Herr Autor! Auf ein Wort! Jhnen muß ich an diesem feyerlichen Tage auch etwas ins Ohr sagen. Also wären sie mit ihren sieben mal sieben Wahrsagungen zu Stande. Und vermuthlich sind sie mit sich selbst wohl zufrieden, daß sie etwas geschrieben haben, welches ganz Deutschland ge- fallen wird, weil es die Ehre hat, ihnen zu gefal- len. Was erwarten sie für ihre Bemühung? Berühmt zu werden? Man weis ja ihren Namen nicht. Gelesen zu werden? Vielleicht. Bewun- dert zu werden? Sachte, mein Herr Autor, sie verlangen zu viel! Weil sie heute allen wahrsa- gen, so will ich auch ihnen wahrsagen. Wissen sie, was die Welt von ihrem Werkchen sprechen wird? Der deutsche Römer (58) wird es im Buchladen sehen. Hum! wird er sprechen, wie- der ein deutscher Wisch! Aber es geht ab, wird der Buchhändler sagen. - - - Ja, ja! es geht wohl ab, aber in zehen Jahren liest niemand dergleichen Qvark mehr. Der Rechtsgelehrte (59) wird es in die Hand nehmen; man wird glauben, er lese darinnen: Aber eben überdenkt er gewisse Ge-
gen-
ihnen das Vergnügen machen, daß ein ieder an diese Stel- le einen seiner Bekannten setze, von dessen lächerlichen Thorheiten er etwas wahrsagen will. Jch weis, die Wahl wird ihnen schwer werden; aber das weis ich noch gewis- ser, daß keiner von meinen Lesern, ich nehme dreye von ih- nen aus, hiebey an sich selbst denken wird. War diese Wahrsagung richtig?
(58)Clarissimus Dominus R.
(59) Und zwar Herr Doctor G - -.
Das Maͤrchen vom erſten April.
49.
Herr Autor! Auf ein Wort! Jhnen muß ich an dieſem feyerlichen Tage auch etwas ins Ohr ſagen. Alſo waͤren ſie mit ihren ſieben mal ſieben Wahrſagungen zu Stande. Und vermuthlich ſind ſie mit ſich ſelbſt wohl zufrieden, daß ſie etwas geſchrieben haben, welches ganz Deutſchland ge- fallen wird, weil es die Ehre hat, ihnen zu gefal- len. Was erwarten ſie fuͤr ihre Bemuͤhung? Beruͤhmt zu werden? Man weis ja ihren Namen nicht. Geleſen zu werden? Vielleicht. Bewun- dert zu werden? Sachte, mein Herr Autor, ſie verlangen zu viel! Weil ſie heute allen wahrſa- gen, ſo will ich auch ihnen wahrſagen. Wiſſen ſie, was die Welt von ihrem Werkchen ſprechen wird? Der deutſche Roͤmer (58) wird es im Buchladen ſehen. Hum! wird er ſprechen, wie- der ein deutſcher Wiſch! Aber es geht ab, wird der Buchhaͤndler ſagen. ‒ ‒ ‒ Ja, ja! es geht wohl ab, aber in zehen Jahren lieſt niemand dergleichen Qvark mehr. Der Rechtsgelehrte (59) wird es in die Hand nehmen; man wird glauben, er leſe darinnen: Aber eben uͤberdenkt er gewiſſe Ge-
gen-
ihnen das Vergnuͤgen machen, daß ein ieder an dieſe Stel- le einen ſeiner Bekannten ſetze, von deſſen laͤcherlichen Thorheiten er etwas wahrſagen will. Jch weis, die Wahl wird ihnen ſchwer werden; aber das weis ich noch gewiſ- ſer, daß keiner von meinen Leſern, ich nehme dreye von ih- nen aus, hiebey an ſich ſelbſt denken wird. War dieſe Wahrſagung richtig?
(58)Clarisſimus Dominus R.
(59) Und zwar Herr Doctor G ‒ ‒.
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[548[546]/0570]
Das Maͤrchen vom erſten April.
49.
Herr Autor! Auf ein Wort! Jhnen muß ich
an dieſem feyerlichen Tage auch etwas ins Ohr
ſagen. Alſo waͤren ſie mit ihren ſieben mal ſieben
Wahrſagungen zu Stande. Und vermuthlich
ſind ſie mit ſich ſelbſt wohl zufrieden, daß ſie etwas
geſchrieben haben, welches ganz Deutſchland ge-
fallen wird, weil es die Ehre hat, ihnen zu gefal-
len. Was erwarten ſie fuͤr ihre Bemuͤhung?
Beruͤhmt zu werden? Man weis ja ihren Namen
nicht. Geleſen zu werden? Vielleicht. Bewun-
dert zu werden? Sachte, mein Herr Autor, ſie
verlangen zu viel! Weil ſie heute allen wahrſa-
gen, ſo will ich auch ihnen wahrſagen. Wiſſen
ſie, was die Welt von ihrem Werkchen ſprechen
wird? Der deutſche Roͤmer (58) wird es im
Buchladen ſehen. Hum! wird er ſprechen, wie-
der ein deutſcher Wiſch! Aber es geht ab, wird der
Buchhaͤndler ſagen. ‒ ‒ ‒ Ja, ja! es geht wohl
ab, aber in zehen Jahren lieſt niemand dergleichen
Qvark mehr. Der Rechtsgelehrte (59) wird
es in die Hand nehmen; man wird glauben, er
leſe darinnen: Aber eben uͤberdenkt er gewiſſe Ge-
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(57)
(58) Clarisſimus Dominus R.
(59) Und zwar Herr Doctor G ‒ ‒.
(57) ihnen das Vergnuͤgen machen, daß ein ieder an dieſe Stel-
le einen ſeiner Bekannten ſetze, von deſſen laͤcherlichen
Thorheiten er etwas wahrſagen will. Jch weis, die Wahl
wird ihnen ſchwer werden; aber das weis ich noch gewiſ-
ſer, daß keiner von meinen Leſern, ich nehme dreye von ih-
nen aus, hiebey an ſich ſelbſt denken wird. War dieſe
Wahrſagung richtig?
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 548[546]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/570>, abgerufen am 22.11.2024.
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