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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Beytrag
wir von seinen Gedichten nur noch wenige Bogen
übrig haben. Und dennoch nennt ihn jedermann,
den großen Phokles!

Welcher Mischmasch! ruft Mäv. Ein Dich-
ter, der durch wenige Bogen berühmt worden ist!
Der gegen seine eignen Lieder unempfindlich ist!
Der andre Dichter für größer gehalten hat, als
sich! Ein Dichter, der ein großer Mann, und doch
so gewesen ist, wie Phokles! Jst wohl was unge-
reimters? Jst wohl jemals etwas unwahrscheinli-
chers gefunden worden, als dieses? Du hast Recht,
Mäv! Aber eben darum ist die Geschichte des Pho-
kles
eine Fabel; und eine Fabel wird es seyn, so
bald ich der Welt erzähle, daß du ein geschickter
Dichter seyst! Dieses mag von denen Fabeln zur
Probe genug seyn, die ich liefern würde, wenn ich
ein Poet wäre. Es ist ewig Schade, daß ich kei-
ner bin.

Diesen Augenblick höre ich, daß mein Haus-
wirth in den letzten Zügen liegt. Wenn er doch
nur dasmal stürbe! Jch bin einmal in vollem
Schreiben, und die Standrede würde ich doch ver-
muthlich thun müssen. Meine Leser sollten es auch
zu genießen haben. Jch wollte die Rede drucken
lassen. Wie prächtig würde sich das ausnehmen,
wenn mein Verleger diesen Titel an seinen Laden
kleben ließe!

PhOBERO-

Beytrag
wir von ſeinen Gedichten nur noch wenige Bogen
uͤbrig haben. Und dennoch nennt ihn jedermann,
den großen Phokles!

Welcher Miſchmaſch! ruft Maͤv. Ein Dich-
ter, der durch wenige Bogen beruͤhmt worden iſt!
Der gegen ſeine eignen Lieder unempfindlich iſt!
Der andre Dichter fuͤr groͤßer gehalten hat, als
ſich! Ein Dichter, der ein großer Mann, und doch
ſo geweſen iſt, wie Phokles! Jſt wohl was unge-
reimters? Jſt wohl jemals etwas unwahrſcheinli-
chers gefunden worden, als dieſes? Du haſt Recht,
Maͤv! Aber eben darum iſt die Geſchichte des Pho-
kles
eine Fabel; und eine Fabel wird es ſeyn, ſo
bald ich der Welt erzaͤhle, daß du ein geſchickter
Dichter ſeyſt! Dieſes mag von denen Fabeln zur
Probe genug ſeyn, die ich liefern wuͤrde, wenn ich
ein Poet waͤre. Es iſt ewig Schade, daß ich kei-
ner bin.

Dieſen Augenblick hoͤre ich, daß mein Haus-
wirth in den letzten Zuͤgen liegt. Wenn er doch
nur dasmal ſtuͤrbe! Jch bin einmal in vollem
Schreiben, und die Standrede wuͤrde ich doch ver-
muthlich thun muͤſſen. Meine Leſer ſollten es auch
zu genießen haben. Jch wollte die Rede drucken
laſſen. Wie praͤchtig wuͤrde ſich das ausnehmen,
wenn mein Verleger dieſen Titel an ſeinen Laden
kleben ließe!

ΦΟΒΕΡΟ-
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[224/0224] Beytrag wir von ſeinen Gedichten nur noch wenige Bogen uͤbrig haben. Und dennoch nennt ihn jedermann, den großen Phokles! Welcher Miſchmaſch! ruft Maͤv. Ein Dich- ter, der durch wenige Bogen beruͤhmt worden iſt! Der gegen ſeine eignen Lieder unempfindlich iſt! Der andre Dichter fuͤr groͤßer gehalten hat, als ſich! Ein Dichter, der ein großer Mann, und doch ſo geweſen iſt, wie Phokles! Jſt wohl was unge- reimters? Jſt wohl jemals etwas unwahrſcheinli- chers gefunden worden, als dieſes? Du haſt Recht, Maͤv! Aber eben darum iſt die Geſchichte des Pho- kles eine Fabel; und eine Fabel wird es ſeyn, ſo bald ich der Welt erzaͤhle, daß du ein geſchickter Dichter ſeyſt! Dieſes mag von denen Fabeln zur Probe genug ſeyn, die ich liefern wuͤrde, wenn ich ein Poet waͤre. Es iſt ewig Schade, daß ich kei- ner bin. Dieſen Augenblick hoͤre ich, daß mein Haus- wirth in den letzten Zuͤgen liegt. Wenn er doch nur dasmal ſtuͤrbe! Jch bin einmal in vollem Schreiben, und die Standrede wuͤrde ich doch ver- muthlich thun muͤſſen. Meine Leſer ſollten es auch zu genießen haben. Jch wollte die Rede drucken laſſen. Wie praͤchtig wuͤrde ſich das ausnehmen, wenn mein Verleger dieſen Titel an ſeinen Laden kleben ließe! ΦΟΒΕΡΟ-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/224>, abgerufen am 23.11.2024.