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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
viel Vermögen hat, mir die dreyhundert Thaler
zu bezahlen, die ich von ihm aus dem Testamente
fodere; der durch den Mangel so weit gebracht
ist, daß er sich nicht schämt, mir die Richtigkeit
der Foderung zu leugnen; der Mann, der gestern
das Glück hatte, von Jhnen bedauert zu werden;
dieser Mann hat heute einen Befehl gebracht, daß
er den Rang über den Herrn Amtmann haben solle.
Sehn Sie, Madame, so bald Sie nun wieder
mit seiner Frau in Gesellschaft kommen: so werden
Sie Jhren Platz zu nehmen wissen, der Jhnen
nach dem Befehle gehört. Die guten Zeiten sind
vorbey, wo die Frau Amtmanninn obenan saß,
und alsdann erst Madame. Gewiß, bedauren
Sie mich immer ein wenig, ich verliere am meisten
dabey. Wird nun der Herr Amtmann wohl noch
das Herz haben, mir wider einen Mann Recht zu
verschaffen, den die Vorsicht so hoch über ihn und
seine Frau erhoben hat? Jch beklage Sie von gan-
zem Herzen. Mehr kann ich nicht thun. Bey
allen diesen Unglücksfällen, die Sie treffen, bin ich
dennoch mit der größten Ehrfurcht,

Hochzuehrende Frau Amtmanninn,
Jhr

gehorsamster Diener.
Gnä-
H

Satyriſche Briefe.
viel Vermoͤgen hat, mir die dreyhundert Thaler
zu bezahlen, die ich von ihm aus dem Teſtamente
fodere; der durch den Mangel ſo weit gebracht
iſt, daß er ſich nicht ſchaͤmt, mir die Richtigkeit
der Foderung zu leugnen; der Mann, der geſtern
das Gluͤck hatte, von Jhnen bedauert zu werden;
dieſer Mann hat heute einen Befehl gebracht, daß
er den Rang uͤber den Herrn Amtmann haben ſolle.
Sehn Sie, Madame, ſo bald Sie nun wieder
mit ſeiner Frau in Geſellſchaft kommen: ſo werden
Sie Jhren Platz zu nehmen wiſſen, der Jhnen
nach dem Befehle gehoͤrt. Die guten Zeiten ſind
vorbey, wo die Frau Amtmanninn obenan ſaß,
und alsdann erſt Madame. Gewiß, bedauren
Sie mich immer ein wenig, ich verliere am meiſten
dabey. Wird nun der Herr Amtmann wohl noch
das Herz haben, mir wider einen Mann Recht zu
verſchaffen, den die Vorſicht ſo hoch uͤber ihn und
ſeine Frau erhoben hat? Jch beklage Sie von gan-
zem Herzen. Mehr kann ich nicht thun. Bey
allen dieſen Ungluͤcksfaͤllen, die Sie treffen, bin ich
dennoch mit der groͤßten Ehrfurcht,

Hochzuehrende Frau Amtmanninn,
Jhr

gehorſamſter Diener.
Gnaͤ-
H
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[113/0141] Satyriſche Briefe. viel Vermoͤgen hat, mir die dreyhundert Thaler zu bezahlen, die ich von ihm aus dem Teſtamente fodere; der durch den Mangel ſo weit gebracht iſt, daß er ſich nicht ſchaͤmt, mir die Richtigkeit der Foderung zu leugnen; der Mann, der geſtern das Gluͤck hatte, von Jhnen bedauert zu werden; dieſer Mann hat heute einen Befehl gebracht, daß er den Rang uͤber den Herrn Amtmann haben ſolle. Sehn Sie, Madame, ſo bald Sie nun wieder mit ſeiner Frau in Geſellſchaft kommen: ſo werden Sie Jhren Platz zu nehmen wiſſen, der Jhnen nach dem Befehle gehoͤrt. Die guten Zeiten ſind vorbey, wo die Frau Amtmanninn obenan ſaß, und alsdann erſt Madame. Gewiß, bedauren Sie mich immer ein wenig, ich verliere am meiſten dabey. Wird nun der Herr Amtmann wohl noch das Herz haben, mir wider einen Mann Recht zu verſchaffen, den die Vorſicht ſo hoch uͤber ihn und ſeine Frau erhoben hat? Jch beklage Sie von gan- zem Herzen. Mehr kann ich nicht thun. Bey allen dieſen Ungluͤcksfaͤllen, die Sie treffen, bin ich dennoch mit der groͤßten Ehrfurcht, Hochzuehrende Frau Amtmanninn, Jhr gehorſamſter Diener. Gnaͤ- H

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/141>, abgerufen am 17.05.2024.