rakter eines Lasterhaften, er vergißt, daß dieser schon vor hundert Jahren gestorben ist, und sucht ihn in seiner Stadt.
Jch habe mich vor persönlichen Satyren in mei- nen Schriften, mit allem Fleiße gehütet. Die Cha- raktere meiner Thoren sind allgemein; nicht ein einziger ist darunter, auf welchen nicht zehen Narren zugleich billig Anspruch machen können. Zeichne ich das Bild eines Hochmüthigen, so nehme ich die unverschämte Stirne von Baven, die stolzen Au- genbraunen von Mäven, die vornehmdummen Bli- cke vom Gargil, die aufgeblasnen Backen vom Cris- pin, die trotzige Unterkehle vom Kleanth, den auf- geblähten Bauch von Adrasten, den gebieterischen Gang vom Neran; und aus diesen sieben schaffe ich einen hochmüthigen Narren, der heißt Suffen. Können Bav und Mäv, können die übrigen sa- gen, daß ich sie gezeichnet habe? Suffen wird noch leben, wenn sie alle todt sind, und ein jeder von ih- nen wird wohl thun, wenn er sich denjenigen Feh- ler abgewöhnt, welchen er in dieser Copie lächerlich findet. Habe ich mir auch eine einzelne Person zum Originale vorgenommen, so bin ich doch sorgfältig bemüht gewesen, so lange an ihm zu arbeiten, bis
das
Vorbericht.
rakter eines Laſterhaften, er vergißt, daß dieſer ſchon vor hundert Jahren geſtorben iſt, und ſucht ihn in ſeiner Stadt.
Jch habe mich vor perſoͤnlichen Satyren in mei- nen Schriften, mit allem Fleiße gehuͤtet. Die Cha- raktere meiner Thoren ſind allgemein; nicht ein einziger iſt darunter, auf welchen nicht zehen Narren zugleich billig Anſpruch machen koͤnnen. Zeichne ich das Bild eines Hochmuͤthigen, ſo nehme ich die unverſchaͤmte Stirne von Baven, die ſtolzen Au- genbraunen von Maͤven, die vornehmdummen Bli- cke vom Gargil, die aufgeblasnen Backen vom Criſ- pin, die trotzige Unterkehle vom Kleanth, den auf- geblaͤhten Bauch von Adraſten, den gebieteriſchen Gang vom Neran; und aus dieſen ſieben ſchaffe ich einen hochmuͤthigen Narren, der heißt Suffen. Koͤnnen Bav und Maͤv, koͤnnen die uͤbrigen ſa- gen, daß ich ſie gezeichnet habe? Suffen wird noch leben, wenn ſie alle todt ſind, und ein jeder von ih- nen wird wohl thun, wenn er ſich denjenigen Feh- ler abgewoͤhnt, welchen er in dieſer Copie laͤcherlich findet. Habe ich mir auch eine einzelne Perſon zum Originale vorgenommen, ſo bin ich doch ſorgfaͤltig bemuͤht geweſen, ſo lange an ihm zu arbeiten, bis
das
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Vorbericht.
rakter eines Laſterhaften, er vergißt, daß dieſer ſchon
vor hundert Jahren geſtorben iſt, und ſucht ihn in
ſeiner Stadt.
Jch habe mich vor perſoͤnlichen Satyren in mei-
nen Schriften, mit allem Fleiße gehuͤtet. Die Cha-
raktere meiner Thoren ſind allgemein; nicht ein
einziger iſt darunter, auf welchen nicht zehen Narren
zugleich billig Anſpruch machen koͤnnen. Zeichne
ich das Bild eines Hochmuͤthigen, ſo nehme ich die
unverſchaͤmte Stirne von Baven, die ſtolzen Au-
genbraunen von Maͤven, die vornehmdummen Bli-
cke vom Gargil, die aufgeblasnen Backen vom Criſ-
pin, die trotzige Unterkehle vom Kleanth, den auf-
geblaͤhten Bauch von Adraſten, den gebieteriſchen
Gang vom Neran; und aus dieſen ſieben ſchaffe
ich einen hochmuͤthigen Narren, der heißt Suffen.
Koͤnnen Bav und Maͤv, koͤnnen die uͤbrigen ſa-
gen, daß ich ſie gezeichnet habe? Suffen wird noch
leben, wenn ſie alle todt ſind, und ein jeder von ih-
nen wird wohl thun, wenn er ſich denjenigen Feh-
ler abgewoͤhnt, welchen er in dieſer Copie laͤcherlich
findet. Habe ich mir auch eine einzelne Perſon zum
Originale vorgenommen, ſo bin ich doch ſorgfaͤltig
bemuͤht geweſen, ſo lange an ihm zu arbeiten, bis
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/42>, abgerufen am 16.02.2025.
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