[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.Satyrische Briefe. "Partheyen entschieden, sondern durch die Actien,"die der eine oder der andre von ihnen bey unsern "Obern hat. Damit ich nicht das geringste ver- "absäume, wodurch dem gemeinen Wesen gehol- "fen werden könne: so zeige ich in meiner Abhand- "lung, wie man diese Verbindungen der Parthey- "en durch die gewöhnlichen Stammbäume ausfindig "machen kann. Jch zeige auch, wie man die "Grade zählen muß, welches von der gewöhnlichen "Art ganz abgeht, weil durch diese Art der Stamm- "bäume nicht so wohl die Verwandtschaften, als "die politischen Verbindungen der Partheyen mit "den Obern ausfindig gemacht werden sollen. Es "sind in diesem Capitel viele Aufgaben, welche den "Verstand eines jungen Richters üben können, wenn "er sich die Mühe geben will, die Stammbäume "daraus zu verfertigen. Die Fälle, von denen "ich daselbst rede, habe ich aus solchen Acten ge- "nommen, welche vor den ansehnlichsten Richter- "stuben, und Commissionen ergangen sind. Da- "mit ich den Lesern einen hohen Begriff von der "Wichtigkeit meines Vorschlags beybringe: so will "ich ihnen nur eine von so vielen Aufgaben erzäh- "len, die ich angeführt habe. Es ist folgend. Ca- "jus klagt wider den Sempronius aus einem Te- "stamente, wegen eines Vermächtnisses von fünf- "hundert Thalern. Das Testament hat seine "Richtigkeit. Sempronius räumt es selbst ein; "es ist ihm durch wiederholte Urthel auferlegt wor- "den, die fünfhundert Thaler zu bezahlen; alle Appella-
Satyriſche Briefe. „Partheyen entſchieden, ſondern durch die Actien,„die der eine oder der andre von ihnen bey unſern „Obern hat. Damit ich nicht das geringſte ver- „abſaͤume, wodurch dem gemeinen Weſen gehol- „fen werden koͤnne: ſo zeige ich in meiner Abhand- „lung, wie man dieſe Verbindungen der Parthey- „en durch die gewoͤhnlichen Stammbaͤume ausfindig „machen kann. Jch zeige auch, wie man die „Grade zaͤhlen muß, welches von der gewoͤhnlichen „Art ganz abgeht, weil durch dieſe Art der Stamm- „baͤume nicht ſo wohl die Verwandtſchaften, als „die politiſchen Verbindungen der Partheyen mit „den Obern ausfindig gemacht werden ſollen. Es „ſind in dieſem Capitel viele Aufgaben, welche den „Verſtand eines jungen Richters uͤben koͤnnen, wenn „er ſich die Muͤhe geben will, die Stammbaͤume „daraus zu verfertigen. Die Faͤlle, von denen „ich daſelbſt rede, habe ich aus ſolchen Acten ge- „nommen, welche vor den anſehnlichſten Richter- „ſtuben, und Commiſſionen ergangen ſind. Da- „mit ich den Leſern einen hohen Begriff von der „Wichtigkeit meines Vorſchlags beybringe: ſo will „ich ihnen nur eine von ſo vielen Aufgaben erzaͤh- „len, die ich angefuͤhrt habe. Es iſt folgend. Ca- „jus klagt wider den Sempronius aus einem Te- „ſtamente, wegen eines Vermaͤchtniſſes von fuͤnf- „hundert Thalern. Das Teſtament hat ſeine „Richtigkeit. Sempronius raͤumt es ſelbſt ein; „es iſt ihm durch wiederholte Urthel auferlegt wor- „den, die fuͤnfhundert Thaler zu bezahlen; alle Appella-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0156" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/> „Partheyen entſchieden, ſondern durch die Actien,<lb/> „die der eine oder