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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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eines deutschen Wörterbuchs.
ge Zweydrittheile einwechselt. Nur ohnlängst ist er
in eine sehr heftige Verbitterung mit einem andern
auch so gelehrten Manne gerathen. Sie schimpf-
ten einander in Schriften dergestalt, daß die Leser
ganz zweifelhaft wurden, welcher unter beiden ei-
gentlich der größte Narr wäre. Die ganze Mord-
geschichte veranlaßte eine Gemma. Mein Vetter
sagte, sie stellte die Venerem victricem vor; sein
Widersacher aber behauptete, sie bedeute die Vene-
rem armatam
der Lacedämonier. Auf beiden Sei-
ten ward die Heftigkeit zum höchsten getrieben. Und
wie unglücklich hätte nicht auch die gelehrte Welt
werden können, wenn diese wichtige Wahrheit un-
ausgemacht geblieben wäre! Venus war es gewiß;
darinnen waren diese großen Männer einig. Ob sie
aber victrix oder armata seyn sollte, das war
noch ungewiß. Sie giengen in ihrem Eifer so weit,
daß eine ordentliche Zerrüttung unter ihrer Familie
entstund. Selbst die Weiber dieser beyden Gelehr-
ten grüßten einander nicht mehr. Sie wußten zwar
gar nicht, worauf der Streit ankam, aber dennoch
schimpften sie einander so muthig, als ihre Männer
kaum thun konnten. Endlich ward das Ding gar zu
arg. Die andern Gelehrten schlugen sich ins Mittel.
Man untersuchte die Sache. Es blieb Venus vi-
ctrix!
Wie froh war mein Vetter! Er ließ die gan-
zen Streitschriften zusammen drucken, und war so li-
stig, daß er auf das Titelblatt die Worte setzen ließ:

- - - - - - Quid me galeata lacessis?
Vincere si possum nuda, quid arma tenens;
Ueber-

eines deutſchen Woͤrterbuchs.
ge Zweydrittheile einwechſelt. Nur ohnlaͤngſt iſt er
in eine ſehr heftige Verbitterung mit einem andern
auch ſo gelehrten Manne gerathen. Sie ſchimpf-
ten einander in Schriften dergeſtalt, daß die Leſer
ganz zweifelhaft wurden, welcher unter beiden ei-
gentlich der groͤßte Narr waͤre. Die ganze Mord-
geſchichte veranlaßte eine Gemma. Mein Vetter
ſagte, ſie ſtellte die Venerem victricem vor; ſein
Widerſacher aber behauptete, ſie bedeute die Vene-
rem armatam
der Lacedaͤmonier. Auf beiden Sei-
ten ward die Heftigkeit zum hoͤchſten getrieben. Und
wie ungluͤcklich haͤtte nicht auch die gelehrte Welt
werden koͤnnen, wenn dieſe wichtige Wahrheit un-
ausgemacht geblieben waͤre! Venus war es gewiß;
darinnen waren dieſe großen Maͤnner einig. Ob ſie
aber victrix oder armata ſeyn ſollte, das war
noch ungewiß. Sie giengen in ihrem Eifer ſo weit,
daß eine ordentliche Zerruͤttung unter ihrer Familie
entſtund. Selbſt die Weiber dieſer beyden Gelehr-
ten gruͤßten einander nicht mehr. Sie wußten zwar
gar nicht, worauf der Streit ankam, aber dennoch
ſchimpften ſie einander ſo muthig, als ihre Maͤnner
kaum thun konnten. Endlich ward das Ding gar zu
arg. Die andern Gelehrten ſchlugen ſich ins Mittel.
Man unterſuchte die Sache. Es blieb Venus vi-
ctrix!
Wie froh war mein Vetter! Er ließ die gan-
zen Streitſchriften zuſammen drucken, und war ſo li-
ſtig, daß er auf das Titelblatt die Worte ſetzen ließ:

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Quid me galeata laceſſis?
Vincere ſi poſſum nuda, quid arma tenens;
Ueber-
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[189/0189] eines deutſchen Woͤrterbuchs. ge Zweydrittheile einwechſelt. Nur ohnlaͤngſt iſt er in eine ſehr heftige Verbitterung mit einem andern auch ſo gelehrten Manne gerathen. Sie ſchimpf- ten einander in Schriften dergeſtalt, daß die Leſer ganz zweifelhaft wurden, welcher unter beiden ei- gentlich der groͤßte Narr waͤre. Die ganze Mord- geſchichte veranlaßte eine Gemma. Mein Vetter ſagte, ſie ſtellte die Venerem victricem vor; ſein Widerſacher aber behauptete, ſie bedeute die Vene- rem armatam der Lacedaͤmonier. Auf beiden Sei- ten ward die Heftigkeit zum hoͤchſten getrieben. Und wie ungluͤcklich haͤtte nicht auch die gelehrte Welt werden koͤnnen, wenn dieſe wichtige Wahrheit un- ausgemacht geblieben waͤre! Venus war es gewiß; darinnen waren dieſe großen Maͤnner einig. Ob ſie aber victrix oder armata ſeyn ſollte, das war noch ungewiß. Sie giengen in ihrem Eifer ſo weit, daß eine ordentliche Zerruͤttung unter ihrer Familie entſtund. Selbſt die Weiber dieſer beyden Gelehr- ten gruͤßten einander nicht mehr. Sie wußten zwar gar nicht, worauf der Streit ankam, aber dennoch ſchimpften ſie einander ſo muthig, als ihre Maͤnner kaum thun konnten. Endlich ward das Ding gar zu arg. Die andern Gelehrten ſchlugen ſich ins Mittel. Man unterſuchte die Sache. Es blieb Venus vi- ctrix! Wie froh war mein Vetter! Er ließ die gan- zen Streitſchriften zuſammen drucken, und war ſo li- ſtig, daß er auf das Titelblatt die Worte ſetzen ließ: ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Quid me galeata laceſſis? Vincere ſi poſſum nuda, quid arma tenens; Ueber-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/189>, abgerufen am 22.11.2024.