das Vergnügen, ein lehrreicher Scribent zu heißen, in meine Casse geben - - 1/2 fl. - -.
Jst er in seinen Schriften satirisch, und macht die Welt lächerlich, so giebt er doppelt so viel.
Diese beiden Sätze verstehen sich nur von dem Falle, wenn unser Autor noch so billig ist, und es bey Versuchen, und Glückwünschungsschrei- ben auf den Geburtstag seines Herrn Vaters, oder auf den Namenstag seines Onkels, oder auf eine andre dergleichen Familienfeyer bewenden läßt. Jn diesen Fällen erlaube ich ihm, für die- sen Preis, sich einer Arbeit, und des damit ver- knüpften Titels anzumaßen, der sonst nur Män- nern gehört, welche schon seit vielen Jahren ge- wohnt sind, zu denken, welche die große Welt, und also mehr Leute kennen, als ihre Mütter, und ihre lieben Ammen. Wagt sich aber unser schreiben- der Knabe weiter, und sucht seine Stadt mit mo- ralischen Wochenblättern heim, so muß er wöchent- lich geben 4 Schill. Diese giebt er so lange, bis er sich barbieren läßt. Damit aber auch hiebey kein Unterschleif vorgehe, und er nicht etwan, wie verschiedne Autores thun, sich nur pro Forma barbieren lasse: so soll die erste Verwüstung sei- nes Barts, in Gegenwart eines Notarien ge- schehen. Bezeugt dieser ihm die erfoderliche Reife: so giebt er nur monatlich 4 Schillinge. Jch wollte es gern auf eine jährliche Ablieferung
setzen:
X 2
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
das Vergnuͤgen, ein lehrreicher Scribent zu heißen, in meine Caſſe geben ‒ ‒ ½ fl. ‒ ‒.
Jſt er in ſeinen Schriften ſatiriſch, und macht die Welt laͤcherlich, ſo giebt er doppelt ſo viel.
Dieſe beiden Saͤtze verſtehen ſich nur von dem Falle, wenn unſer Autor noch ſo billig iſt, und es bey Verſuchen, und Gluͤckwuͤnſchungsſchrei- ben auf den Geburtstag ſeines Herrn Vaters, oder auf den Namenstag ſeines Onkels, oder auf eine andre dergleichen Familienfeyer bewenden laͤßt. Jn dieſen Faͤllen erlaube ich ihm, fuͤr die- ſen Preis, ſich einer Arbeit, und des damit ver- knuͤpften Titels anzumaßen, der ſonſt nur Maͤn- nern gehoͤrt, welche ſchon ſeit vielen Jahren ge- wohnt ſind, zu denken, welche die große Welt, und alſo mehr Leute kennen, als ihre Muͤtter, und ihre lieben Ammen. Wagt ſich aber unſer ſchreiben- der Knabe weiter, und ſucht ſeine Stadt mit mo- raliſchen Wochenblaͤttern heim, ſo muß er woͤchent- lich geben 4 Schill. Dieſe giebt er ſo lange, bis er ſich barbieren laͤßt. Damit aber auch hiebey kein Unterſchleif vorgehe, und er nicht etwan, wie verſchiedne Autores thun, ſich nur pro Forma barbieren laſſe: ſo ſoll die erſte Verwuͤſtung ſei- nes Barts, in Gegenwart eines Notarien ge- ſchehen. Bezeugt dieſer ihm die erfoderliche Reife: ſo giebt er nur monatlich 4 Schillinge. Jch wollte es gern auf eine jaͤhrliche Ablieferung
ſetzen:
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
das Vergnuͤgen, ein lehrreicher Scribent zu heißen,
in meine Caſſe geben ‒ ‒ ½ fl. ‒ ‒.
Jſt er in ſeinen Schriften ſatiriſch, und
macht die Welt laͤcherlich, ſo giebt er doppelt
ſo viel.
Dieſe beiden Saͤtze verſtehen ſich nur von dem
Falle, wenn unſer Autor noch ſo billig iſt, und es
bey Verſuchen, und Gluͤckwuͤnſchungsſchrei-
ben auf den Geburtstag ſeines Herrn Vaters,
oder auf den Namenstag ſeines Onkels, oder auf
eine andre dergleichen Familienfeyer bewenden
laͤßt. Jn dieſen Faͤllen erlaube ich ihm, fuͤr die-
ſen Preis, ſich einer Arbeit, und des damit ver-
knuͤpften Titels anzumaßen, der ſonſt nur Maͤn-
nern gehoͤrt, welche ſchon ſeit vielen Jahren ge-
wohnt ſind, zu denken, welche die große Welt, und
alſo mehr Leute kennen, als ihre Muͤtter, und ihre
lieben Ammen. Wagt ſich aber unſer ſchreiben-
der Knabe weiter, und ſucht ſeine Stadt mit mo-
raliſchen Wochenblaͤttern heim, ſo muß er woͤchent-
lich geben 4 Schill. Dieſe giebt er ſo lange, bis
er ſich barbieren laͤßt. Damit aber auch hiebey
kein Unterſchleif vorgehe, und er nicht etwan, wie
verſchiedne Autores thun, ſich nur pro Forma
barbieren laſſe: ſo ſoll die erſte Verwuͤſtung ſei-
nes Barts, in Gegenwart eines Notarien ge-
ſchehen. Bezeugt dieſer ihm die erfoderliche
Reife: ſo giebt er nur monatlich 4 Schillinge.
Jch wollte es gern auf eine jaͤhrliche Ablieferung
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/345>, abgerufen am 22.11.2024.
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