Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Vaticanische Pallast.

+ Melpomene aus dem Hause Mattei. *)
Der Kopf ist aufgesetzt, und hat einen Ausdruck von
moderner Grazie, etwas Fremdes, das mir bald den
Verdacht erwecken sollte, daß er nicht alt sey. Ich
will inzwischen nicht darüber entscheiden. Die Hand
mit der sie den Schleier hält, ist augenscheinlich neu.

Das Gewand ist vortrefflich.

Erato mit dem Diadem. Die Drapperie ein
wenig schwerfällig. Der Kopf soll aufgesetzt seyn.

Euterpe sitzend. Der Kopfputz ist von Lor-
beern. In den Händen der modernen Arme hält
sie eine Rolle, die durch den antiken Theil, der sich
mit dem Gewande erhalten hat, gerechtfertiget wird.

Terpsichore sitzend. Der Kopf soll aufgesetzt
seyn. Die Arme größtentheils neu.

Clio. Aus dem Pallast Lancelotti. Raphael
scheint sie bei einigen seiner Figuren zum Vorbilde ge-
nommen zu haben. Das Gewand liegt ein wenig zu
fest an, und hat die Ansicht eines feinen Leinens.
Der Schuh von besonderer Form.

Charakter
des Apollo
Musagetes.

+ Apollo Musagetes Anführer der Musen.
Sein Charakter ist der eines wollüstigen Genießers
der Künste, die Friede und Muse erzeugen, und die
um genossen zu werden, eben so viel Ruhe von Qua-
len eigennütziger Leidenschaften, als Abgezogenheit
von lebhafter Thätigkeit, gewaltsamer Anstrengung,

und
*) Sie war daselbst unter dem Nahmen Livia bekannt.
Winkelmann nennt sie Melpomene. Fea Ediz.
della Storia delle arti del disegno presso gli an-
tichi di Giov. Winkelmann, T. II. p. 329. n. A.

nennt sie Pudicizia und gibt ihr einen neuen Kopf.
Der Vaticaniſche Pallaſt.

Melpomene aus dem Hauſe Mattei. *)
Der Kopf iſt aufgeſetzt, und hat einen Ausdruck von
moderner Grazie, etwas Fremdes, das mir bald den
Verdacht erwecken ſollte, daß er nicht alt ſey. Ich
will inzwiſchen nicht daruͤber entſcheiden. Die Hand
mit der ſie den Schleier haͤlt, iſt augenſcheinlich neu.

Das Gewand iſt vortrefflich.

Erato mit dem Diadem. Die Drapperie ein
wenig ſchwerfaͤllig. Der Kopf ſoll aufgeſetzt ſeyn.

Euterpe ſitzend. Der Kopfputz iſt von Lor-
beern. In den Haͤnden der modernen Arme haͤlt
ſie eine Rolle, die durch den antiken Theil, der ſich
mit dem Gewande erhalten hat, gerechtfertiget wird.

Terpſichore ſitzend. Der Kopf ſoll aufgeſetzt
ſeyn. Die Arme groͤßtentheils neu.

Clio. Aus dem Pallaſt Lancelotti. Raphael
ſcheint ſie bei einigen ſeiner Figuren zum Vorbilde ge-
nommen zu haben. Das Gewand liegt ein wenig zu
feſt an, und hat die Anſicht eines feinen Leinens.
Der Schuh von beſonderer Form.

Charakter
des Apollo
Muſagetes.

Apollo Muſagetes Anfuͤhrer der Muſen.
Sein Charakter iſt der eines wolluͤſtigen Genießers
der Kuͤnſte, die Friede und Muſe erzeugen, und die
um genoſſen zu werden, eben ſo viel Ruhe von Qua-
len eigennuͤtziger Leidenſchaften, als Abgezogenheit
von lebhafter Thaͤtigkeit, gewaltſamer Anſtrengung,

und
*) Sie war daſelbſt unter dem Nahmen Livia bekannt.
Winkelmann nennt ſie Melpomene. Fea Ediz.
della Storia delle arti del diſegno preſſo gli an-
tichi di Giov. Winkelmann, T. II. p. 329. n. A.

