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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Noten ohne Text.
ses war der letzte Segen, den mir mein Vater, trö-
ste ihn Gott, er war auch ein Scribent! noch auf
seinem Todbette ertheilte. Er verließ mir ein schlech-
tes Vermögen, es ist wahr; aber diese Vermah-
nung hat mich so aufgemuntert, daß ich niemals hung-
rig zu Bette gegangen bin, so lange ich derselben ge-
folgt habe. Jch schrieb aus allen Leibeskräften,
und es gedeihte mir ganz wohl. Seit der Zeit hat
sich freylich viel geändert. Jch habe dieses Autor-
handwerk niedergelegt. Jch fand Ursachen, wel-
che mir riethen, mich von dergleichen Scribenten
abzuziehen; zugleich aber fand ich auch ganz unüber-
steigliche Hindernisse, ein guter Scribent zu werden;
um deswillen schreibe ich, wie Sie, mein Herr, wissen,
gar nichts mehr.

Jm Ernste zu reden, so ist es eine sehr betrübte
Sache um gute Scribenten. Sie lassen sichs blut
sauer werden, und doch geht es ihnen nicht von der
Hand. Haben sie auch ja ein Werk in ihrer Art
zu Stande gebracht; welcher Buchhändler wird so
viel wagen, es zu verlegen? Sie müssen noch Geld
zugeben, wenn sie ihren Namen gedruckt sehen wol-
len; und sind sie auch gedruckt, wohl gut! Wieviel
finden sie denn Leser? Sehr wenig; oder ich müßte
unsre Zeiten gar nicht kennen. Heute Nachmittags
ging ich vors Thor. Jch sah einen großen Zu-
lauf von Leuten, welcher mich bewog, näher hinzuge-
hen. Jch fand einen Mann in der größten Beschäff-
tigung, seine Päcktchen unter den gewöhnlichen Be-

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Noten ohne Text.
ſes war der letzte Segen, den mir mein Vater, troͤ-
ſte ihn Gott, er war auch ein Scribent! noch auf
ſeinem Todbette ertheilte. Er verließ mir ein ſchlech-
tes Vermoͤgen, es iſt wahr; aber dieſe Vermah-
nung hat mich ſo aufgemuntert, daß ich niemals hung-
rig zu Bette gegangen bin, ſo lange ich derſelben ge-
folgt habe. Jch ſchrieb aus allen Leibeskraͤften,
und es gedeihte mir ganz wohl. Seit der Zeit hat
ſich freylich viel geaͤndert. Jch habe dieſes Autor-
handwerk niedergelegt. Jch fand Urſachen, wel-
che mir riethen, mich von dergleichen Scribenten
abzuziehen; zugleich aber fand ich auch ganz unuͤber-
ſteigliche Hinderniſſe, ein guter Scribent zu werden;
um deswillen ſchreibe ich, wie Sie, mein Herr, wiſſen,
gar nichts mehr.

Jm Ernſte zu reden, ſo iſt es eine ſehr betruͤbte
Sache um gute Scribenten. Sie laſſen ſichs blut
ſauer werden, und doch geht es ihnen nicht von der
Hand. Haben ſie auch ja ein Werk in ihrer Art
zu Stande gebracht; welcher Buchhaͤndler wird ſo
viel wagen, es zu verlegen? Sie muͤſſen noch Geld
zugeben, wenn ſie ihren Namen gedruckt ſehen wol-
len; und ſind ſie auch gedruckt, wohl gut! Wieviel
finden ſie denn Leſer? Sehr wenig; oder ich muͤßte
unſre Zeiten gar nicht kennen. Heute Nachmittags
ging ich vors Thor. Jch ſah einen großen Zu-
lauf von Leuten, welcher mich bewog, naͤher hinzuge-
hen. Jch fand einen Mann in der groͤßten Beſchaͤff-
tigung, ſeine Paͤcktchen unter den gewoͤhnlichen Be-

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[153/0153] Noten ohne Text. ſes war der letzte Segen, den mir mein Vater, troͤ- ſte ihn Gott, er war auch ein Scribent! noch auf ſeinem Todbette ertheilte. Er verließ mir ein ſchlech- tes Vermoͤgen, es iſt wahr; aber dieſe Vermah- nung hat mich ſo aufgemuntert, daß ich niemals hung- rig zu Bette gegangen bin, ſo lange ich derſelben ge- folgt habe. Jch ſchrieb aus allen Leibeskraͤften, und es gedeihte mir ganz wohl. Seit der Zeit hat ſich freylich viel geaͤndert. Jch habe dieſes Autor- handwerk niedergelegt. Jch fand Urſachen, wel- che mir riethen, mich von dergleichen Scribenten abzuziehen; zugleich aber fand ich auch ganz unuͤber- ſteigliche Hinderniſſe, ein guter Scribent zu werden; um deswillen ſchreibe ich, wie Sie, mein Herr, wiſſen, gar nichts mehr. Jm Ernſte zu reden, ſo iſt es eine ſehr betruͤbte Sache um gute Scribenten. Sie laſſen ſichs blut ſauer werden, und doch geht es ihnen nicht von der Hand. Haben ſie auch ja ein Werk in ihrer Art zu Stande gebracht; welcher Buchhaͤndler wird ſo viel wagen, es zu verlegen? Sie muͤſſen noch Geld zugeben, wenn ſie ihren Namen gedruckt ſehen wol- len; und ſind ſie auch gedruckt, wohl gut! Wieviel finden ſie denn Leſer? Sehr wenig; oder ich muͤßte unſre Zeiten gar nicht kennen. Heute Nachmittags ging ich vors Thor. Jch ſah einen großen Zu- lauf von Leuten, welcher mich bewog, naͤher hinzuge- hen. Jch fand einen Mann in der groͤßten Beſchaͤff- tigung, ſeine Paͤcktchen unter den gewoͤhnlichen Be- theu- K 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/153>, abgerufen am 25.11.2024.