wenn sie alles dieses glauben, mein Herr, so sind sie ein Thor. Und wenn sie das Recht haben wol- len, noch ferner so ein eingebildeter Thor zu seyn, so müssen sie mir in meine Gedankencasse jährlich 10 fl. steuern. - - - - Nur fort, halten sie sich nicht auf! Jch brauche sie weiter nicht.
Soluentur risu tabulae, tu missus abibis.
Und doch gefällt ihnen dieser Vers? - - - - - Nein, ich mag weiter nichts von ihnen hören. Vermuthlich wollen sie mir bey dieser Stelle ihre tiefe Kenntniß der Alterthümer sehen lassen. Jch mag nicht ein Wort weiter von ihnen wissen. Jch brauche itzo keinen Kritiker; einen geschickten Ad- vocaten brauche ich, der sich meiner wider die Ge- waltthätigkeiten dieses Mannes annimmt. Wo werde ich einen finden!
Aber hier kömmt ein Richter, und, wie ich ge- wiß glaube, ein billiger Richter. Gut! Der wird mich schützen. Dieser große ansehnliche Mann mit der ernsthaften Miene, der ehrwürdigen Unter- kehle, und dem Domherrnbauche ist vermuthlich der Richter, den ich wünsche. Ja, mein Herr, ich kenne sie, da sie mir näher kommen. Erbarmen sie sich eines Unglückseligen! Sie sind ein Zeuge, wie gewaltsam mich dieser Verräther hält. Die öffentliche Sicherheit verlangt meine Rache. Jhre Unpartheylichkeit - - - - Warum bleiben sie nicht hier? Warum wollen sie weiter gehen? Ein Vater
der
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
wenn ſie alles dieſes glauben, mein Herr, ſo ſind ſie ein Thor. Und wenn ſie das Recht haben wol- len, noch ferner ſo ein eingebildeter Thor zu ſeyn, ſo muͤſſen ſie mir in meine Gedankencaſſe jaͤhrlich 10 fl. ſteuern. ‒ ‒ ‒ ‒ Nur fort, halten ſie ſich nicht auf! Jch brauche ſie weiter nicht.
Soluentur riſu tabulae, tu miſſus abibis.
Und doch gefaͤllt ihnen dieſer Vers? ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Nein, ich mag weiter nichts von ihnen hoͤren. Vermuthlich wollen ſie mir bey dieſer Stelle ihre tiefe Kenntniß der Alterthuͤmer ſehen laſſen. Jch mag nicht ein Wort weiter von ihnen wiſſen. Jch brauche itzo keinen Kritiker; einen geſchickten Ad- vocaten brauche ich, der ſich meiner wider die Ge- waltthaͤtigkeiten dieſes Mannes annimmt. Wo werde ich einen finden!
Aber hier koͤmmt ein Richter, und, wie ich ge- wiß glaube, ein billiger Richter. Gut! Der wird mich ſchuͤtzen. Dieſer große anſehnliche Mann mit der ernſthaften Miene, der ehrwuͤrdigen Unter- kehle, und dem Domherrnbauche iſt vermuthlich der Richter, den ich wuͤnſche. Ja, mein Herr, ich kenne ſie, da ſie mir naͤher kommen. Erbarmen ſie ſich eines Ungluͤckſeligen! Sie ſind ein Zeuge, wie gewaltſam mich dieſer Verraͤther haͤlt. Die oͤffentliche Sicherheit verlangt meine Rache. Jhre Unpartheylichkeit ‒ ‒ ‒ ‒ Warum bleiben ſie nicht hier? Warum wollen ſie weiter gehen? Ein Vater
der
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
wenn ſie alles dieſes glauben, mein Herr, ſo ſind ſie
ein Thor. Und wenn ſie das Recht haben wol-
len, noch ferner ſo ein eingebildeter Thor zu ſeyn,
ſo muͤſſen ſie mir in meine Gedankencaſſe jaͤhrlich
10 fl. ſteuern. ‒ ‒ ‒ ‒ Nur fort, halten ſie ſich nicht
auf! Jch brauche ſie weiter nicht.
Soluentur riſu tabulae, tu miſſus abibis.
Und doch gefaͤllt ihnen dieſer Vers? ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
Nein, ich mag weiter nichts von ihnen hoͤren.
Vermuthlich wollen ſie mir bey dieſer Stelle ihre
tiefe Kenntniß der Alterthuͤmer ſehen laſſen. Jch
mag nicht ein Wort weiter von ihnen wiſſen. Jch
brauche itzo keinen Kritiker; einen geſchickten Ad-
vocaten brauche ich, der ſich meiner wider die Ge-
waltthaͤtigkeiten dieſes Mannes annimmt. Wo
werde ich einen finden!
Aber hier koͤmmt ein Richter, und, wie ich ge-
wiß glaube, ein billiger Richter. Gut! Der wird
mich ſchuͤtzen. Dieſer große anſehnliche Mann
mit der ernſthaften Miene, der ehrwuͤrdigen Unter-
kehle, und dem Domherrnbauche iſt vermuthlich
der Richter, den ich wuͤnſche. Ja, mein Herr, ich
kenne ſie, da ſie mir naͤher kommen. Erbarmen
ſie ſich eines Ungluͤckſeligen! Sie ſind ein Zeuge,
wie gewaltſam mich dieſer Verraͤther haͤlt. Die
oͤffentliche Sicherheit verlangt meine Rache. Jhre
Unpartheylichkeit ‒ ‒ ‒ ‒ Warum bleiben ſie nicht
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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