Rathsherr möchte ich nun freylich gern werden. Jch habe mir immer so ein Aemtchen ge- wünscht, bey dem man den Körper schonen kann. Sie wissen es, Herr Schwager, ich bin ein wenig langsam und bedächtig, gut, wie ein Kind; alle heftige Bewegungen leidet mein starker Körper nicht. Aber das wäre recht, wie ich mirs wünsch- te. Meynen Sie nicht, daß ich es werden könn- te? Reden Sie einmal mit dem Herrn Bürge- meister. Er soll einen recht frommen, und lieben Collegen an mir haben; mit Willen wenigstens will ich ihn niemals erzürnen, den ehrlichen Mann! Reden Sie einmal mit ihm. Aber sollte er es wohl nicht gern sehen? Je nun, wissen Sie was, Herr Schwager, wenn es auch nicht ist, so mag es das mal bleiben. Jch möchte ihn nicht böse machen. Reden Sie nur mit ihm. Meine Frau, sie hat auch ihr Köpfchen vor sich, wie eine andre Frau, meine Frau spricht immer zu mir: Mann! wird denn nimmermehr nichts aus dir? willst du denn ein ewger fauler Schlingel bleiben? Laß es gut seyn, mein Engelchen, spreche ich zu ihr, es wird sich schon geben! Sehn Sie, Herr Schwa- ger, das wäre nun so eine Ursache, warum ich mich gern in den Rath wünschte. Der liebe Hausfriede! - - Sie verstehn mich schon. Das
Weib-
Satyriſche Briefe.
Vielgeliebteſter Herr Schwager,
Rathsherr moͤchte ich nun freylich gern werden. Jch habe mir immer ſo ein Aemtchen ge- wuͤnſcht, bey dem man den Koͤrper ſchonen kann. Sie wiſſen es, Herr Schwager, ich bin ein wenig langſam und bedaͤchtig, gut, wie ein Kind; alle heftige Bewegungen leidet mein ſtarker Koͤrper nicht. Aber das waͤre recht, wie ich mirs wuͤnſch- te. Meynen Sie nicht, daß ich es werden koͤnn- te? Reden Sie einmal mit dem Herrn Buͤrge- meiſter. Er ſoll einen recht frommen, und lieben Collegen an mir haben; mit Willen wenigſtens will ich ihn niemals erzuͤrnen, den ehrlichen Mann! Reden Sie einmal mit ihm. Aber ſollte er es wohl nicht gern ſehen? Je nun, wiſſen Sie was, Herr Schwager, wenn es auch nicht iſt, ſo mag es das mal bleiben. Jch moͤchte ihn nicht boͤſe machen. Reden Sie nur mit ihm. Meine Frau, ſie hat auch ihr Koͤpfchen vor ſich, wie eine andre Frau, meine Frau ſpricht immer zu mir: Mann! wird denn nimmermehr nichts aus dir? willſt du denn ein ewger fauler Schlingel bleiben? Laß es gut ſeyn, mein Engelchen, ſpreche ich zu ihr, es wird ſich ſchon geben! Sehn Sie, Herr Schwa- ger, das waͤre nun ſo eine Urſache, warum ich mich gern in den Rath wuͤnſchte. Der liebe Hausfriede! ‒ ‒ Sie verſtehn mich ſchon. Das
Weib-
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Satyriſche Briefe.
Vielgeliebteſter Herr Schwager,
Rathsherr moͤchte ich nun freylich gern werden.
Jch habe mir immer ſo ein Aemtchen ge-
wuͤnſcht, bey dem man den Koͤrper ſchonen kann.
Sie wiſſen es, Herr Schwager, ich bin ein wenig
langſam und bedaͤchtig, gut, wie ein Kind; alle
heftige Bewegungen leidet mein ſtarker Koͤrper
nicht. Aber das waͤre recht, wie ich mirs wuͤnſch-
te. Meynen Sie nicht, daß ich es werden koͤnn-
te? Reden Sie einmal mit dem Herrn Buͤrge-
meiſter. Er ſoll einen recht frommen, und lieben
Collegen an mir haben; mit Willen wenigſtens
will ich ihn niemals erzuͤrnen, den ehrlichen Mann!
Reden Sie einmal mit ihm. Aber ſollte er es
wohl nicht gern ſehen? Je nun, wiſſen Sie was,
Herr Schwager, wenn es auch nicht iſt, ſo mag
es das mal bleiben. Jch moͤchte ihn nicht boͤſe
machen. Reden Sie nur mit ihm. Meine Frau,
ſie hat auch ihr Koͤpfchen vor ſich, wie eine andre
Frau, meine Frau ſpricht immer zu mir: Mann!
wird denn nimmermehr nichts aus dir? willſt du
denn ein ewger fauler Schlingel bleiben? Laß es
gut ſeyn, mein Engelchen, ſpreche ich zu ihr, es
wird ſich ſchon geben! Sehn Sie, Herr Schwa-
ger, das waͤre nun ſo eine Urſache, warum ich
mich gern in den Rath wuͤnſchte. Der liebe
Hausfriede! ‒ ‒ Sie verſtehn mich ſchon. Das
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/170>, abgerufen am 23.11.2024.
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