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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
nichts, als was meine Schuldigkeit ist; und wenn Jhr
lieber Sohn fromm und fleißig ist, so will ich weiter
für ihn sorgen. Jch will noch heute versuchen, ob es
möglich ist, ein Procuraturstipendium für ihn auszu-
wirken. Er kann sich, wenn er herkömmt, bey dem
Herrn Professor N. melden, der mir versprochen hat,
ihm einen Freytisch zu geben. Die Collegia soll er auch
bey ihm umsonst hören. Der ehrliche Mann thut
mir alles zu Gefallen, was ich verlange. Mit einem
Worte, ich will für ihn sorgen, und wenn er nach Leip-
zig geht, kann er erst auf mein Gut zu mir kommen,
und das Geld gegen den Wechsel heben. Jch bin diese
kleine Bemühung der Freundschaft schuldig, die mir
Jhr seliger Mann erwiesen hat. Seyn Sie von meiner
Aufrichtigkeit überzeugt, und leben Sie allemal wohl.

Nota! Der Herr Sekretair wird sorgen, daß diese ehr-
"liche Frau vor allen andern bezahlt wird. Da-
"vor behüte mich Gott, daß ich auch die Thränen
"der Wittwen und Waisen auf mich laden sollte.
"Diese Schuldpost nagt mich am Herzen. Jch
"habe noch vor meiner Abreise mit dem Professor
"geredet, er hat mir es versprochen. Sorgen Sie
"ja für die arme Frau. Jhr Mann war ein recht-
"schaffner Mann. Sie muß ihr Geld nach der
"Messe haben, es komme her, wo es wolle."

Hochwohlgebohrner Herr,
Hochgeehrtester Herr Bruder,

Jch habe diese Messe verschiedne Bäre los zu binden,
um deßwillen ich den Herrn Bruder ersuche, das
kleine Wechselchen an 400 Thlr. meinem Agenten zu
bezahlen. Da ich es Jhnen drey Jahre ohne Jnter-
essen creditirt habe: so versehe ich mich gewisser Zah-
lung. Es steht ohnedem in meiner Gewalt nicht, län-

ge

Satyriſche Briefe.
nichts, als was meine Schuldigkeit iſt; und wenn Jhr
lieber Sohn fromm und fleißig iſt, ſo will ich weiter
fuͤr ihn ſorgen. Jch will noch heute verſuchen, ob es
moͤglich iſt, ein Procuraturſtipendium fuͤr ihn auszu-
wirken. Er kann ſich, wenn er herkoͤmmt, bey dem
Herrn Profeſſor N. melden, der mir verſprochen hat,
ihm einen Freytiſch zu geben. Die Collegia ſoll er auch
bey ihm umſonſt hoͤren. Der ehrliche Mann thut
mir alles zu Gefallen, was ich verlange. Mit einem
Worte, ich will fuͤr ihn ſorgen, und wenn er nach Leip-
zig geht, kann er erſt auf mein Gut zu mir kommen,
und das Geld gegen den Wechſel heben. Jch bin dieſe
kleine Bemuͤhung der Freundſchaft ſchuldig, die mir
Jhr ſeliger Mann erwieſen hat. Seyn Sie von meiner
Aufrichtigkeit uͤberzeugt, und leben Sie allemal wohl.

Nota! Der Herr Sekretair wird ſorgen, daß dieſe ehr-
„liche Frau vor allen andern bezahlt wird. Da-
„vor behuͤte mich Gott, daß ich auch die Thraͤnen
„der Wittwen und Waiſen auf mich laden ſollte.
„Dieſe Schuldpoſt nagt mich am Herzen. Jch
„habe noch vor meiner Abreiſe mit dem Profeſſor
„geredet, er hat mir es verſprochen. Sorgen Sie
„ja fuͤr die arme Frau. Jhr Mann war ein recht-
„ſchaffner Mann. Sie muß ihr Geld nach der
„Meſſe haben, es komme her, wo es wolle.„

Hochwohlgebohrner Herr,
Hochgeehrteſter Herr Bruder,

Jch habe dieſe Meſſe verſchiedne Baͤre los zu binden,
um deßwillen ich den Herrn Bruder erſuche, das
kleine Wechſelchen an 400 Thlr. meinem Agenten zu
bezahlen. Da ich es Jhnen drey Jahre ohne Jnter-
eſſen creditirt habe: ſo verſehe ich mich gewiſſer Zah-
lung. Es ſteht ohnedem in meiner Gewalt nicht, laͤn-

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[412/0440] Satyriſche Briefe. nichts, als was meine Schuldigkeit iſt; und wenn Jhr lieber Sohn fromm und fleißig iſt, ſo will ich weiter fuͤr ihn ſorgen. Jch will noch heute verſuchen, ob es moͤglich iſt, ein Procuraturſtipendium fuͤr ihn auszu- wirken. Er kann ſich, wenn er herkoͤmmt, bey dem Herrn Profeſſor N. melden, der mir verſprochen hat, ihm einen Freytiſch zu geben. Die Collegia ſoll er auch bey ihm umſonſt hoͤren. Der ehrliche Mann thut mir alles zu Gefallen, was ich verlange. Mit einem Worte, ich will fuͤr ihn ſorgen, und wenn er nach Leip- zig geht, kann er erſt auf mein Gut zu mir kommen, und das Geld gegen den Wechſel heben. Jch bin dieſe kleine Bemuͤhung der Freundſchaft ſchuldig, die mir Jhr ſeliger Mann erwieſen hat. Seyn Sie von meiner Aufrichtigkeit uͤberzeugt, und leben Sie allemal wohl. Nota! Der Herr Sekretair wird ſorgen, daß dieſe ehr- „liche Frau vor allen andern bezahlt wird. Da- „vor behuͤte mich Gott, daß ich auch die Thraͤnen „der Wittwen und Waiſen auf mich laden ſollte. „Dieſe Schuldpoſt nagt mich am Herzen. Jch „habe noch vor meiner Abreiſe mit dem Profeſſor „geredet, er hat mir es verſprochen. Sorgen Sie „ja fuͤr die arme Frau. Jhr Mann war ein recht- „ſchaffner Mann. Sie muß ihr Geld nach der „Meſſe haben, es komme her, wo es wolle.„ Hochwohlgebohrner Herr, Hochgeehrteſter Herr Bruder, Jch habe dieſe Meſſe verſchiedne Baͤre los zu binden, um deßwillen ich den Herrn Bruder erſuche, das kleine Wechſelchen an 400 Thlr. meinem Agenten zu bezahlen. Da ich es Jhnen drey Jahre ohne Jnter- eſſen creditirt habe: ſo verſehe ich mich gewiſſer Zah- lung. Es ſteht ohnedem in meiner Gewalt nicht, laͤn- ge

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/440>, abgerufen am 24.11.2024.