"einsendet, erhält ein Exemplar auf Schreibe-" "papier umsonst. Geht das Werk gut ab, wie" "ich gewiß hoffe, so verspricht der dasige Verleger," "bey der neuen Auflage die vornehmsten Betrü-" "ger in Kupfer stechen zu lassen. Es wird mir" "ein Gefallen geschehen, wenn man mir von Zeit" "zu Zeit Nachricht giebt, was der eine oder der" "andere für ein Ende genommen hat. Es kann" "geschehen, daß viele davon auf dem Rabensteine" "sterben, oder sich selbst erhängen; und es soll" "mir sehr lieb seyn, weil ich dadurch Gelegenheit" "erhalte, dieses Werk lustig, und zugleich er-" "baulich zu machen, da ich mir Mühe geben" "werde, von einem jeden derselben die Umstände" "seines Todes und seiner Aufführung dabey, so" "genau als möglich ist, zu beschreiben."
Bey dieser Gelegenheit muß ich eine Thorheit bekennen, welche vielleicht nur um deßwillen noch zu vergeben ist, weil ich sie so aufrichtig bekenne. Ehe ich noch die vortheilhafte Wahrheit ausfindig gemacht hatte, daß keiner ein Schelm sey, der es nicht selbst bekenne, und daß alle Leute ehrlich wä- ren, welche es von sich selbst sagten: so war ich mit der ganzen Welt misvergnügt. Beständig fand ich an meinen Mitbürgern etwas zu meistern. Es kam mir vor, als gienge man mit vereinten Kräften darauf um, wie man die Ehrlichkeit ohne alles Erbarmen völlig ausrotten wollte. Es gieng mir, wie es abergläubischen und furchtsa- men Leuten geht, welche immer Gespenster sehen,
wo
Antons Panßa von Mancha
„einſendet, erhaͤlt ein Exemplar auf Schreibe-„ „papier umſonſt. Geht das Werk gut ab, wie„ „ich gewiß hoffe, ſo verſpricht der daſige Verleger,„ „bey der neuen Auflage die vornehmſten Betruͤ-„ „ger in Kupfer ſtechen zu laſſen. Es wird mir„ „ein Gefallen geſchehen, wenn man mir von Zeit„ „zu Zeit Nachricht giebt, was der eine oder der„ „andere fuͤr ein Ende genommen hat. Es kann„ „geſchehen, daß viele davon auf dem Rabenſteine„ „ſterben, oder ſich ſelbſt erhaͤngen; und es ſoll„ „mir ſehr lieb ſeyn, weil ich dadurch Gelegenheit„ „erhalte, dieſes Werk luſtig, und zugleich er-„ „baulich zu machen, da ich mir Muͤhe geben„ „werde, von einem jeden derſelben die Umſtaͤnde„ „ſeines Todes und ſeiner Auffuͤhrung dabey, ſo„ „genau als moͤglich iſt, zu beſchreiben.“
Bey dieſer Gelegenheit muß ich eine Thorheit bekennen, welche vielleicht nur um deßwillen noch zu vergeben iſt, weil ich ſie ſo aufrichtig bekenne. Ehe ich noch die vortheilhafte Wahrheit ausfindig gemacht hatte, daß keiner ein Schelm ſey, der es nicht ſelbſt bekenne, und daß alle Leute ehrlich waͤ- ren, welche es von ſich ſelbſt ſagten: ſo war ich mit der ganzen Welt misvergnuͤgt. Beſtaͤndig fand ich an meinen Mitbuͤrgern etwas zu meiſtern. Es kam mir vor, als gienge man mit vereinten Kraͤften darauf um, wie man die Ehrlichkeit ohne alles Erbarmen voͤllig ausrotten wollte. Es gieng mir, wie es aberglaͤubiſchen und furchtſa- men Leuten geht, welche immer Geſpenſter ſehen,
