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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Die Seelen beschäfftigen sich nach der Trennung
von ihren Körpern am liebsten mit denen
Sachen, an welchen sie im Leben auf dieser
Welt ihr größtes Vergnügen gefunden haben.
Dieser philosophische Lehrsatz, welcher noch etwas
älter ist, als ich und Leibnitz, fängt wieder von
neuem an, Mode zu werden; und weil ich eine
ziemlich dauerhafte Natur habe, so hoffe ich, es noch
zu erleben, daß er die beste Welt, und den zureichen-
den Grund verdrängen soll. Nur will ich wün-
schen, daß es nicht dem Grunde des Widerfpruchs
eben so gehen möge. Denn wenn diese drey Stü-
cke alle auf einmal abkommen sollten; So dürften
unsre philosophischen Stutzer in dreyßig Jahren
eine sehr altväterische Miene machen, und ihre tief-
sinnigsten Schriften, welche sie und ihre Verleger
itzt bewundern, eben dem Schicksale unterworfen
seyn, welches diejenigen Familiengemälde betrifft,
die man, wenn es hoch kömmt, bloß der alten Tracht
wegen als eine Rarität noch auf hebt, gemeiniglich
aber in die dunkelsten Winkel des Hauses stellt, um
niemanden zu ärgern. Dem sey, wie ihm wolle;
eine jede Sache ist der Mode unterworfen, und die
Philosophie am meisten *. Wenigstens ich werde

mich
* Der geneigte Leser wird dieses mit mehrerm ausgeführt
finden, in meiner Vorrede zur neuen Auflage des vermehr-
ten und verbesserten Bruckers, welche künftige Messe zu
Cölln ans Licht treten soll, und worinnen ich unter andern
durch Zeugen und Documente bewiesen habe, daß der


Die Seelen beſchaͤfftigen ſich nach der Trennung
von ihren Koͤrpern am liebſten mit denen
Sachen, an welchen ſie im Leben auf dieſer
Welt ihr groͤßtes Vergnuͤgen gefunden haben.
Dieſer philoſophiſche Lehrſatz, welcher noch etwas
aͤlter iſt, als ich und Leibnitz, faͤngt wieder von
neuem an, Mode zu werden; und weil ich eine
ziemlich dauerhafte Natur habe, ſo hoffe ich, es noch
zu erleben, daß er die beſte Welt, und den zureichen-
den Grund verdraͤngen ſoll. Nur will ich wuͤn-
ſchen, daß es nicht dem Grunde des Widerfpruchs
eben ſo gehen moͤge. Denn wenn dieſe drey Stuͤ-
cke alle auf einmal abkommen ſollten; So duͤrften
unſre philoſophiſchen Stutzer in dreyßig Jahren
eine ſehr altvaͤteriſche Miene machen, und ihre tief-
ſinnigſten Schriften, welche ſie und ihre Verleger
itzt bewundern, eben dem Schickſale unterworfen
ſeyn, welches diejenigen Familiengemaͤlde betrifft,
die man, wenn es hoch koͤmmt, bloß der alten Tracht
wegen als eine Raritaͤt noch auf hebt, gemeiniglich
aber in die dunkelſten Winkel des Hauſes ſtellt, um
niemanden zu aͤrgern. Dem ſey, wie ihm wolle;
eine jede Sache iſt der Mode unterworfen, und die
Philoſophie am meiſten *. Wenigſtens ich werde

mich
* Der geneigte Leſer wird dieſes mit mehrerm ausgefuͤhrt
finden, in meiner Vorrede zur neuen Auflage des vermehr-
ten und verbeſſerten Bruckers, welche kuͤnftige Meſſe zu
Coͤlln ans Licht treten ſoll, und worinnen ich unter andern
durch Zeugen und Documente bewieſen habe, daß der
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[11/0011] Die Seelen beſchaͤfftigen ſich nach der Trennung von ihren Koͤrpern am liebſten mit denen Sachen, an welchen ſie im Leben auf dieſer Welt ihr groͤßtes Vergnuͤgen gefunden haben. Dieſer philoſophiſche Lehrſatz, welcher noch etwas aͤlter iſt, als ich und Leibnitz, faͤngt wieder von neuem an, Mode zu werden; und weil ich eine ziemlich dauerhafte Natur habe, ſo hoffe ich, es noch zu erleben, daß er die beſte Welt, und den zureichen- den Grund verdraͤngen ſoll. Nur will ich wuͤn- ſchen, daß es nicht dem Grunde des Widerfpruchs eben ſo gehen moͤge. Denn wenn dieſe drey Stuͤ- cke alle auf einmal abkommen ſollten; So duͤrften unſre philoſophiſchen Stutzer in dreyßig Jahren eine ſehr altvaͤteriſche Miene machen, und ihre tief- ſinnigſten Schriften, welche ſie und ihre Verleger itzt bewundern, eben dem Schickſale unterworfen ſeyn, welches diejenigen Familiengemaͤlde betrifft, die man, wenn es hoch koͤmmt, bloß der alten Tracht wegen als eine Raritaͤt noch auf hebt, gemeiniglich aber in die dunkelſten Winkel des Hauſes ſtellt, um niemanden zu aͤrgern. Dem ſey, wie ihm wolle; eine jede Sache iſt der Mode unterworfen, und die Philoſophie am meiſten *. Wenigſtens ich werde mich * Der geneigte Leſer wird dieſes mit mehrerm ausgefuͤhrt finden, in meiner Vorrede zur neuen Auflage des vermehr- ten und verbeſſerten Bruckers, welche kuͤnftige Meſſe zu Coͤlln ans Licht treten ſoll, und worinnen ich unter andern durch Zeugen und Documente bewieſen habe, daß der

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/11>, abgerufen am 22.11.2024.