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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Vorbericht.
genug ward, da ich es unter ihrem Beystande
wagte, und welches ich itzo wagen soll, da ich
von ihrem Beystande ganz entblößt bin?

Und doch muß ich es wagen! Aber ich wage
es unter einer Gelübde, die ich hier vor den
Augen meines Vaterlandes, und, wenn ich so
prächtig reden darf, vor den Augen der ganzen
witzigen Welt thue. Dieses ist der vierte,
aber gewiß auch der letzte Theil meiner sa-
tirischen Schriften.
Jch thue hier einen
heiligen Schwur, einen Schwur, der mir hei-
liger ist, als er sonst den meisten Schrift-
stellern zu seyn pflegt: daß ich dergleichen satiri-
sche Schriften, weder unter meinem, noch un-
ter einem verstellten Namen, weder in monat-
lichen, noch in fliegenden Blättern weiter be-
kannt machen werde.

Diesen Vorsatz rechtfertigen, wenn anders
meine Leser verlangen sollten, daß ich ihn recht-
fertige; diesen Vorsatz, sage ich, rechtfertigen
schon die Ursachen genug, die ich oben angeführt
habe. Ein ernsthafteres Alter; Geschäffte, die
täglich gehäuft werden; der Verlust der besten
Freunde; eine argwöhnische Vorsicht, die mei-
nem itzigen Stande vielleicht noch unentbehrli-
cher ist, als sie mir vor drey Jahren war; Le-
ser, die noch immer gewohnt sind zu lachen, so
lange sie über andere lachen, und welche unver-
söhnlich wüten, so bald sie glauben, ihr eignes
Gesicht im Spiegel zu sehen; der geschwätzige
Vorwitz der Ausleger, welche immer boshaft

genug

Vorbericht.
genug ward, da ich es unter ihrem Beyſtande
wagte, und welches ich itzo wagen ſoll, da ich
von ihrem Beyſtande ganz entbloͤßt bin?

Und doch muß ich es wagen! Aber ich wage
es unter einer Geluͤbde, die ich hier vor den
Augen meines Vaterlandes, und, wenn ich ſo
praͤchtig reden darf, vor den Augen der ganzen
witzigen Welt thue. Dieſes iſt der vierte,
aber gewiß auch der letzte Theil meiner ſa-
tiriſchen Schriften.
Jch thue hier einen
heiligen Schwur, einen Schwur, der mir hei-
liger iſt, als er ſonſt den meiſten Schrift-
ſtellern zu ſeyn pflegt: daß ich dergleichen ſatiri-
ſche Schriften, weder unter meinem, noch un-
ter einem verſtellten Namen, weder in monat-
lichen, noch in fliegenden Blaͤttern weiter be-
kannt machen werde.

Dieſen Vorſatz rechtfertigen, wenn anders
meine Leſer verlangen ſollten, daß ich ihn recht-
fertige; dieſen Vorſatz, ſage ich, rechtfertigen
ſchon die Urſachen genug, die ich oben angefuͤhrt
habe. Ein ernſthafteres Alter; Geſchaͤffte, die
taͤglich gehaͤuft werden; der Verluſt der beſten
Freunde; eine argwoͤhniſche Vorſicht, die mei-
nem itzigen Stande vielleicht noch unentbehrli-
cher iſt, als ſie mir vor drey Jahren war; Le-
ſer, die noch immer gewohnt ſind zu lachen, ſo
lange ſie uͤber andere lachen, und welche unver-
ſoͤhnlich wuͤten, ſo bald ſie glauben, ihr eignes
Geſicht im Spiegel zu ſehen; der geſchwaͤtzige
Vorwitz der Ausleger, welche immer boshaft

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[0010] Vorbericht. genug ward, da ich es unter ihrem Beyſtande wagte, und welches ich itzo wagen ſoll, da ich von ihrem Beyſtande ganz entbloͤßt bin? Und doch muß ich es wagen! Aber ich wage es unter einer Geluͤbde, die ich hier vor den Augen meines Vaterlandes, und, wenn ich ſo praͤchtig reden darf, vor den Augen der ganzen witzigen Welt thue. Dieſes iſt der vierte, aber gewiß auch der letzte Theil meiner ſa- tiriſchen Schriften. Jch thue hier einen heiligen Schwur, einen Schwur, der mir hei- liger iſt, als er ſonſt den meiſten Schrift- ſtellern zu ſeyn pflegt: daß ich dergleichen ſatiri- ſche Schriften, weder unter meinem, noch un- ter einem verſtellten Namen, weder in monat- lichen, noch in fliegenden Blaͤttern weiter be- kannt machen werde. Dieſen Vorſatz rechtfertigen, wenn anders meine Leſer verlangen ſollten, daß ich ihn recht- fertige; dieſen Vorſatz, ſage ich, rechtfertigen ſchon die Urſachen genug, die ich oben angefuͤhrt habe. Ein ernſthafteres Alter; Geſchaͤffte, die taͤglich gehaͤuft werden; der Verluſt der beſten Freunde; eine argwoͤhniſche Vorſicht, die mei- nem itzigen Stande vielleicht noch unentbehrli- cher iſt, als ſie mir vor drey Jahren war; Le- ſer, die noch immer gewohnt ſind zu lachen, ſo lange ſie uͤber andere lachen, und welche unver- ſoͤhnlich wuͤten, ſo bald ſie glauben, ihr eignes Geſicht im Spiegel zu ſehen; der geſchwaͤtzige Vorwitz der Ausleger, welche immer boshaft genug

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/10>, abgerufen am 26.04.2024.