wo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0106"n="84"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>„einſendet, erhaͤlt ein Exemplar auf Schreibe-„<lb/>„papier umſonſt. Geht das Werk gut ab, wie„<lb/>„ich gewiß hoffe, ſo verſpricht der daſige Verleger,„<lb/>„bey der neuen Auflage die vornehmſten Betruͤ-„<lb/>„ger in Kupfer ſtechen zu laſſen. Es wird mir„<lb/>„ein Gefallen geſchehen, wenn man mir von Zeit„<lb/>„zu Zeit Nachricht giebt, was der eine oder der„<lb/>„andere fuͤr ein Ende genommen hat. Es kann„<lb/>„geſchehen, daß viele davon auf dem Rabenſteine„<lb/>„ſterben, oder ſich ſelbſt erhaͤngen; und es ſoll„<lb/>„mir ſehr lieb ſeyn, weil ich dadurch Gelegenheit„<lb/>„erhalte, dieſes Werk luſtig, und zugleich er-„<lb/>„baulich zu machen, da ich mir Muͤhe geben„<lb/>„werde, von einem jeden derſelben die Umſtaͤnde„<lb/>„ſeines Todes und ſeiner Auffuͤhrung dabey, ſo„<lb/>„genau als moͤglich iſt, zu beſchreiben.“</p><lb/><p>Bey dieſer Gelegenheit muß ich eine Thorheit<lb/>
bekennen, welche vielleicht nur um deßwillen noch<lb/>
zu vergeben iſt, weil ich ſie ſo aufrichtig bekenne.<lb/>
Ehe ich noch die vortheilhafte Wahrheit ausfindig<lb/>
gemacht hatte, daß keiner ein Schelm ſey, der es<lb/>
nicht ſelbſt bekenne, und daß alle Leute ehrlich waͤ-<lb/>
ren, welche es von ſich ſelbſt ſagten: ſo war ich<lb/>
mit der ganzen Welt misvergnuͤgt. Beſtaͤndig<lb/>
fand ich an meinen Mitbuͤrgern etwas zu meiſtern.<lb/>
Es kam mir vor, als gienge man mit vereinten<lb/>
Kraͤften darauf um, wie man die Ehrlichkeit ohne<lb/>
alles Erbarmen voͤllig ausrotten wollte. Es<lb/>
gieng mir, wie es aberglaͤubiſchen und furchtſa-<lb/>
men Leuten geht, welche immer Geſpenſter ſehen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wo</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[84/0106]
Antons Panßa von Mancha
„einſendet, erhaͤlt ein Exemplar auf Schreibe-„
„papier umſonſt. Geht das Werk gut ab, wie„
„ich gewiß hoffe, ſo verſpricht der daſige Verleger,„
„bey der neuen Auflage die vornehmſten Betruͤ-„
„ger in Kupfer ſtechen zu laſſen. Es wird mir„
„ein Gefallen geſchehen, wenn man mir von Zeit„
„zu Zeit Nachricht giebt, was der eine oder der„
„andere fuͤr ein Ende genommen hat. Es kann„
„geſchehen, daß viele davon auf dem Rabenſteine„
„ſterben, oder ſich ſelbſt erhaͤngen; und es ſoll„
„mir ſehr lieb ſeyn, weil ich dadurch Gelegenheit„
„erhalte, dieſes Werk luſtig, und zugleich er-„
„baulich zu machen, da ich mir Muͤhe geben„
„werde, von einem jeden derſelben die Umſtaͤnde„
„ſeines Todes und ſeiner Auffuͤhrung dabey, ſo„
„genau als moͤglich iſt, zu beſchreiben.“
Bey dieſer Gelegenheit muß ich eine Thorheit
bekennen, welche vielleicht nur um deßwillen noch
zu vergeben iſt, weil ich ſie ſo aufrichtig bekenne.
Ehe ich noch die vortheilhafte Wahrheit ausfindig
gemacht hatte, daß keiner ein Schelm ſey, der es
nicht ſelbſt bekenne, und daß alle Leute ehrlich waͤ-
ren, welche es von ſich ſelbſt ſagten: ſo war ich
mit der ganzen Welt misvergnuͤgt. Beſtaͤndig
fand ich an meinen Mitbuͤrgern etwas zu meiſtern.
Es kam mir vor, als gienge man mit vereinten
Kraͤften darauf um, wie man die Ehrlichkeit ohne
alles Erbarmen voͤllig ausrotten wollte. Es
gieng mir, wie es aberglaͤubiſchen und furchtſa-
men Leuten geht, welche immer Geſpenſter ſehen,
wo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/106>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.