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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Jrus, eine lucianische Erzählung.
durch eine nähere Verbindung mit dem angesehnen
und reichen Menippus sein eignes Glück noch
mehr zu befestigen. Ueberdieses war Euforbia
schön genug, sein Herz einzunehmen. Jhr lockigtes
Haar, ihre erhabne Stirne, ihre feurigen Augen, ihr
reizender Mund, ihre bezaubernde Brust, ihr maje-
stätischer Gang, kurz ihre ganze Gestalt, hatten den
hochmüthigen Jrus gefesselt, und alle Dichter in
Jthaka schwuren, daß Venus mehr als einmal über
diese Schöne eifersüchtig geworden wäre. Die
Vermählung geschah. Der große Sohn des Ju-
piters eilte, seine Geliebte zu küssen. O! sprach er,
indem er sie umarmen wollte, o, wie vergnügt - -
- - - - - -

Hier erwachte Jrus; seine Glückseligkeit war
nur ein Traum gewesen. Er lag noch auf eben
dem Strohe, wohin er sich gestern gelegt, noch un-
ter eben dem zerrißnen Mantel, womit er sich den
Abend zuvor bedeckt hatte. Ceraunius war ver-
schwunden, und der unschuldige Toxaris
lebte noch.



Eine

Jrus, eine lucianiſche Erzaͤhlung.
durch eine naͤhere Verbindung mit dem angeſehnen
und reichen Menippus ſein eignes Gluͤck noch
mehr zu befeſtigen. Ueberdieſes war Euforbia
ſchoͤn genug, ſein Herz einzunehmen. Jhr lockigtes
Haar, ihre erhabne Stirne, ihre feurigen Augen, ihr
reizender Mund, ihre bezaubernde Bruſt, ihr maje-
ſtaͤtiſcher Gang, kurz ihre ganze Geſtalt, hatten den
hochmuͤthigen Jrus gefeſſelt, und alle Dichter in
Jthaka ſchwuren, daß Venus mehr als einmal uͤber
dieſe Schoͤne eiferſuͤchtig geworden waͤre. Die
Vermaͤhlung geſchah. Der große Sohn des Ju-
piters eilte, ſeine Geliebte zu kuͤſſen. O! ſprach er,
indem er ſie umarmen wollte, o, wie vergnuͤgt ‒ ‒
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Hier erwachte Jrus; ſeine Gluͤckſeligkeit war
nur ein Traum geweſen. Er lag noch auf eben
dem Strohe, wohin er ſich geſtern gelegt, noch un-
ter eben dem zerrißnen Mantel, womit er ſich den
Abend zuvor bedeckt hatte. Ceraunius war ver-
ſchwunden, und der unſchuldige Toxaris
lebte noch.



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[160/0234] Jrus, eine lucianiſche Erzaͤhlung. durch eine naͤhere Verbindung mit dem angeſehnen und reichen Menippus ſein eignes Gluͤck noch mehr zu befeſtigen. Ueberdieſes war Euforbia ſchoͤn genug, ſein Herz einzunehmen. Jhr lockigtes Haar, ihre erhabne Stirne, ihre feurigen Augen, ihr reizender Mund, ihre bezaubernde Bruſt, ihr maje- ſtaͤtiſcher Gang, kurz ihre ganze Geſtalt, hatten den hochmuͤthigen Jrus gefeſſelt, und alle Dichter in Jthaka ſchwuren, daß Venus mehr als einmal uͤber dieſe Schoͤne eiferſuͤchtig geworden waͤre. Die Vermaͤhlung geſchah. Der große Sohn des Ju- piters eilte, ſeine Geliebte zu kuͤſſen. O! ſprach er, indem er ſie umarmen wollte, o, wie vergnuͤgt ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Hier erwachte Jrus; ſeine Gluͤckſeligkeit war nur ein Traum geweſen. Er lag noch auf eben dem Strohe, wohin er ſich geſtern gelegt, noch un- ter eben dem zerrißnen Mantel, womit er ſich den Abend zuvor bedeckt hatte. Ceraunius war ver- ſchwunden, und der unſchuldige Toxaris lebte noch. Eine

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/234>, abgerufen am 28.11.2024.