Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
chen, und bey meiner Gemüthsart, ist nichts na-
türlicher, als daß ich Sie ewig zu lieben wünsche.
Geben Sie mir Jhre Hand: so glaube ich der glück-
lichste Mann auf der Welt zu seyn. Vielleicht
wundern Sie Sich über meinen unregelmäßigen
Antrag. Meine Offenherzigkeit ist Schuld dar-
an, und die Sache, die ich bitte, ist mir gar zu
wichtig, als daß ich in dem Romanstyle darum
bitten sollte. Jch lasse Jhnen acht Tage Zeit, Jh-
re Erklärung zu thun; länger halten Sie mich
nicht auf, ich ersuche Sie mit aller der Zärtlich-
keit, die ich gegen Sie empfinde. Mein Alter,
meine Person, meine Glücksumstände sind Jhnen
bekannt; aber vermuthlich meine Fehler nicht.
Jch will so offenherzig seyn, und Jhnen diese sagen.

Jch bin eigensinnig, sehr eigensinnig, Made-
moiselle. Sie können die Ordnung in meinem
Hauswesen einrichten, wie Sie wollen, und wie es
meine Umstände leiden; allein über diese Ordnung
muß unverändert gehalten werden.

Jch muß eine jede Stunde voraus wissen,
wenn ich essen, schlafen, arbeiten, und mich ver-
gnügen soll. Die Verändrung einer einzigen
Stunde bringt mich auf die ganze Woche in Un-
ordnung. Jch werde Jhnen nichts an Putz und
Bequemlichkeit mangeln lassen, was Jhr Stand
erfodert, und meine Einkünfte erlauben. Aber
es wohnen in meiner Gasse Männer, welche noch
einmal so vornehm, und noch einmal so reich sind,
als ich. Werden Sie das Herz haben, die Wei-

ber
X 4

Satyriſche Briefe.
chen, und bey meiner Gemuͤthsart, iſt nichts na-
tuͤrlicher, als daß ich Sie ewig zu lieben wuͤnſche.
Geben Sie mir Jhre Hand: ſo glaube ich der gluͤck-
lichſte Mann auf der Welt zu ſeyn. Vielleicht
wundern Sie Sich uͤber meinen unregelmaͤßigen
Antrag. Meine Offenherzigkeit iſt Schuld dar-
an, und die Sache, die ich bitte, iſt mir gar zu
wichtig, als daß ich in dem Romanſtyle darum
bitten ſollte. Jch laſſe Jhnen acht Tage Zeit, Jh-
re Erklaͤrung zu thun; laͤnger halten Sie mich
nicht auf, ich erſuche Sie mit aller der Zaͤrtlich-
keit, die ich gegen Sie empfinde. Mein Alter,
meine Perſon, meine Gluͤcksumſtaͤnde ſind Jhnen
bekannt; aber vermuthlich meine Fehler nicht.
Jch will ſo offenherzig ſeyn, und Jhnen dieſe ſagen.

Jch bin eigenſinnig, ſehr eigenſinnig, Made-
moiſelle. Sie koͤnnen die Ordnung in meinem
Hausweſen einrichten, wie Sie wollen, und wie es
meine Umſtaͤnde leiden; allein uͤber dieſe Ordnung
muß unveraͤndert gehalten werden.

Jch muß eine jede Stunde voraus wiſſen,
wenn ich eſſen, ſchlafen, arbeiten, und mich ver-
gnuͤgen ſoll. Die Veraͤndrung einer einzigen
Stunde bringt mich auf die ganze Woche in Un-
ordnung. Jch werde Jhnen nichts an Putz und
Bequemlichkeit mangeln laſſen, was Jhr Stand
erfodert, und meine Einkuͤnfte erlauben. Aber
es wohnen in meiner Gaſſe Maͤnner, welche noch
einmal ſo vornehm, und noch einmal ſo reich ſind,
als ich. Werden Sie das Herz haben, die Wei-