der andre von ihnen bey unſern<lb/> „Obern hat. Damit ich nicht das geringſte ver-<lb/> „abſaͤume, wodurch dem gemeinen Weſen gehol-<lb/> „fen werden koͤnne: ſo zeige ich in meiner Abhand-<lb/> „lung, wie man dieſe Verbindungen der Parthey-<lb/> „en durch die gewoͤhnlichen Stammbaͤume ausfindig<lb/> „machen kann. Jch zeige auch, wie man die<lb/> „Grade zaͤhlen muß, welches von der gewoͤhnlichen<lb/> „Art ganz abgeht, weil durch dieſe Art der Stamm-<lb/> „baͤume nicht ſo wohl die Verwandtſchaften, als<lb/> „die politiſchen Verbindungen der Partheyen mit<lb/> „den Obern ausfindig gemacht werden ſollen. Es<lb/> „ſind in dieſem Capitel viele Aufgaben, welche den<lb/> „Verſtand eines jungen Richters uͤben koͤnnen, wenn<lb/> „er ſich die Muͤhe geben will, die Stammbaͤume<lb/> „daraus zu verfertigen. Die Faͤlle, von denen<lb/> „ich daſelbſt rede, habe ich aus ſolchen Acten ge-<lb/> „nommen, welche vor den anſehnlichſten Richter-<lb/> „ſtuben, und Commiſſionen ergangen ſind. Da-<lb/> „mit ich den Leſern einen hohen Begriff von der<lb/> „Wichtigkeit meines Vorſchlags beybringe: ſo will<lb/> „ich ihnen nur eine von ſo vielen Aufgaben erzaͤh-<lb/> „len, die ich angefuͤhrt habe. Es iſt folgend. Ca-<lb/> „jus klagt wider den Sempronius aus einem Te-<lb/> „ſtamente, wegen eines Vermaͤchtniſſes von fuͤnf-<lb/> „hundert Thalern. Das Teſtament hat ſeine<lb/> „Richtigkeit. Sempronius raͤumt es ſelbſt ein;<lb/> „es iſt ihm durch wiederholte Urthel auferlegt wor-<lb/> „den, die fuͤnfhundert Thaler zu bezahlen; alle<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Appella-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [128/0156]
Satyriſche Briefe.
„Partheyen entſchieden, ſondern durch die Actien,
„die der eine oder der andre von ihnen bey unſern
„Obern hat. Damit ich nicht das geringſte ver-
„abſaͤume, wodurch dem gemeinen Weſen gehol-
„fen werden koͤnne: ſo zeige ich in meiner Abhand-
„lung, wie man dieſe Verbindungen der Parthey-
„en durch die gewoͤhnlichen Stammbaͤume ausfindig
„machen kann. Jch zeige auch, wie man die
„Grade zaͤhlen muß, welches von der gewoͤhnlichen
„Art ganz abgeht, weil durch dieſe Art der Stamm-
„baͤume nicht ſo wohl die Verwandtſchaften, als
„die politiſchen Verbindungen der Partheyen mit
„den Obern ausfindig gemacht werden ſollen. Es
„ſind in dieſem Capitel viele Aufgaben, welche den
„Verſtand eines jungen Richters uͤben koͤnnen, wenn
„er ſich die Muͤhe geben will, die Stammbaͤume
„daraus zu verfertigen. Die Faͤlle, von denen
„ich daſelbſt rede, habe ich aus ſolchen Acten ge-
„nommen, welche vor den anſehnlichſten Richter-
„ſtuben, und Commiſſionen ergangen ſind. Da-
„mit ich den Leſern einen hohen Begriff von der
„Wichtigkeit meines Vorſchlags beybringe: ſo will
„ich ihnen nur eine von ſo vielen Aufgaben erzaͤh-
„len, die ich angefuͤhrt habe. Es iſt folgend. Ca-
„jus klagt wider den Sempronius aus einem Te-
„ſtamente, wegen eines Vermaͤchtniſſes von fuͤnf-
„hundert Thalern. Das Teſtament hat ſeine
„Richtigkeit. Sempronius raͤumt es ſelbſt ein;
„es iſt ihm durch wiederholte Urthel auferlegt wor-
„den, die fuͤnfhundert Thaler zu bezahlen; alle
Appella-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |