Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
daß niemand ein Schelm ist, als wer es selbst von
sich gesteht: so wird es meinen Lesern nicht mehr
paradox vorkommen, wenn ich behaupte, daß
ehrlich am längsten währt. Dieses giebt uns
den Schlüssel zu tausend Begebenheiten, bey wel-
chen man lieber den Himmel einer Ungerechtigkeit
und zaudernden Rache beschuldigen möchte. Jch
will hier ein alphabetisches Verzeichniß der be-
rühmtesten Männer unserer Zeit einrücken, von
denen, außer ihnen, alle Welt versichert, daß sie
die größten Schelme und Betrüger sind, und die
doch in so vergnügten und glücklichen Umständen
leben, daß sie nicht nöthig haben, auf dergleichen
Vorwürfe zu achten, welche ihnen ohnedem, we-
gen ihrer in Händen habenden Gewalt, niemand
ins Gesicht sagen darf. Sie werden mir verzei-
hen, daß ich ihre Namen der Welt bekannter
mache. Da sie es niemals zugestehen, daß sie
Betrüger sind, so zweifle ich nicht eine Minute
an ihrer Ehrlichkeit. Sie haben sich einer des
andern nicht zu schämen, weil gewiß einer so ehr-
lich ist, wie der andre, und ich habe gegen ihre
Glücksumstände so viele Hochachtung, daß ich
mir nichts vortheilhafters wünschen kann, als ihr
hohes Wohlwollen und ihre Freundschaft. Jch
werde mich der Kürze, so viel möglich ist, und so
viel es ohne Abbruch der Wahrheit geschehen kann,
befleißigen.

Jhro Hochwürdige Gnaden - - - - -
- - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - -

"So

Antons Panßa von Mancha
daß niemand ein Schelm iſt, als wer es ſelbſt von
ſich geſteht: ſo wird es meinen Leſern nicht mehr
paradox vorkommen, wenn ich behaupte, daß
ehrlich am laͤngſten waͤhrt. Dieſes giebt uns
den Schluͤſſel zu tauſend Begebenheiten, bey wel-
chen man lieber den Himmel einer Ungerechtigkeit
und zaudernden Rache beſchuldigen moͤchte. Jch
will hier ein alphabetiſches Verzeichniß der be-
ruͤhmteſten Maͤnner unſerer Zeit einruͤcken, von
denen, außer ihnen, alle Welt verſichert, daß ſie
die groͤßten Schelme und Betruͤger ſind, und die
doch in ſo vergnuͤgten und gluͤcklichen Umſtaͤnden
leben, daß ſie nicht noͤthig haben, auf dergleichen
Vorwuͤrfe zu achten, welche ihnen ohnedem, we-
gen ihrer in Haͤnden habenden Gewalt, niemand
ins Geſicht ſagen darf. Sie werden mir verzei-
hen, daß ich ihre Namen der Welt bekannter
mache. Da ſie es niemals zugeſtehen, daß ſie
Betruͤger ſind, ſo zweifle ich nicht eine Minute
an ihrer Ehrlichkeit. Sie haben ſich einer des
andern nicht zu ſchaͤmen, weil gewiß einer ſo ehr-
lich iſt, wie der andre, und ich habe gegen ihre
Gluͤcksumſtaͤnde ſo viele Hochachtung, daß ich
mir nichts vortheilhafters wuͤnſchen kann, als ihr
hohes Wohlwollen und ihre Freundſchaft. Jch
werde mich der Kuͤrze, ſo viel moͤglich iſt, und ſo
viel es ohne Abbruch der Wahrheit geſchehen kann,
befleißigen.