ber
X 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0355" n="327"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
chen, und bey meiner Gemu&#x0364;thsart, i&#x017F;t nichts na-<lb/>
tu&#x0364;rlicher, als daß ich Sie ewig zu lieben wu&#x0364;n&#x017F;che.<lb/>
Geben Sie mir Jhre Hand: &#x017F;o glaube ich der glu&#x0364;ck-<lb/>
lich&#x017F;te Mann auf der Welt zu &#x017F;eyn. Vielleicht<lb/>
wundern Sie Sich u&#x0364;ber meinen unregelma&#x0364;ßigen<lb/>
Antrag. Meine Offenherzigkeit i&#x017F;t Schuld dar-<lb/>
an, und die Sache, die ich bitte, i&#x017F;t mir gar zu<lb/>
wichtig, als daß ich in dem Roman&#x017F;tyle darum<lb/>
bitten &#x017F;ollte. Jch la&#x017F;&#x017F;e Jhnen acht Tage Zeit, Jh-<lb/>
re Erkla&#x0364;rung zu thun; la&#x0364;nger halten Sie mich<lb/>
nicht auf, ich er&#x017F;uche Sie mit aller der Za&#x0364;rtlich-<lb/>
keit, die ich gegen Sie empfinde. Mein Alter,<lb/>
meine Per&#x017F;on, meine Glu&#x0364;cksum&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;ind Jhnen<lb/>
bekannt; aber vermuthlich meine Fehler nicht.<lb/>
Jch will &#x017F;o offenherzig &#x017F;eyn, und Jhnen die&#x017F;e &#x017F;agen.</p><lb/>
              <p>Jch bin eigen&#x017F;innig, &#x017F;ehr eigen&#x017F;innig, Made-<lb/>
moi&#x017F;elle. Sie ko&#x0364;nnen die Ordnung in meinem<lb/>
Hauswe&#x017F;en einrichten, wie Sie wollen, und wie es<lb/>
meine Um&#x017F;ta&#x0364;nde leiden; allein u&#x0364;ber die&#x017F;e Ordnung<lb/>
muß unvera&#x0364;ndert gehalten werden.</p><lb/>
              <p>Jch muß eine jede Stunde voraus wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wenn ich e&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;chlafen, arbeiten, und mich ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen &#x017F;oll. Die Vera&#x0364;ndrung einer einzigen<lb/>
Stunde bringt mich auf die ganze Woche in Un-<lb/>
ordnung. Jch werde Jhnen nichts an Putz und<lb/>
Bequemlichkeit mangeln la&#x017F;&#x017F;en, was Jhr Stand<lb/>
erfodert, und meine Einku&#x0364;nfte erlauben. Aber<lb/>
es wohnen in meiner Ga&#x017F;&#x017F;e Ma&#x0364;nner, welche noch<lb/>
einmal &#x017F;o vornehm, und noch einmal &#x017F;o reich &#x017F;ind,<lb/>
als ich. Werden Sie das Herz haben, die Wei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ber</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0355] Satyriſche Briefe. chen, und bey meiner Gemuͤthsart, iſt nichts na- tuͤrlicher, als daß ich Sie ewig zu lieben wuͤnſche. Geben Sie mir Jhre Hand: ſo glaube ich der gluͤck- lichſte Mann auf der Welt zu ſeyn. Vielleicht wundern Sie Sich uͤber meinen unregelmaͤßigen Antrag. Meine Offenherzigkeit iſt Schuld dar- an, und die Sache, die ich bitte, iſt mir gar zu wichtig, als daß ich in dem Romanſtyle darum bitten ſollte. Jch laſſe Jhnen acht Tage Zeit, Jh- re Erklaͤrung zu thun; laͤnger halten Sie mich nicht auf, ich erſuche Sie mit aller der Zaͤrtlich- keit, die ich gegen Sie empfinde. Mein Alter, meine Perſon, meine Gluͤcksumſtaͤnde ſind Jhnen bekannt; aber vermuthlich meine Fehler nicht. Jch will ſo offenherzig ſeyn, und Jhnen dieſe ſagen. Jch bin eigenſinnig, ſehr eigenſinnig, Made- moiſelle. Sie koͤnnen die Ordnung in meinem Hausweſen einrichten, wie Sie wollen, und wie es meine Umſtaͤnde leiden; allein uͤber dieſe Ordnung muß unveraͤndert gehalten werden. Jch muß eine jede Stunde voraus wiſſen, wenn ich eſſen, ſchlafen, arbeiten, und mich ver- gnuͤgen ſoll. Die Veraͤndrung einer einzigen Stunde bringt mich auf die ganze Woche in Un- ordnung. Jch werde Jhnen nichts an Putz und Bequemlichkeit mangeln laſſen, was Jhr Stand erfodert, und meine Einkuͤnfte erlauben. Aber es wohnen in meiner Gaſſe Maͤnner, welche noch einmal ſo vornehm, und noch einmal ſo reich ſind, als ich. Werden Sie das Herz haben, die Wei- ber X 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/355
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/355>, abgerufen am 28.09.2024.