"ziehung gehabt, und nicht verlangen, daß ihre "Kinder vernünftiger werden, als sie sind, die viel- "mehr nur darauf sehen, daß sie mit einer sorgfäl- "tigen Ersparung alles Aufwands dieselben heran "ziehen mögen; solche Aeltern verdienen das Glück "kaum, einen geschickten Mann in ihr Haus zu "bekommen, welcher es getreuer und redlicher mit "ihren Kindern meynt, als sie es selbst mit ihnen "meynen.
"Kinder, und besonders Kinder, vornehmer "Aeltern zu ziehen, ist die wichtigste, aber auch die "schwerste Arbeit, die man sich vorstellen kann. "Wird sich wohl ein Mann, der Gelehrsamkeit, "Geschmack, und gute Sitten besitzet, so leicht "entschließen können, ein Amt über sich zu nehmen, "bey dem so wenig Vortheil, und oft noch weniger "Ehre, allemal aber viel Verdruß und Arbeit ist?
"Ein Vater, welcher niemals gewohnt ist, "vernünftig zu denken, ist auch nicht im Stande, "sich vernünftige Vorstellungen von der Verbind- "lichkeit zu machen, die er einem Manne schuldig "ist, der das schwere Amt der Erziehung mit ihm "theilt. Er sieht diesen Mann als einen seiner "Bedienten, und wenn er recht artig denkt, als "den Vornehmsten seiner Bedienten an. Er wird "ihm nicht mehr Achtung erweisen, als er einem "seiner Bedienten erweist; und kann er alsdann "wohl verlangen, daß seine Kinder diesen ihren
"Hof-
Satyriſche Briefe.
„ziehung gehabt, und nicht verlangen, daß ihre „Kinder vernuͤnftiger werden, als ſie ſind, die viel- „mehr nur darauf ſehen, daß ſie mit einer ſorgfaͤl- „tigen Erſparung alles Aufwands dieſelben heran „ziehen moͤgen; ſolche Aeltern verdienen das Gluͤck „kaum, einen geſchickten Mann in ihr Haus zu „bekommen, welcher es getreuer und redlicher mit „ihren Kindern meynt, als ſie es ſelbſt mit ihnen „meynen.
„Kinder, und beſonders Kinder, vornehmer „Aeltern zu ziehen, iſt die wichtigſte, aber auch die „ſchwerſte Arbeit, die man ſich vorſtellen kann. „Wird ſich wohl ein Mann, der Gelehrſamkeit, „Geſchmack, und gute Sitten beſitzet, ſo leicht „entſchließen koͤnnen, ein Amt uͤber ſich zu nehmen, „bey dem ſo wenig Vortheil, und oft noch weniger „Ehre, allemal aber viel Verdruß und Arbeit iſt?
„Ein Vater, welcher niemals gewohnt iſt, „vernuͤnftig zu denken, iſt auch nicht im Stande, „ſich vernuͤnftige Vorſtellungen von der Verbind- „lichkeit zu machen, die er einem Manne ſchuldig „iſt, der das ſchwere Amt der Erziehung mit ihm „theilt. Er ſieht dieſen Mann als einen ſeiner „Bedienten, und wenn er recht artig denkt, als „den Vornehmſten ſeiner Bedienten an. Er wird „ihm nicht mehr Achtung erweiſen, als er einem „ſeiner Bedienten erweiſt; und kann er alsdann „wohl verlangen, daß ſeine Kinder dieſen ihren
„Hof-
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Satyriſche Briefe.
„ziehung gehabt, und nicht verlangen, daß ihre
„Kinder vernuͤnftiger werden, als ſie ſind, die viel-
„mehr nur darauf ſehen, daß ſie mit einer ſorgfaͤl-
„tigen Erſparung alles Aufwands dieſelben heran
„ziehen moͤgen; ſolche Aeltern verdienen das Gluͤck
„kaum, einen geſchickten Mann in ihr Haus zu
„bekommen, welcher es getreuer und redlicher mit
„ihren Kindern meynt, als ſie es ſelbſt mit ihnen
„meynen.
„Kinder, und beſonders Kinder, vornehmer
„Aeltern zu ziehen, iſt die wichtigſte, aber auch die
„ſchwerſte Arbeit, die man ſich vorſtellen kann.
„Wird ſich wohl ein Mann, der Gelehrſamkeit,
„Geſchmack, und gute Sitten beſitzet, ſo leicht
„entſchließen koͤnnen, ein Amt uͤber ſich zu nehmen,
„bey dem ſo wenig Vortheil, und oft noch weniger
„Ehre, allemal aber viel Verdruß und Arbeit iſt?
„Ein Vater, welcher niemals gewohnt iſt,
„vernuͤnftig zu denken, iſt auch nicht im Stande,
„ſich vernuͤnftige Vorſtellungen von der Verbind-
„lichkeit zu machen, die er einem Manne ſchuldig
„iſt, der das ſchwere Amt der Erziehung mit ihm
„theilt. Er ſieht dieſen Mann als einen ſeiner
„Bedienten, und wenn er recht artig denkt, als
„den Vornehmſten ſeiner Bedienten an. Er wird
„ihm nicht mehr Achtung erweiſen, als er einem
„ſeiner Bedienten erweiſt; und kann er alsdann
„wohl verlangen, daß ſeine Kinder dieſen ihren
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/32>, abgerufen am 16.07.2024.
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