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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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von Nicolaus Klimen.
und gleich anfangs bey sich gemerkt habe, daß er
zu etwas größerm, als zu einem Schulfuchse, gebo-
ren sey. Durch die viele Berufsarbeit, die er zu
verwalten hatte, war ihm das Gedächtniß derge-
stalt geschwächt, daß er sich derjenigen Freunde gar
nicht mehr erinnern konnte, bey denen er ehedem,
nach seines Vaters Tode, das Gnadenbrod geges-
sen hatte. Das konnte er sich gar nicht einbilden,
daß sein Vater ein Schneider gewesen wäre; Adler
zeugten nur Adler, und kein Schneider einen
Strandrath. Er bedauerte das frühzeitige Ab-
sterben seiner Mutter, welche ihm in dieser Sache
ein großes Licht würde gegeben haben. Die Poe-
ten mochte er gern leiden: er las aber von denen
Gedichten, die ihm in Demuth, zur Bezeigung un-
terthänigster Devotion, überreicht wurden, weiter
nichts, als den Titel. War dieser recht ansehnlich
und weitläuftig; so sagte er, es sey ein Carmen von
einem guten Geschmacke, und er zahlte die Gratula-
tionsgebühren willig. Sein Tod ist auch nieman-
den so nahe gegangen, als den bergischen Musen.
Wäre alles dasjenige wahr gewesen, was in den
Leichenversen stund; so würde der Verlust unersetz-
lich gewesen seyn, welchen das Vaterland durch das
Absterben dieses Mäcenaten erlitten hätte. Man
hat aber eben nicht gehört, daß durch seinen Tod
eine merkliche Veränderung im norwegischen Reiche
vorgegangen wäre.

Carl Hunding, dieser Mann hatte durch das
Glücke und durch seinen unermüdeten Fleiß ein an-
sehnliches Vermögen erworben; gleichwohl seufzte er

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von Nicolaus Klimen.
und gleich anfangs bey ſich gemerkt habe, daß er
zu etwas groͤßerm, als zu einem Schulfuchſe, gebo-
ren ſey. Durch die viele Berufsarbeit, die er zu
verwalten hatte, war ihm das Gedaͤchtniß derge-
ſtalt geſchwaͤcht, daß er ſich derjenigen Freunde gar
nicht mehr erinnern konnte, bey denen er ehedem,
nach ſeines Vaters Tode, das Gnadenbrod gegeſ-
ſen hatte. Das konnte er ſich gar nicht einbilden,
daß ſein Vater ein Schneider geweſen waͤre; Adler
zeugten nur Adler, und kein Schneider einen
Strandrath. Er bedauerte das fruͤhzeitige Ab-
ſterben ſeiner Mutter, welche ihm in dieſer Sache
ein großes Licht wuͤrde gegeben haben. Die Poe-
ten mochte er gern leiden: er las aber von denen
Gedichten, die ihm in Demuth, zur Bezeigung un-
terthaͤnigſter Devotion, uͤberreicht wurden, weiter
nichts, als den Titel. War dieſer recht anſehnlich
und weitlaͤuftig; ſo ſagte er, es ſey ein Carmen von
einem guten Geſchmacke, und er zahlte die Gratula-
tionsgebuͤhren willig. Sein Tod iſt auch nieman-
den ſo nahe gegangen, als den bergiſchen Muſen.
Waͤre alles dasjenige wahr geweſen, was in den
Leichenverſen ſtund; ſo wuͤrde der Verluſt unerſetz-
lich geweſen ſeyn, welchen das Vaterland durch das
Abſterben dieſes Maͤcenaten erlitten haͤtte. Man
hat aber eben nicht gehoͤrt, daß durch ſeinen Tod
eine merkliche Veraͤnderung im norwegiſchen Reiche
vorgegangen waͤre.

Carl Hunding, dieſer Mann hatte durch das
Gluͤcke und durch ſeinen unermuͤdeten Fleiß ein an-
ſehnliches Vermoͤgen erworben; gleichwohl ſeufzte er

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[185/0259] von Nicolaus Klimen. und gleich anfangs bey ſich gemerkt habe, daß er zu etwas groͤßerm, als zu einem Schulfuchſe, gebo- ren ſey. Durch die viele Berufsarbeit, die er zu verwalten hatte, war ihm das Gedaͤchtniß derge- ſtalt geſchwaͤcht, daß er ſich derjenigen Freunde gar nicht mehr erinnern konnte, bey denen er ehedem, nach ſeines Vaters Tode, das Gnadenbrod gegeſ- ſen hatte. Das konnte er ſich gar nicht einbilden, daß ſein Vater ein Schneider geweſen waͤre; Adler zeugten nur Adler, und kein Schneider einen Strandrath. Er bedauerte das fruͤhzeitige Ab- ſterben ſeiner Mutter, welche ihm in dieſer Sache ein großes Licht wuͤrde gegeben haben. Die Poe- ten mochte er gern leiden: er las aber von denen Gedichten, die ihm in Demuth, zur Bezeigung un- terthaͤnigſter Devotion, uͤberreicht wurden, weiter nichts, als den Titel. War dieſer recht anſehnlich und weitlaͤuftig; ſo ſagte er, es ſey ein Carmen von einem guten Geſchmacke, und er zahlte die Gratula- tionsgebuͤhren willig. Sein Tod iſt auch nieman- den ſo nahe gegangen, als den bergiſchen Muſen. Waͤre alles dasjenige wahr geweſen, was in den Leichenverſen ſtund; ſo wuͤrde der Verluſt unerſetz- lich geweſen ſeyn, welchen das Vaterland durch das Abſterben dieſes Maͤcenaten erlitten haͤtte. Man hat aber eben nicht gehoͤrt, daß durch ſeinen Tod eine merkliche Veraͤnderung im norwegiſchen Reiche vorgegangen waͤre. Carl Hunding, dieſer Mann hatte durch das Gluͤcke und durch ſeinen unermuͤdeten Fleiß ein an- ſehnliches Vermoͤgen erworben; gleichwohl ſeufzte er beſtaͤn- M 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/259>, abgerufen am 24.11.2024.