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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Abhandlung
durch sie auf einmal aus ihrer natürlichen Stellung
gebracht werden, und sich so zeigen, wie sie natür-
lich sind. Diese Fabel hat mein augspurgischer
Freund sehr lebhaft in einem Stocke ausgedruckt.
Der Mann, welcher sich Mühe giebt, die Affen zu
unterweisen, scheint sich sein Amt so angelegen seyn
zu lassen, als wenn er mit der wichtigsten Sache von
der Welt zu thun hätte. Aber die unterschiednen
Stellungen seiner Schüler geben deutlich genug zu
verstehen, daß sie nur aus Zwange vernünftig thun,
und länger nicht, als er vor ihnen steht, und ihnen
droht. Unter der menschlichen Kleidung guckt das
Affengesicht allemal hervor. Verschiedne blöken gar
die Zähne wider ihn, und der eine Affe besonders,
welcher vor andern ansehnlich ist, droht, ihn zu kra-
tzen. Von ferne zeigt ihnen ein Zuschauer einen
Korb voll Obst, nach welchem sie alle mit lüsternen
Blicken sehen, und auf dem Sprunge zu stehen schei-
nen, Lehre und Zwang zu verlassen, um ihren natürli-
chen Trieben wieder zu folgen. Dieser Buchdrucker-
stock findet wegen seiner außerordentlichen Sauber-
keit, mit der er gezeichnet ist, vor allen andern mei-
nen Beyfall, und ungeachtet er sich vor gegenwärti-
ge Abhandlung gar nicht schickt: So würde ich doch
dem Verleger sehr verbunden seyn, wenn er die weni-
gen Kosten nicht scheuen, und diesen Stock kaufen
wollte, damit er meiner Schrift vorgesetzt werden
könnte. Jch weis gewiß, er ist zu gefällig, als daß
er mir diese kleine Bitte abschlagen
sollte.

Hink-

Abhandlung
durch ſie auf einmal aus ihrer natuͤrlichen Stellung
gebracht werden, und ſich ſo zeigen, wie ſie natuͤr-
lich ſind. Dieſe Fabel hat mein augſpurgiſcher
Freund ſehr lebhaft in einem Stocke ausgedruckt.
Der Mann, welcher ſich Muͤhe giebt, die Affen zu
unterweiſen, ſcheint ſich ſein Amt ſo angelegen ſeyn
zu laſſen, als wenn er mit der wichtigſten Sache von
der Welt zu thun haͤtte. Aber die unterſchiednen
Stellungen ſeiner Schuͤler geben deutlich genug zu
verſtehen, daß ſie nur aus Zwange vernuͤnftig thun,
und laͤnger nicht, als er vor ihnen ſteht, und ihnen
droht. Unter der menſchlichen Kleidung guckt das
Affengeſicht allemal hervor. Verſchiedne bloͤken gar
die Zaͤhne wider ihn, und der eine Affe beſonders,
welcher vor andern anſehnlich iſt, droht, ihn zu kra-
tzen. Von ferne zeigt ihnen ein Zuſchauer einen
Korb voll Obſt, nach welchem ſie alle mit luͤſternen
Blicken ſehen, und auf dem Sprunge zu ſtehen ſchei-
nen, Lehre und Zwang zu verlaſſen, um ihren natuͤrli-
chen Trieben wieder zu folgen. Dieſer Buchdrucker-
ſtock findet wegen ſeiner außerordentlichen Sauber-
keit, mit der er gezeichnet iſt, vor allen andern mei-
nen Beyfall, und ungeachtet er ſich vor gegenwaͤrti-
ge Abhandlung gar nicht ſchickt: So wuͤrde ich doch
dem Verleger ſehr verbunden ſeyn, wenn er die weni-
gen Koſten nicht ſcheuen, und dieſen Stock kaufen
wollte, damit er meiner Schrift vorgeſetzt werden
koͤnnte. Jch weis gewiß, er iſt zu gefaͤllig, als daß
er mir dieſe kleine Bitte abſchlagen
ſollte.

Hink-
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[106/0106] Abhandlung durch ſie auf einmal aus ihrer natuͤrlichen Stellung gebracht werden, und ſich ſo zeigen, wie ſie natuͤr- lich ſind. Dieſe Fabel hat mein augſpurgiſcher Freund ſehr lebhaft in einem Stocke ausgedruckt. Der Mann, welcher ſich Muͤhe giebt, die Affen zu unterweiſen, ſcheint ſich ſein Amt ſo angelegen ſeyn zu laſſen, als wenn er mit der wichtigſten Sache von der Welt zu thun haͤtte. Aber die unterſchiednen Stellungen ſeiner Schuͤler geben deutlich genug zu verſtehen, daß ſie nur aus Zwange vernuͤnftig thun, und laͤnger nicht, als er vor ihnen ſteht, und ihnen droht. Unter der menſchlichen Kleidung guckt das Affengeſicht allemal hervor. Verſchiedne bloͤken gar die Zaͤhne wider ihn, und der eine Affe beſonders, welcher vor andern anſehnlich iſt, droht, ihn zu kra- tzen. Von ferne zeigt ihnen ein Zuſchauer einen Korb voll Obſt, nach welchem ſie alle mit luͤſternen Blicken ſehen, und auf dem Sprunge zu ſtehen ſchei- nen, Lehre und Zwang zu verlaſſen, um ihren natuͤrli- chen Trieben wieder zu folgen. Dieſer Buchdrucker- ſtock findet wegen ſeiner außerordentlichen Sauber- keit, mit der er gezeichnet iſt, vor allen andern mei- nen Beyfall, und ungeachtet er ſich vor gegenwaͤrti- ge Abhandlung gar nicht ſchickt: So wuͤrde ich doch dem Verleger ſehr verbunden ſeyn, wenn er die weni- gen Koſten nicht ſcheuen, und dieſen Stock kaufen wollte, damit er meiner Schrift vorgeſetzt werden koͤnnte. Jch weis gewiß, er iſt zu gefaͤllig, als daß er mir dieſe kleine Bitte abſchlagen ſollte. Hink-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/106>, abgerufen am 25.11.2024.