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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe
Wochen ins Gefängniß. Sie können wohl glau-
ben, Gnädiger Herr, daß mich diese Vorfälle sehr
berühmt gemacht haben, und es ist bey nahe keine
ungerechte Sache, die ich nicht vertheidigen muß,
und gewiß rühmlich vertheidige. Fragen Sie ein-
mal in meiner Gegend nach, mit welchem Eifer
ich meine Gerichtsbestallungen nutze. Es giebt
gewisse Handgriffe, durch welche man das Ver-
mögen der Unterthanen an sich ziehen, und dennoch
der gerechteste Mann seyn kann. Es sind Geheim-
nisse, die ich nicht sagen kann, die ich aber zu Jh-
rem guten Vergnügen ins Werk setzen werde, wenn
Sie mir die Stelle überlassen sollten, um die ich
bitte. Fragen Sie den Herrn von - - - dessen
Gerichte ich verwalte. Er wird Jhnen sagen, wie
weit ich es in einem Jahre gebracht habe. Seine
Bauern sind alle zu Grunde gerichtet; itzt arbeite
ich noch an dem Schulzen, und ich hoffe, ihn nach
der Erndte auch an den Bettelstab zu bringen.
Es ist wahr, der Herr von - - - hat zugleich sein
ganzes Vermögen verstritten, und er ist durch die
Processe in Ansehung seines Standes weit ärmer
geworden, als seine Bauern; aber was thut das?
Er hat Recht behalten, seine trotzigen Bauern sind
gedemüthiget, und ich habe dabey ein ziemliches
Vermögen verdient. Verhungert der Herr von
- - - so ist es mein Fehler nicht; es ist ein Fehler
der theuren Gerechtigkeit, für die er zum Märtyrer
geworden ist. Jch habe weiter nichts gethan, als
was er verlangt, und was mein Amt erfodert hat.

Sie

Satyriſche Briefe
Wochen ins Gefaͤngniß. Sie koͤnnen wohl glau-
ben, Gnaͤdiger Herr, daß mich dieſe Vorfaͤlle ſehr
beruͤhmt gemacht haben, und es iſt bey nahe keine
ungerechte Sache, die ich nicht vertheidigen muß,
und gewiß ruͤhmlich vertheidige. Fragen Sie ein-
mal in meiner Gegend nach, mit welchem Eifer
ich meine Gerichtsbeſtallungen nutze. Es giebt
gewiſſe Handgriffe, durch welche man das Ver-
moͤgen der Unterthanen an ſich ziehen, und dennoch
der gerechteſte Mann ſeyn kann. Es ſind Geheim-
niſſe, die ich nicht ſagen kann, die ich aber zu Jh-
rem guten Vergnuͤgen ins Werk ſetzen werde, wenn
Sie mir die Stelle uͤberlaſſen ſollten, um die ich
bitte. Fragen Sie den Herrn von ‒ ‒ ‒ deſſen
Gerichte ich verwalte. Er wird Jhnen ſagen, wie
weit ich es in einem Jahre gebracht habe. Seine
Bauern ſind alle zu Grunde gerichtet; itzt arbeite
ich noch an dem Schulzen, und ich hoffe, ihn nach
der Erndte auch an den Bettelſtab zu bringen.
Es iſt wahr, der Herr von ‒ ‒ ‒ hat zugleich ſein
ganzes Vermoͤgen verſtritten, und er iſt durch die
Proceſſe in Anſehung ſeines Standes weit aͤrmer
geworden, als ſeine Bauern; aber was thut das?
Er hat Recht behalten, ſeine trotzigen Bauern ſind
gedemuͤthiget, und ich habe dabey ein ziemliches
Vermoͤgen verdient. Verhungert der Herr von
‒ ‒ ‒ ſo iſt es mein Fehler nicht; es iſt ein Fehler
der theuren Gerechtigkeit, fuͤr die er zum Maͤrtyrer
geworden iſt. Jch habe weiter nichts gethan, als
was er verlangt, und was mein Amt erfodert hat.

Sie
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[159/0187] Satyriſche Briefe Wochen ins Gefaͤngniß. Sie koͤnnen wohl glau- ben, Gnaͤdiger Herr, daß mich dieſe Vorfaͤlle ſehr beruͤhmt gemacht haben, und es iſt bey nahe keine ungerechte Sache, die ich nicht vertheidigen muß, und gewiß ruͤhmlich vertheidige. Fragen Sie ein- mal in meiner Gegend nach, mit welchem Eifer ich meine Gerichtsbeſtallungen nutze. Es giebt gewiſſe Handgriffe, durch welche man das Ver- moͤgen der Unterthanen an ſich ziehen, und dennoch der gerechteſte Mann ſeyn kann. Es ſind Geheim- niſſe, die ich nicht ſagen kann, die ich aber zu Jh- rem guten Vergnuͤgen ins Werk ſetzen werde, wenn Sie mir die Stelle uͤberlaſſen ſollten, um die ich bitte. Fragen Sie den Herrn von ‒ ‒ ‒ deſſen Gerichte ich verwalte. Er wird Jhnen ſagen, wie weit ich es in einem Jahre gebracht habe. Seine Bauern ſind alle zu Grunde gerichtet; itzt arbeite ich noch an dem Schulzen, und ich hoffe, ihn nach der Erndte auch an den Bettelſtab zu bringen. Es iſt wahr, der Herr von ‒ ‒ ‒ hat zugleich ſein ganzes Vermoͤgen verſtritten, und er iſt durch die Proceſſe in Anſehung ſeines Standes weit aͤrmer geworden, als ſeine Bauern; aber was thut das? Er hat Recht behalten, ſeine trotzigen Bauern ſind gedemuͤthiget, und ich habe dabey ein ziemliches Vermoͤgen verdient. Verhungert der Herr von ‒ ‒ ‒ ſo iſt es mein Fehler nicht; es iſt ein Fehler der theuren Gerechtigkeit, fuͤr die er zum Maͤrtyrer geworden iſt. Jch habe weiter nichts gethan, als was er verlangt, und was mein Amt erfodert hat. Sie

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/187>, abgerufen am 23.11.2024.