Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
"Dieses hat mich veranlaßt, eine Mischung des
"Lächerlichen und Tugendhaften zu machen. Viel-
"leicht ist meine gute Absicht nicht ganz vergebens.
"Jch werde mich erfreuen, wenn ich erfahre, daß
"ein Alter aufgehört hat, lächerlich zu seyn; und
"daß ein Jüngling sich gehütet hat, es zu werden.
"Die Person der Tochter des verliebten Greises
"war zu diesem Auftritte nöthig. Jch brauchte
"sie, die wilde Hitze eines jungen Menschen zu
"dämpfen, und ihn in der Hochachtung zu erhal-
"ten, die er seinem alten Vater, so lächerlich auch
"dieser liebte, dennoch schuldig blieb. Dieses
"konnte niemand thun, als ein Frauenzimmer,
"deren Jahre und Tugend ihn zur Ehrfurcht
"zwangen. Jch habe mir Mühe gegeben, den
"Charakter der Fräulein, welche vom Großva-
"ter, und Enkel zugleich geliebt worden, so
"edel und vorzüglich zu bilden, als es nur hat
"möglich seyn wollen. Jhre Schönheit und Tu-
"gend entschuldigen das Lächerliche eines alten
"Liebhabers, und das Thörichte eines zärtlichen
"Jünglings. Was ich hier gesagt habe, kann
"als ein kurzer Vorbericht meines kleinen Ro-
"mans angesehn werden. Jch will meine Leser
"nicht länger aufhalten.

Gnädiges Fräulein,

Jch habe ein Amt, welches mir einen ansehnli-
chen Rang in der Welt verschafft. Zwey-

tausend

Satyriſche Briefe.
„Dieſes hat mich veranlaßt, eine Miſchung des
„Laͤcherlichen und Tugendhaften zu machen. Viel-
„leicht iſt meine gute Abſicht nicht ganz vergebens.
„Jch werde mich erfreuen, wenn ich erfahre, daß
„ein Alter aufgehoͤrt hat, laͤcherlich zu ſeyn; und
„daß ein Juͤngling ſich gehuͤtet hat, es zu werden.
„Die Perſon der Tochter des verliebten Greiſes
„war zu dieſem Auftritte noͤthig. Jch brauchte
„ſie, die wilde Hitze eines jungen Menſchen zu
„daͤmpfen, und ihn in der Hochachtung zu erhal-
„ten, die er ſeinem alten Vater, ſo laͤcherlich auch
„dieſer liebte, dennoch ſchuldig blieb. Dieſes
„konnte niemand thun, als ein Frauenzimmer,
„deren Jahre und Tugend ihn zur Ehrfurcht
„zwangen. Jch habe mir Muͤhe gegeben, den
„Charakter der Fraͤulein, welche vom Großva-
„ter, und Enkel zugleich geliebt worden, ſo
„edel und vorzuͤglich zu bilden, als es nur hat
„moͤglich ſeyn wollen. Jhre Schoͤnheit und Tu-
„gend entſchuldigen das Laͤcherliche eines alten
„Liebhabers, und das Thoͤrichte eines zaͤrtlichen
„Juͤnglings. Was ich hier geſagt habe, kann
„als ein kurzer Vorbericht meines kleinen Ro-
„mans angeſehn werden. Jch will meine Leſer
„nicht laͤnger aufhalten.

Gnaͤdiges Fraͤulein,

Jch habe ein Amt, welches mir einen anſehnli-
chen Rang in der Welt verſchafft. Zwey-