Jhro Hochwuͤrdige Gnaden ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

„So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0104" n="82"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
daß niemand ein Schelm i&#x017F;t, als wer es &#x017F;elb&#x017F;t von<lb/>
&#x017F;ich ge&#x017F;teht: &#x017F;o wird es meinen Le&#x017F;ern nicht mehr<lb/>
paradox vorkommen, wenn ich behaupte, daß<lb/><hi rendition="#fr">ehrlich am la&#x0364;ng&#x017F;ten wa&#x0364;hrt.</hi> Die&#x017F;es giebt uns<lb/>
den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu tau&#x017F;end Begebenheiten, bey wel-<lb/>
chen man lieber den Himmel einer Ungerechtigkeit<lb/>
und zaudernden Rache be&#x017F;chuldigen mo&#x0364;chte. Jch<lb/>
will hier ein alphabeti&#x017F;ches Verzeichniß der be-<lb/>
ru&#x0364;hmte&#x017F;ten Ma&#x0364;nner un&#x017F;erer Zeit einru&#x0364;cken, von<lb/>
denen, außer ihnen, alle Welt ver&#x017F;ichert, daß &#x017F;ie<lb/>
die gro&#x0364;ßten Schelme und Betru&#x0364;ger &#x017F;ind, und die<lb/>
doch in &#x017F;o vergnu&#x0364;gten und glu&#x0364;cklichen Um&#x017F;ta&#x0364;nden<lb/>
leben, daß &#x017F;ie nicht no&#x0364;thig haben, auf dergleichen<lb/>
Vorwu&#x0364;rfe zu achten, welche ihnen ohnedem, we-<lb/>
gen ihrer in Ha&#x0364;nden habenden Gewalt, niemand<lb/>
ins Ge&#x017F;icht &#x017F;agen darf. Sie werden mir verzei-<lb/>
hen, daß ich ihre Namen der Welt bekannter<lb/>
mache. Da &#x017F;ie es niemals zuge&#x017F;tehen, daß &#x017F;ie<lb/>
Betru&#x0364;ger &#x017F;ind, &#x017F;o zweifle ich nicht eine Minute<lb/>
an ihrer Ehrlichkeit. Sie haben &#x017F;ich einer des<lb/>
andern nicht zu &#x017F;cha&#x0364;men, weil gewiß einer &#x017F;o ehr-<lb/>
lich i&#x017F;t, wie der andre, und ich habe gegen ihre<lb/>
Glu&#x0364;cksum&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;o viele Hochachtung, daß ich<lb/>
mir nichts vortheilhafters wu&#x0364;n&#x017F;chen kann, als ihr<lb/>
hohes Wohlwollen und ihre Freund&#x017F;chaft. Jch<lb/>
werde mich der Ku&#x0364;rze, &#x017F;o viel mo&#x0364;glich i&#x017F;t, und &#x017F;o<lb/>
viel es ohne Abbruch der Wahrheit ge&#x017F;chehen kann,<lb/>
befleißigen.</p><lb/>
          <p>Jhro Hochwu&#x0364;rdige Gnaden &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012;<lb/>
&#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012;<lb/>
&#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;So</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0104] Antons Panßa von Mancha daß niemand ein Schelm iſt, als wer es ſelbſt von ſich geſteht: ſo wird es meinen Leſern nicht mehr paradox vorkommen, wenn ich behaupte, daß ehrlich am laͤngſten waͤhrt. Dieſes giebt uns den Schluͤſſel zu tauſend Begebenheiten, bey wel- chen man lieber den Himmel einer Ungerechtigkeit und zaudernden Rache beſchuldigen moͤchte. Jch will hier ein alphabetiſches Verzeichniß der be- ruͤhmteſten Maͤnner unſerer Zeit einruͤcken, von denen, außer ihnen, alle Welt verſichert, daß ſie die groͤßten Schelme und Betruͤger ſind, und die doch in ſo vergnuͤgten und gluͤcklichen Umſtaͤnden leben, daß ſie nicht noͤthig haben, auf dergleichen Vorwuͤrfe zu achten, welche ihnen ohnedem, we- gen ihrer in Haͤnden habenden Gewalt, niemand ins Geſicht ſagen darf. Sie werden mir verzei- hen, daß ich ihre Namen der Welt bekannter mache. Da ſie es niemals zugeſtehen, daß ſie Betruͤger ſind, ſo zweifle ich nicht eine Minute an ihrer Ehrlichkeit. Sie haben ſich einer des andern nicht zu ſchaͤmen, weil gewiß einer ſo ehr- lich iſt, wie der andre, und ich habe gegen ihre Gluͤcksumſtaͤnde ſo viele Hochachtung, daß ich mir nichts vortheilhafters wuͤnſchen kann, als ihr hohes Wohlwollen und ihre Freundſchaft. Jch werde mich der Kuͤrze, ſo viel moͤglich iſt, und ſo viel es ohne Abbruch der Wahrheit geſchehen kann, befleißigen. Jhro Hochwuͤrdige Gnaden ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ „So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/104
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/104>, abgerufen am 23.11.2024.