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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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von Buchdruckerstöcken.
"vor den magersten, und abgeschmacktesten Abhand-
"lungen stehen. Sie kommen mir daher nicht viel
"anders vor, als diejenigen Tafeln, auf welchen
"die kostbarsten Speisen und Getränke gemalt sind,
"und welche öfters vor solchen Gasthöfen hängen,
"in denen man gleichwohl kaum so viel bekommen
"kann, als zur Stillung des Hungers und Durstes
"nöthia ist." So weit unser Will Lightbury,
könnte ich sagen; und es wäre allerdings verwegen
genug von mir gehandelt, wenn ich sprechen wollte,
daß diese Stelle in einem englischen Scribenten
stünde, da in der ganzen Welt niemals ein Will
Lightbury
gewesen, und überhaupt von allem dem
nicht ein Wort wahr ist, was dieser soll gesagt haben.
Dem ohngeachtet würde ich diese dreiste Lügen mit
dem wohlhergebrachten Rechte der Autoren, und
mit den herrlichsten Exempeln bewährter Schrift-
steller beweisen können, welche im Falle der Noth
mit eignen Händen alte Manuscripte und Docu-
mente verfertigen, und noch öfterer sehr umständ-
lich sich auf die Zeugnisse großer Männer beziehen,
welche sie gleichwohl so wenig kennen, und gelesen
haben, als ich und meine Leser den Will Lightbury.
Ja, was noch mehr, ich erlebte wohl gar in kurzer
Zeit das Vergnügen, daß andre in mehr, als einer
philosophischen Disputation, auf Treu und Glau-
ben sich auf den Ausspruch meines Will Lightbu-
rys
beruften; und wer weis, ob sich nicht jemand
des gemeinen Bestens so väterlich annähme, und
eine Schrift unter diesem Titel abfaßte. "Ver-
"such einer abgenöthigten Vertheidigung wider die

"gefähr-
F 2

von Buchdruckerſtoͤcken.
„vor den magerſten, und abgeſchmackteſten Abhand-
„lungen ſtehen. Sie kommen mir daher nicht viel
„anders vor, als diejenigen Tafeln, auf welchen
„die koſtbarſten Speiſen und Getraͤnke gemalt ſind,
„und welche oͤfters vor ſolchen Gaſthoͤfen haͤngen,
„in denen man gleichwohl kaum ſo viel bekommen
„kann, als zur Stillung des Hungers und Durſtes
„noͤthia iſt.„ So weit unſer Will Lightbury,
koͤnnte ich ſagen; und es waͤre allerdings verwegen
genug von mir gehandelt, wenn ich ſprechen wollte,
daß dieſe Stelle in einem engliſchen Scribenten
ſtuͤnde, da in der ganzen Welt niemals ein Will
Lightbury
geweſen, und uͤberhaupt von allem dem
nicht ein Wort wahr iſt, was dieſer ſoll geſagt haben.
Dem ohngeachtet wuͤrde ich dieſe dreiſte Luͤgen mit
dem wohlhergebrachten Rechte der Autoren, und
mit den herrlichſten Exempeln bewaͤhrter Schrift-
ſteller beweiſen koͤnnen, welche im Falle der Noth
mit eignen Haͤnden alte Manuſcripte und Docu-
mente verfertigen, und noch oͤfterer ſehr umſtaͤnd-
lich ſich auf die Zeugniſſe großer Maͤnner beziehen,
welche ſie gleichwohl ſo wenig kennen, und geleſen
haben, als ich und meine Leſer den Will Lightbury.
Ja, was noch mehr, ich erlebte wohl gar in kurzer
Zeit das Vergnuͤgen, daß andre in mehr, als einer
philoſophiſchen Diſputation, auf Treu und Glau-
ben ſich auf den Ausſpruch meines Will Lightbu-
rys
beruften; und wer weis, ob ſich nicht jemand
des gemeinen Beſtens ſo vaͤterlich annaͤhme, und
eine Schrift unter dieſem Titel abfaßte. „Ver-
„ſuch einer abgenoͤthigten Vertheidigung wider die

„gefaͤhr-
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[83/0083] von Buchdruckerſtoͤcken. „vor den magerſten, und abgeſchmackteſten Abhand- „lungen ſtehen. Sie kommen mir daher nicht viel „anders vor, als diejenigen Tafeln, auf welchen „die koſtbarſten Speiſen und Getraͤnke gemalt ſind, „und welche oͤfters vor ſolchen Gaſthoͤfen haͤngen, „in denen man gleichwohl kaum ſo viel bekommen „kann, als zur Stillung des Hungers und Durſtes „noͤthia iſt.„ So weit unſer Will Lightbury, koͤnnte ich ſagen; und es waͤre allerdings verwegen genug von mir gehandelt, wenn ich ſprechen wollte, daß dieſe Stelle in einem engliſchen Scribenten ſtuͤnde, da in der ganzen Welt niemals ein Will Lightbury geweſen, und uͤberhaupt von allem dem nicht ein Wort wahr iſt, was dieſer ſoll geſagt haben. Dem ohngeachtet wuͤrde ich dieſe dreiſte Luͤgen mit dem wohlhergebrachten Rechte der Autoren, und mit den herrlichſten Exempeln bewaͤhrter Schrift- ſteller beweiſen koͤnnen, welche im Falle der Noth mit eignen Haͤnden alte Manuſcripte und Docu- mente verfertigen, und noch oͤfterer ſehr umſtaͤnd- lich ſich auf die Zeugniſſe großer Maͤnner beziehen, welche ſie gleichwohl ſo wenig kennen, und geleſen haben, als ich und meine Leſer den Will Lightbury. Ja, was noch mehr, ich erlebte wohl gar in kurzer Zeit das Vergnuͤgen, daß andre in mehr, als einer philoſophiſchen Diſputation, auf Treu und Glau- ben ſich auf den Ausſpruch meines Will Lightbu- rys beruften; und wer weis, ob ſich nicht jemand des gemeinen Beſtens ſo vaͤterlich annaͤhme, und eine Schrift unter dieſem Titel abfaßte. „Ver- „ſuch einer abgenoͤthigten Vertheidigung wider die „gefaͤhr- F 2

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/83>, abgerufen am 25.11.2024.