/>
&#x017F;unken, den Kopf voll hu&#x0364;lflo&#x017F;en Schmerzes zum Reu-<lb/>
ter kehrt. Eine glu&#x0364;ckliche Anwendung des Pferdes<lb/>
auf dem Capitol, das von einem Lo&#x0364;wen zerri&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wird. <note place="foot" n="43 b)">Auch der Gedanke des Con&#x017F;tantins der den<lb/>
Speer &#x017F;chleudert, und der Krieger, die ihm meh-<lb/>
rere abgehauene Ko&#x0364;pfe der Feinde zeigen, &#x017F;cheint<lb/>
von einem Basrelief das jetzt am Triumpfbogen<lb/>
des Con&#x017F;tantins befindlich i&#x017F;t, entlehnt zu &#x017F;eyn.<lb/>
Bei der Vergleichung wird man finden wie glu&#x0364;cklich<lb/>
ihn Raphael verbe&#x017F;&#x017F;ert hat.</note></p><lb/>
            <p>Die Zeichnung in un&#x017F;erm Bilde i&#x017F;t &#x017F;ehr be&#x017F;timmt;<lb/>
Inzwi&#x017F;chen werfen ihr Kenner einige Unrichtigkeit in<lb/>
der Lage der Mu&#x017F;keln, und einige Ha&#x0364;rte in den Um-<lb/>
ri&#x017F;&#x017F;en vor.</p><lb/>
            <p>Das Colorit fa&#x0364;llt zu &#x017F;ehr ins Schwarze, und die<lb/>
Haltung, welche eine wei&#x017F;e Austheilung der Lichter<lb/>
auf gewi&#x017F;&#x017F;e vorzu&#x0364;gliche Partien, Harmonie und Luft-<lb/>
per&#x017F;pektive voraus&#x017F;etzt, fehlt ga&#x0364;nzlich.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x2020; <hi rendition="#fr">An-</hi></fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0165] Der Vaticaniſche Pallaſt. ſcheint, der ihn durchbohren ſoll, und endlich auf die herrliche Gruppe des Vaters mit ſeinem Sohne. Der Reichthum in der Wahl der Koͤpfe und der Stellungen iſt unendlich; er zeigt auch Raphaels ge- naue Bekanntſchaft mit der Antike. Hie und da er- kennt man deutlich ganze Figuren wieder, die er offen- bar von ihr entlehnet hat. Von dieſer Art iſt das Pferd, das von dem Stoß der Lanze, deren abgebro- chenen Schaft es noch in der Bruſt traͤgt, niederge- ſunken, den Kopf voll huͤlfloſen Schmerzes zum Reu- ter kehrt. Eine gluͤckliche Anwendung des Pferdes auf dem Capitol, das von einem Loͤwen zerriſſen wird. 43 b) Die Zeichnung in unſerm Bilde iſt ſehr beſtimmt; Inzwiſchen werfen ihr Kenner einige Unrichtigkeit in der Lage der Muſkeln, und einige Haͤrte in den Um- riſſen vor. Das Colorit faͤllt zu ſehr ins Schwarze, und die Haltung, welche eine weiſe Austheilung der Lichter auf gewiſſe vorzuͤgliche Partien, Harmonie und Luft- perſpektive vorausſetzt, fehlt gaͤnzlich. † An- 43 b) Auch der Gedanke des Conſtantins der den Speer ſchleudert, und der Krieger, die ihm meh- rere abgehauene Koͤpfe der Feinde zeigen, ſcheint von einem Basrelief das jetzt am Triumpfbogen des Conſtantins befindlich iſt, entlehnt zu ſeyn. Bei der Vergleichung wird man finden wie gluͤcklich ihn Raphael verbeſſert hat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/165
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/165>, abgerufen am 07.05.2024.