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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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eines deutschen Wörterbuchs.
der Alpen hält er das Gleichgewicht. Er lacht
recht in die Faust, wenn er in Gesellschaften von
dem Prätendenten sprechen hört; denn das läßt er
sich nicht ausreden, daß der Prätendent durch seine
schlauen Anschläge bis nach Edenburg gekommen
ist. Weiter aber darf er durchaus nicht, oder er
macht Friede in Schlesien, denn er hat die Absicht
gar nicht, den König von Engelland ganz zu ruiniren.
Mit Rußland ist er gar nicht zufrieden, und ich ha-
be ihn seit etlichen Tagen so tiefsinnig herum gehen
sehen, daß ich sehr befürchte, es dürfte mit nächstem
eine große Meuterey wider die Czaarinn auf seiner
Studierstube ausbrechen. Denn das kann ich der
Welt zum Troste sagen, daß sich seine politische Ge-
lehrsamkeit nicht weiter erstreckt, als die vier Wände
seiner Studierstube gehen. Bey alle dem aber
schreibt er doch sehr viel Staatssachen, und so gar
politische Monatschriften, doch werden sie, dem Him-
mel sey Dank! nicht gedruckt. Er behält sie alle
im Concepte, und sagt: Dieses sey ein heimlicher
Schatz, welchen er seinen Kindern sammle. Jtzt
arbeitet er an einer Deduction, worinnen er die ge-
rechten Ansprüche des Königs in Frankreich an das
orientalische Kayserthum ausführt. Er hat es dem
Cardinal Tencin dedicirt, aber auch nur im Manu-
scripte, und nennt es in der Ueberschrift, wie leicht
zu glauben ist, eine gründlichgelehrte Deduction.
Sollte dieser gründlichgelehrte Mann nicht noch in
diesem Jahre, wie ich doch fast hoffe, ins Tollhaus
gesperrt werden: So werde ich ihn doch, wenn er

künf-

eines deutſchen Woͤrterbuchs.
der Alpen haͤlt er das Gleichgewicht. Er lacht
recht in die Fauſt, wenn er in Geſellſchaften von
dem Praͤtendenten ſprechen hoͤrt; denn das laͤßt er
ſich nicht ausreden, daß der Praͤtendent durch ſeine
ſchlauen Anſchlaͤge bis nach Edenburg gekommen
iſt. Weiter aber darf er durchaus nicht, oder er
macht Friede in Schleſien, denn er hat die Abſicht
gar nicht, den Koͤnig von Engelland ganz zu ruiniren.
Mit Rußland iſt er gar nicht zufrieden, und ich ha-
be ihn ſeit etlichen Tagen ſo tiefſinnig herum gehen
ſehen, daß ich ſehr befuͤrchte, es duͤrfte mit naͤchſtem
eine große Meuterey wider die Czaarinn auf ſeiner
Studierſtube ausbrechen. Denn das kann ich der
Welt zum Troſte ſagen, daß ſich ſeine politiſche Ge-
lehrſamkeit nicht weiter erſtreckt, als die vier Waͤnde
ſeiner Studierſtube gehen. Bey alle dem aber
ſchreibt er doch ſehr viel Staatsſachen, und ſo gar
politiſche Monatſchriften, doch werden ſie, dem Him-
mel ſey Dank! nicht gedruckt. Er behaͤlt ſie alle
im Concepte, und ſagt: Dieſes ſey ein heimlicher
Schatz, welchen er ſeinen Kindern ſammle. Jtzt
arbeitet er an einer Deduction, worinnen er die ge-
rechten Anſpruͤche des Koͤnigs in Frankreich an das
orientaliſche Kayſerthum ausfuͤhrt. Er hat es dem
Cardinal Tencin dedicirt, aber auch nur im Manu-
ſcripte, und nennt es in der Ueberſchrift, wie leicht
zu glauben iſt, eine gruͤndlichgelehrte Deduction.
Sollte dieſer gruͤndlichgelehrte Mann nicht noch in
dieſem Jahre, wie ich doch faſt hoffe, ins Tollhaus
geſperrt werden: So werde ich ihn doch, wenn er

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[191/0191] eines deutſchen Woͤrterbuchs. der Alpen haͤlt er das Gleichgewicht. Er lacht recht in die Fauſt, wenn er in Geſellſchaften von dem Praͤtendenten ſprechen hoͤrt; denn das laͤßt er ſich nicht ausreden, daß der Praͤtendent durch ſeine ſchlauen Anſchlaͤge bis nach Edenburg gekommen iſt. Weiter aber darf er durchaus nicht, oder er macht Friede in Schleſien, denn er hat die Abſicht gar nicht, den Koͤnig von Engelland ganz zu ruiniren. Mit Rußland iſt er gar nicht zufrieden, und ich ha- be ihn ſeit etlichen Tagen ſo tiefſinnig herum gehen ſehen, daß ich ſehr befuͤrchte, es duͤrfte mit naͤchſtem eine große Meuterey wider die Czaarinn auf ſeiner Studierſtube ausbrechen. Denn das kann ich der Welt zum Troſte ſagen, daß ſich ſeine politiſche Ge- lehrſamkeit nicht weiter erſtreckt, als die vier Waͤnde ſeiner Studierſtube gehen. Bey alle dem aber ſchreibt er doch ſehr viel Staatsſachen, und ſo gar politiſche Monatſchriften, doch werden ſie, dem Him- mel ſey Dank! nicht gedruckt. Er behaͤlt ſie alle im Concepte, und ſagt: Dieſes ſey ein heimlicher Schatz, welchen er ſeinen Kindern ſammle. Jtzt arbeitet er an einer Deduction, worinnen er die ge- rechten Anſpruͤche des Koͤnigs in Frankreich an das orientaliſche Kayſerthum ausfuͤhrt. Er hat es dem Cardinal Tencin dedicirt, aber auch nur im Manu- ſcripte, und nennt es in der Ueberſchrift, wie leicht zu glauben iſt, eine gruͤndlichgelehrte Deduction. Sollte dieſer gruͤndlichgelehrte Mann nicht noch in dieſem Jahre, wie ich doch faſt hoffe, ins Tollhaus geſperrt werden: So werde ich ihn doch, wenn er kuͤnf-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/191>, abgerufen am 25.11.2024.