tauſend
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0306" n="278"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
&#x201E;Die&#x017F;es hat mich veranlaßt, eine Mi&#x017F;chung des<lb/>
&#x201E;La&#x0364;cherlichen und Tugendhaften zu machen. Viel-<lb/>
&#x201E;leicht i&#x017F;t meine gute Ab&#x017F;icht nicht ganz vergebens.<lb/>
&#x201E;Jch werde mich erfreuen, wenn ich erfahre, daß<lb/>
&#x201E;ein Alter aufgeho&#x0364;rt hat, la&#x0364;cherlich zu &#x017F;eyn; und<lb/>
&#x201E;daß ein Ju&#x0364;ngling &#x017F;ich gehu&#x0364;tet hat, es zu werden.<lb/>
&#x201E;Die Per&#x017F;on der Tochter des verliebten Grei&#x017F;es<lb/>
&#x201E;war zu die&#x017F;em Auftritte no&#x0364;thig. Jch brauchte<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie, die wilde Hitze eines jungen Men&#x017F;chen zu<lb/>
&#x201E;da&#x0364;mpfen, und ihn in der Hochachtung zu erhal-<lb/>
&#x201E;ten, die er &#x017F;einem alten Vater, &#x017F;o la&#x0364;cherlich auch<lb/>
&#x201E;die&#x017F;er liebte, dennoch &#x017F;chuldig blieb. Die&#x017F;es<lb/>
&#x201E;konnte niemand thun, als ein Frauenzimmer,<lb/>
&#x201E;deren Jahre und Tugend ihn zur Ehrfurcht<lb/>
&#x201E;zwangen. Jch habe mir Mu&#x0364;he gegeben, den<lb/>
&#x201E;Charakter der Fra&#x0364;ulein, welche vom Großva-<lb/>
&#x201E;ter, und Enkel zugleich geliebt worden, &#x017F;o<lb/>
&#x201E;edel und vorzu&#x0364;glich zu bilden, als es nur hat<lb/>
&#x201E;mo&#x0364;glich &#x017F;eyn wollen. Jhre Scho&#x0364;nheit und Tu-<lb/>
&#x201E;gend ent&#x017F;chuldigen das La&#x0364;cherliche eines alten<lb/>
&#x201E;Liebhabers, und das Tho&#x0364;richte eines za&#x0364;rtlichen<lb/>
&#x201E;Ju&#x0364;nglings. Was ich hier ge&#x017F;agt habe, kann<lb/>
&#x201E;als ein kurzer Vorbericht meines kleinen Ro-<lb/>
&#x201E;mans ange&#x017F;ehn werden. Jch will meine Le&#x017F;er<lb/>
&#x201E;nicht la&#x0364;nger aufhalten.</p><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Gna&#x0364;diges Fra&#x0364;ulein,</hi> </hi> </salute><lb/>
              <p><hi rendition="#in">J</hi>ch habe ein Amt, welches mir einen an&#x017F;ehnli-<lb/>
chen Rang in der Welt ver&#x017F;chafft. Zwey-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tau&#x017F;end</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0306] Satyriſche Briefe. „Dieſes hat mich veranlaßt, eine Miſchung des „Laͤcherlichen und Tugendhaften zu machen. Viel- „leicht iſt meine gute Abſicht nicht ganz vergebens. „Jch werde mich erfreuen, wenn ich erfahre, daß „ein Alter aufgehoͤrt hat, laͤcherlich zu ſeyn; und „daß ein Juͤngling ſich gehuͤtet hat, es zu werden. „Die Perſon der Tochter des verliebten Greiſes „war zu dieſem Auftritte noͤthig. Jch brauchte „ſie, die wilde Hitze eines jungen Menſchen zu „daͤmpfen, und ihn in der Hochachtung zu erhal- „ten, die er ſeinem alten Vater, ſo laͤcherlich auch „dieſer liebte, dennoch ſchuldig blieb. Dieſes „konnte niemand thun, als ein Frauenzimmer, „deren Jahre und Tugend ihn zur Ehrfurcht „zwangen. Jch habe mir Muͤhe gegeben, den „Charakter der Fraͤulein, welche vom Großva- „ter, und Enkel zugleich geliebt worden, ſo „edel und vorzuͤglich zu bilden, als es nur hat „moͤglich ſeyn wollen. Jhre Schoͤnheit und Tu- „gend entſchuldigen das Laͤcherliche eines alten „Liebhabers, und das Thoͤrichte eines zaͤrtlichen „Juͤnglings. Was ich hier geſagt habe, kann „als ein kurzer Vorbericht meines kleinen Ro- „mans angeſehn werden. Jch will meine Leſer „nicht laͤnger aufhalten. Gnaͤdiges Fraͤulein, Jch habe ein Amt, welches mir einen anſehnli- chen Rang in der Welt verſchafft. Zwey- tauſend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/306
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/306>, abgerufen am 27.11.2024.