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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha

Der Kaufmann weis vielleicht nicht, wie sein
Magen die Austern verdaut, und in was für
Säfte sich der ungarische Wein zertheilt, den er
trinkt: Aber ich glaube, er wird lieber in dieser
Unwissenheit bleiben, als an der sparsamen Tafel
seines Arztes eine Gelehrsamkeit erlangen wollen,
welche so nahrhaft bey weitem nicht ist, als seine
bisherige Ungelehrsamkeit, bey der es ihm wohl-
geschmeckt hat. Jch will hier zween Vorschläge
thun: Entweder der Gelehrte soll an dem lecker-
haften Ueberflusse der Tafel seines Kaufmanns
Antheil nehmen, und, so oft er vom Tische aufsteht,
bekennen, daß dieser Ungelehrte gründlicher speist,
wenn auch er gründlicher denkt; oder wofern, wie
ich fast glaube, dieses seinem gelehrten Ehrgeize
zu empfindlich wäre, so soll er jährlich zu meiner
Casse entrichten - - 4 fl. -, und sodann
befugt seyn, zu glauben, daß es weit anständiger
sey, zu hungern, und doch zu wissen, wie man
verdaut, als bey dem Ueberflusse der Mahlzeit
aufgeräumt, und fett zu werden, ohne zu wissen,
wie beides zugehe.

Jch bin überzeugt, daß mir diese Stelle von
den Verdiensten der Kaufleute bey vielen Gelehr-
ten eine verdrießliche Miene, und in vielen Schrei-
bestuben einen lauten Beyfall zuwege bringen
wird. Jch will hoffen, daß ich diesen durch das,
was ich itzo sagen will, nicht wieder verlieren
werde.

So
Antons Panßa von Mancha

Der Kaufmann weis vielleicht nicht, wie ſein
Magen die Auſtern verdaut, und in was fuͤr
Saͤfte ſich der ungariſche Wein zertheilt, den er
trinkt: Aber ich glaube, er wird lieber in dieſer
Unwiſſenheit bleiben, als an der ſparſamen Tafel
ſeines Arztes eine Gelehrſamkeit erlangen wollen,
welche ſo nahrhaft bey weitem nicht iſt, als ſeine
bisherige Ungelehrſamkeit, bey der es ihm wohl-
geſchmeckt hat. Jch will hier zween Vorſchlaͤge
thun: Entweder der Gelehrte ſoll an dem lecker-
haften Ueberfluſſe der Tafel ſeines Kaufmanns
Antheil nehmen, und, ſo oft er vom Tiſche aufſteht,
bekennen, daß dieſer Ungelehrte gruͤndlicher ſpeiſt,
wenn auch er gruͤndlicher denkt; oder wofern, wie
ich faſt glaube, dieſes ſeinem gelehrten Ehrgeize
zu empfindlich waͤre, ſo ſoll er jaͤhrlich zu meiner
Caſſe entrichten ‒ ‒ 4 fl. ‒, und ſodann
befugt ſeyn, zu glauben, daß es weit anſtaͤndiger
ſey, zu hungern, und doch zu wiſſen, wie man
verdaut, als bey dem Ueberfluſſe der Mahlzeit
aufgeraͤumt, und fett zu werden, ohne zu wiſſen,
wie beides zugehe.

Jch bin uͤberzeugt, daß mir dieſe Stelle von
den Verdienſten der Kaufleute bey vielen Gelehr-
ten eine verdrießliche Miene, und in vielen Schrei-
beſtuben einen lauten Beyfall zuwege bringen
wird. Jch will hoffen, daß ich dieſen durch das,
was ich itzo ſagen will, nicht wieder verlieren
werde.

So
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[304/0326] Antons Panßa von Mancha Der Kaufmann weis vielleicht nicht, wie ſein Magen die Auſtern verdaut, und in was fuͤr Saͤfte ſich der ungariſche Wein zertheilt, den er trinkt: Aber ich glaube, er wird lieber in dieſer Unwiſſenheit bleiben, als an der ſparſamen Tafel ſeines Arztes eine Gelehrſamkeit erlangen wollen, welche ſo nahrhaft bey weitem nicht iſt, als ſeine bisherige Ungelehrſamkeit, bey der es ihm wohl- geſchmeckt hat. Jch will hier zween Vorſchlaͤge thun: Entweder der Gelehrte ſoll an dem lecker- haften Ueberfluſſe der Tafel ſeines Kaufmanns Antheil nehmen, und, ſo oft er vom Tiſche aufſteht, bekennen, daß dieſer Ungelehrte gruͤndlicher ſpeiſt, wenn auch er gruͤndlicher denkt; oder wofern, wie ich faſt glaube, dieſes ſeinem gelehrten Ehrgeize zu empfindlich waͤre, ſo ſoll er jaͤhrlich zu meiner Caſſe entrichten ‒ ‒ 4 fl. ‒, und ſodann befugt ſeyn, zu glauben, daß es weit anſtaͤndiger ſey, zu hungern, und doch zu wiſſen, wie man verdaut, als bey dem Ueberfluſſe der Mahlzeit aufgeraͤumt, und fett zu werden, ohne zu wiſſen, wie beides zugehe. Jch bin uͤberzeugt, daß mir dieſe Stelle von den Verdienſten der Kaufleute bey vielen Gelehr- ten eine verdrießliche Miene, und in vielen Schrei- beſtuben einen lauten Beyfall zuwege bringen wird. Jch will hoffen, daß ich dieſen durch das, was ich itzo ſagen will, nicht wieder verlieren werde. So

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/326>, abgerufen am 20.05.2024.