nennt ſie Pudicizia und gibt ihr einen neuen Kopf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0108" n="86"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Vaticani&#x017F;che Palla&#x017F;t.</hi> </fw><lb/>
            <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Melpomene</hi> aus dem Hau&#x017F;e Mattei. <note place="foot" n="*)">Sie war da&#x017F;elb&#x017F;t unter dem Nahmen Livia bekannt.<lb/>
Winkelmann nennt &#x017F;ie Melpomene. <hi rendition="#aq">Fea Ediz.<lb/>
della Storia delle arti del di&#x017F;egno pre&#x017F;&#x017F;o gli an-<lb/>
tichi di Giov. Winkelmann, T. II. p. 329. n. A.</hi><lb/>
nennt &#x017F;ie <hi rendition="#aq">Pudicizia</hi> und gibt ihr einen neuen Kopf.</note><lb/>
Der Kopf i&#x017F;t aufge&#x017F;etzt, und hat einen Ausdruck von<lb/>
moderner Grazie, etwas Fremdes, das mir bald den<lb/>
Verdacht erwecken &#x017F;ollte, daß er nicht alt &#x017F;ey. Ich<lb/>
will inzwi&#x017F;chen nicht daru&#x0364;ber ent&#x017F;cheiden. Die Hand<lb/>
mit der &#x017F;ie den Schleier ha&#x0364;lt, i&#x017F;t augen&#x017F;cheinlich neu.</p><lb/>
            <p>Das Gewand i&#x017F;t vortrefflich.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Erato</hi> mit dem Diadem. Die Drapperie ein<lb/>
wenig &#x017F;chwerfa&#x0364;llig. Der Kopf &#x017F;oll aufge&#x017F;etzt &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Euterpe</hi> &#x017F;itzend. Der Kopfputz i&#x017F;t von Lor-<lb/>
beern. In den Ha&#x0364;nden der modernen Arme ha&#x0364;lt<lb/>
&#x017F;ie eine Rolle, die durch den antiken Theil, der &#x017F;ich<lb/>
mit dem Gewande erhalten hat, gerechtfertiget wird.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Terp&#x017F;ichore</hi> &#x017F;itzend. Der Kopf &#x017F;oll aufge&#x017F;etzt<lb/>
&#x017F;eyn. Die Arme gro&#x0364;ßtentheils neu.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Clio.</hi> Aus dem Palla&#x017F;t Lancelotti. Raphael<lb/>
&#x017F;cheint &#x017F;ie bei einigen &#x017F;einer Figuren zum Vorbilde ge-<lb/>
nommen zu haben. Das Gewand liegt ein wenig zu<lb/>
fe&#x017F;t an, und hat die An&#x017F;icht eines feinen Leinens.<lb/>
Der Schuh von be&#x017F;onderer Form.</p><lb/>
            <note place="left">Charakter<lb/>
des Apollo<lb/>
Mu&#x017F;agetes.</note>
            <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Apollo Mu&#x017F;agetes Anfu&#x0364;hrer</hi> der Mu&#x017F;en.<lb/>
Sein Charakter i&#x017F;t der eines wollu&#x0364;&#x017F;tigen Genießers<lb/>
der Ku&#x0364;n&#x017F;te, die Friede und Mu&#x017F;e erzeugen, und die<lb/>
um geno&#x017F;&#x017F;en zu werden, eben &#x017F;o viel Ruhe von Qua-<lb/>
len eigennu&#x0364;tziger Leiden&#x017F;chaften, als Abgezogenheit<lb/>
von lebhafter Tha&#x0364;tigkeit, gewalt&#x017F;amer An&#x017F;trengung,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0108] Der Vaticaniſche Pallaſt. † Melpomene aus dem Hauſe Mattei. *) Der Kopf iſt aufgeſetzt, und hat einen Ausdruck von moderner Grazie, etwas Fremdes, das mir bald den Verdacht erwecken ſollte, daß er nicht alt ſey. Ich will inzwiſchen nicht daruͤber entſcheiden. Die Hand mit der ſie den Schleier haͤlt, iſt augenſcheinlich neu. Das Gewand iſt vortrefflich. Erato mit dem Diadem. Die Drapperie ein wenig ſchwerfaͤllig. Der Kopf ſoll aufgeſetzt ſeyn. Euterpe ſitzend. Der Kopfputz iſt von Lor- beern. In den Haͤnden der modernen Arme haͤlt ſie eine Rolle, die durch den antiken Theil, der ſich mit dem Gewande erhalten hat, gerechtfertiget wird. Terpſichore ſitzend. Der Kopf ſoll aufgeſetzt ſeyn. Die Arme groͤßtentheils neu. Clio. Aus dem Pallaſt Lancelotti. Raphael ſcheint ſie bei einigen ſeiner Figuren zum Vorbilde ge- nommen zu haben. Das Gewand liegt ein wenig zu feſt an, und hat die Anſicht eines feinen Leinens. Der Schuh von beſonderer Form. † Apollo Muſagetes Anfuͤhrer der Muſen. Sein Charakter iſt der eines wolluͤſtigen Genießers der Kuͤnſte, die Friede und Muſe erzeugen, und die um genoſſen zu werden, eben ſo viel Ruhe von Qua- len eigennuͤtziger Leidenſchaften, als Abgezogenheit von lebhafter Thaͤtigkeit, gewaltſamer Anſtrengung, und *) Sie war daſelbſt unter dem Nahmen Livia bekannt. Winkelmann nennt ſie Melpomene. Fea Ediz. della Storia delle arti del diſegno preſſo gli an- tichi di Giov. Winkelmann, T. II. p. 329. n. A. nennt ſie Pudicizia und gibt ihr einen neuen Kopf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/108
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/108>, abgerufen am 07.05.2024.