Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
de, Jhnen durch meinen Wandel ad oculum zu
demonstriren, daß ich bis zu dem letzten Hauche
des Lebens, ja, wo möglich, noch länger, voll Hoch-
achtung, Liebe, und Ergebenheit sey,

Hochzuehrende und Werthgeschätzte Jungfrau,
Meiner Hochzuehrenden und Werthgeschätzten
Jungfrau,
gehorsamster, und ehrendienstwilliger,
N.
Antwort.
Mein Herr,

Es ist ein großer Fehler von meinen Aeltern, daß
sie mich haben Dorothea nennen lassen. Weil
ich aber auch Johanne, und Sie Casper heißen: so
mache ich mir ein Gewissen daraus, die Natur in
ihrer Ordnung zu stören, und mit Jhnen ein Bünd-
niß einzugehn, welches mir nicht den großen Ab-
sichten der mütterlichen Natur gemäß zu seyn scheint.
Jch weiß nicht, was ich thun würde, wenn Sie
ein vernünftig denkender Grieche wären, und ich
eine wilde Scythinn; so viel aber weiß ich, daß ich
es lieber zufrieden bin, wenn die Welt in ihr erstes
Chaos zurück fällt, als wenn ich mich, gleich einer
Sonnenblume, nach Jhnen wenden und kehren
soll. Jene malte einen kleinen Korb, mit der
Ueberschrift:

Mein Herr,
Jhre Dienerinn.
Unter

Satyriſche Briefe.
de, Jhnen durch meinen Wandel ad oculum zu
demonſtriren, daß ich bis zu dem letzten Hauche
des Lebens, ja, wo moͤglich, noch laͤnger, voll Hoch-
achtung, Liebe, und Ergebenheit ſey,

Hochzuehrende und Werthgeſchaͤtzte Jungfrau,
Meiner Hochzuehrenden und Werthgeſchaͤtzten
Jungfrau,
gehorſamſter, und ehrendienſtwilliger,
N.
Antwort.
Mein Herr,

Es iſt ein großer Fehler von meinen Aeltern, daß
ſie mich haben Dorothea nennen laſſen. Weil
ich aber auch Johanne, und Sie Caſper heißen: ſo
mache ich mir ein Gewiſſen daraus, die Natur in
ihrer Ordnung zu ſtoͤren, und mit Jhnen ein Buͤnd-
niß einzugehn, welches mir nicht den großen Ab-
ſichten der muͤtterlichen Natur gemaͤß zu ſeyn ſcheint.
Jch weiß nicht, was ich thun wuͤrde, wenn Sie
ein vernuͤnftig denkender Grieche waͤren, und ich
eine wilde Scythinn; ſo viel aber weiß ich, daß ich
es lieber zufrieden bin, wenn die Welt in ihr erſtes
Chaos zuruͤck faͤllt, als wenn ich mich, gleich einer
Sonnenblume, nach Jhnen wenden und kehren
ſoll. Jene malte einen kleinen Korb, mit der
Ueberſchrift:

Mein Herr,
Jhre Dienerinn.
Unter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0392" n="364"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
de, Jhnen durch meinen Wandel <hi rendition="#aq">ad oculum</hi> zu<lb/><hi rendition="#aq">demon&#x017F;trir</hi>en, daß ich bis zu dem letzten Hauche<lb/>
des Lebens, ja, wo mo&#x0364;glich, noch la&#x0364;nger, voll Hoch-<lb/>
achtung, Liebe, und Ergebenheit &#x017F;ey,</p><lb/>
              <closer>
                <salute> <hi rendition="#et">Hochzuehrende und Werthge&#x017F;cha&#x0364;tzte Jungfrau,<lb/>
Meiner Hochzuehrenden und Werthge&#x017F;cha&#x0364;tzten<lb/>
Jungfrau,<lb/>
gehor&#x017F;am&#x017F;ter, und ehrendien&#x017F;twilliger,<lb/><hi rendition="#aq">N.</hi></hi> </salute>
              </closer>
            </div><lb/>
            <div n="2">
              <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Antwort.</hi> </hi> </head><lb/>
              <div type="letter">
                <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Mein Herr,</hi> </hi> </salute><lb/>
                <p><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t ein großer Fehler von meinen Aeltern, daß<lb/>
&#x017F;ie mich haben Dorothea nennen la&#x017F;&#x017F;en. Weil<lb/>
ich aber auch Johanne, und Sie Ca&#x017F;per heißen: &#x017F;o<lb/>
mache ich mir ein Gewi&#x017F;&#x017F;en daraus, die Natur in<lb/>
ihrer Ordnung zu &#x017F;to&#x0364;ren, und mit Jhnen ein Bu&#x0364;nd-<lb/>
niß einzugehn, welches mir nicht den großen Ab-<lb/>
&#x017F;ichten der mu&#x0364;tterlichen Natur gema&#x0364;ß zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint.<lb/>
Jch weiß nicht, was ich thun wu&#x0364;rde, wenn Sie<lb/>
ein vernu&#x0364;nftig denkender Grieche wa&#x0364;ren, und ich<lb/>
eine wilde Scythinn; &#x017F;o viel aber weiß ich, daß ich<lb/>
es lieber zufrieden bin, wenn die Welt in ihr er&#x017F;tes<lb/>
Chaos zuru&#x0364;ck fa&#x0364;llt, als wenn ich mich, gleich einer<lb/>
Sonnenblume, nach Jhnen wenden und kehren<lb/>
&#x017F;oll. Jene malte einen kleinen Korb, mit der<lb/>
Ueber&#x017F;chrift:</p><lb/>
                <closer>
                  <salute> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Mein Herr,</hi><lb/>
Jhre Dienerinn.</hi> </salute>
                </closer>
              </div>
            </div>
          </body>
        </floatingText><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Unter</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0392] Satyriſche Briefe. de, Jhnen durch meinen Wandel ad oculum zu demonſtriren, daß ich bis zu dem letzten Hauche des Lebens, ja, wo moͤglich, noch laͤnger, voll Hoch- achtung, Liebe, und Ergebenheit ſey, Hochzuehrende und Werthgeſchaͤtzte Jungfrau, Meiner Hochzuehrenden und Werthgeſchaͤtzten Jungfrau, gehorſamſter, und ehrendienſtwilliger, N. Antwort. Mein Herr, Es iſt ein großer Fehler von meinen Aeltern, daß ſie mich haben Dorothea nennen laſſen. Weil ich aber auch Johanne, und Sie Caſper heißen: ſo mache ich mir ein Gewiſſen daraus, die Natur in ihrer Ordnung zu ſtoͤren, und mit Jhnen ein Buͤnd- niß einzugehn, welches mir nicht den großen Ab- ſichten der muͤtterlichen Natur gemaͤß zu ſeyn ſcheint. Jch weiß nicht, was ich thun wuͤrde, wenn Sie ein vernuͤnftig denkender Grieche waͤren, und ich eine wilde Scythinn; ſo viel aber weiß ich, daß ich es lieber zufrieden bin, wenn die Welt in ihr erſtes Chaos zuruͤck faͤllt, als wenn ich mich, gleich einer Sonnenblume, nach Jhnen wenden und kehren ſoll. Jene malte einen kleinen Korb, mit der Ueberſchrift: Mein Herr, Jhre Dienerinn. Unter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/392
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/392>, abgerufen am 23.11.2024.