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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"men, auf die Liebesbriefe zu antworten, die so
"herzbrechend sind, wie der Jhrige. Für dieses
"mal bin ich mit aller Hochachtung,

Mademoiselle,
Jhre Dienerinn.

"N. S. Mein Mann bittet sich ein paar Zeilen
"über den richtigen Empfang dieses Briefs
"aus, weil er in großen Sorgen steht, die
"Post möchte noch eben so unrichtig gehn,
"wie im Brachmonate des tausend sieben
"hundert und vierzigsten Jahres."

Also war der Professor verheirathet! Konn-
te er mich wohl tiefer demüthigen, als daß er mir
durch seine Frau antworten ließ? Keine Vor-
würfe sind uns Frauenzimmern bittrer, als die
uns von Frauenzimmern gemacht werden. Jch
empfand diese Wahrheit itzt doppelt, und doch
mußte ich alles verschmerzen, so sehr ich auch in
der vorigen Hoffnung betrogen, und vom neuen
beschämt war.

Alle diese unglücklichen Versuche schreckten
mich doch nicht ab, mein Glück mit gewaffneter
Faust zu verfolgen. Was ich von meinem Vater
geerbt hatte, das bestund in einigen kostbaren Pro-

cessen,
Q 4

Satyriſche Briefe.
„men, auf die Liebesbriefe zu antworten, die ſo
„herzbrechend ſind, wie der Jhrige. Fuͤr dieſes
„mal bin ich mit aller Hochachtung,

Mademoiſelle,
Jhre Dienerinn.

„N. S. Mein Mann bittet ſich ein paar Zeilen
„uͤber den richtigen Empfang dieſes Briefs
„aus, weil er in großen Sorgen ſteht, die
„Poſt moͤchte noch eben ſo unrichtig gehn,
„wie im Brachmonate des tauſend ſieben
„hundert und vierzigſten Jahres.„

Alſo war der Profeſſor verheirathet! Konn-
te er mich wohl tiefer demuͤthigen, als daß er mir
durch ſeine Frau antworten ließ? Keine Vor-
wuͤrfe ſind uns Frauenzimmern bittrer, als die
uns von Frauenzimmern gemacht werden. Jch
empfand dieſe Wahrheit itzt doppelt, und doch
mußte ich alles verſchmerzen, ſo ſehr ich auch in
der vorigen Hoffnung betrogen, und vom neuen
beſchaͤmt war.

Alle dieſe ungluͤcklichen Verſuche ſchreckten
mich doch nicht ab, mein Gluͤck mit gewaffneter
Fauſt zu verfolgen. Was ich von meinem Vater
geerbt hatte, das beſtund in einigen koſtbaren Pro-

ceſſen,
Q 4
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[247/0275] Satyriſche Briefe. „men, auf die Liebesbriefe zu antworten, die ſo „herzbrechend ſind, wie der Jhrige. Fuͤr dieſes „mal bin ich mit aller Hochachtung, Mademoiſelle, Jhre Dienerinn. „N. S. Mein Mann bittet ſich ein paar Zeilen „uͤber den richtigen Empfang dieſes Briefs „aus, weil er in großen Sorgen ſteht, die „Poſt moͤchte noch eben ſo unrichtig gehn, „wie im Brachmonate des tauſend ſieben „hundert und vierzigſten Jahres.„ Alſo war der Profeſſor verheirathet! Konn- te er mich wohl tiefer demuͤthigen, als daß er mir durch ſeine Frau antworten ließ? Keine Vor- wuͤrfe ſind uns Frauenzimmern bittrer, als die uns von Frauenzimmern gemacht werden. Jch empfand dieſe Wahrheit itzt doppelt, und doch mußte ich alles verſchmerzen, ſo ſehr ich auch in der vorigen Hoffnung betrogen, und vom neuen beſchaͤmt war. Alle dieſe ungluͤcklichen Verſuche ſchreckten mich doch nicht ab, mein Gluͤck mit gewaffneter Fauſt zu verfolgen. Was ich von meinem Vater geerbt hatte, das beſtund in einigen koſtbaren Pro- ceſſen, Q 4

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/275>, abgerufen am 26.11.2024.