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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Ein Auszug aus der Chronike
alten abgöttischen Linden, und die Gewohnheit, un-
ter freyem Himmel Gerichte zu halten, durch eine
natürliche Ordnung bringt. Er handelt diese Ma-
terie mit vieler Belesenheit ab, und ich habe davon
einige neuere Schriften gesehen, welche es ihm nicht
gleich thun.

A. d. 140 S. folgen die geistlichen Hauptgebäu-
de. Sie bestehen nur aus der Kirche, Pfarre und
Schulwohnung. Bey jedem aber machte er eine lan-
ge Erzählung, und die Bilder sind auch nicht gespart.
Jch will dem geneigten Leser mit einem Auszuge da-
von nicht beschwerlich fallen. Einige Umstände aber
kann ich nicht unberührt lassen.

Wie lange die Kirche gestanden habe, weis er ei-
gentlich nicht; wohl aber, daß sie schon im Pabstthu-
me gewesen. Die Geschichte der Reformation nimmt
hier viele Seiten weg, und es kömmt mir wahrschein-
lich vor, daß Seckendorf sich dieses Manuscripts mit
gutem Nutzen bedient habe. Den Weihkessel, wel-
cher noch in der Kirche eingemauert ist, kann er ohne
Thränen niemals ansehen, und er hält solchen für et-
was, das zum papistischen Sauerteige gehöre. Den
wohl angerichteten Beichtstuhl aber nennt er einen
Schmuck und eine Zierde des ganzen Tempels. Bey
einem vorgehabten Kirchenbaue hat sich hinter dem
Altare etwas gefunden, welches der Herr Verfasser,
als eine alte Münze, sehr hoch hält, und nicht allein
einen Abriß davon, sondern auch die Münze selbst
beygefügt. Anfänglich hat er gar nicht gewußt, was
er daraus machen solle. Aber durch eine unermü-
dete Untersuchung, und Beyhülfe einiger gelehrten

Freun-

Ein Auszug aus der Chronike
alten abgoͤttiſchen Linden, und die Gewohnheit, un-
ter freyem Himmel Gerichte zu halten, durch eine
natuͤrliche Ordnung bringt. Er handelt dieſe Ma-
terie mit vieler Beleſenheit ab, und ich habe davon
einige neuere Schriften geſehen, welche es ihm nicht
gleich thun.

A. d. 140 S. folgen die geiſtlichen Hauptgebaͤu-
de. Sie beſtehen nur aus der Kirche, Pfarre und
Schulwohnung. Bey jedem aber machte er eine lan-
ge Erzaͤhlung, und die Bilder ſind auch nicht geſpart.
Jch will dem geneigten Leſer mit einem Auszuge da-
von nicht beſchwerlich fallen. Einige Umſtaͤnde aber
kann ich nicht unberuͤhrt laſſen.

Wie lange die Kirche geſtanden habe, weis er ei-
gentlich nicht; wohl aber, daß ſie ſchon im Pabſtthu-
me geweſen. Die Geſchichte der Reformation nimmt
hier viele Seiten weg, und es koͤmmt mir wahrſchein-
lich vor, daß Seckendorf ſich dieſes Manuſcripts mit
gutem Nutzen bedient habe. Den Weihkeſſel, wel-
cher noch in der Kirche eingemauert iſt, kann er ohne
Thraͤnen niemals anſehen, und er haͤlt ſolchen fuͤr et-
was, das zum papiſtiſchen Sauerteige gehoͤre. Den
wohl angerichteten Beichtſtuhl aber nennt er einen
Schmuck und eine Zierde des ganzen Tempels. Bey
einem vorgehabten Kirchenbaue hat ſich hinter dem
Altare etwas gefunden, welches der Herr Verfaſſer,
als eine alte Muͤnze, ſehr hoch haͤlt, und nicht allein
einen Abriß davon, ſondern auch die Muͤnze ſelbſt
beygefuͤgt. Anfaͤnglich hat er gar nicht gewußt, was
er daraus machen ſolle. Aber durch eine unermuͤ-
dete Unterſuchung, und Beyhuͤlfe einiger gelehrten

Freun-
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[98/0172] Ein Auszug aus der Chronike alten abgoͤttiſchen Linden, und die Gewohnheit, un- ter freyem Himmel Gerichte zu halten, durch eine natuͤrliche Ordnung bringt. Er handelt dieſe Ma- terie mit vieler Beleſenheit ab, und ich habe davon einige neuere Schriften geſehen, welche es ihm nicht gleich thun. A. d. 140 S. folgen die geiſtlichen Hauptgebaͤu- de. Sie beſtehen nur aus der Kirche, Pfarre und Schulwohnung. Bey jedem aber machte er eine lan- ge Erzaͤhlung, und die Bilder ſind auch nicht geſpart. Jch will dem geneigten Leſer mit einem Auszuge da- von nicht beſchwerlich fallen. Einige Umſtaͤnde aber kann ich nicht unberuͤhrt laſſen. Wie lange die Kirche geſtanden habe, weis er ei- gentlich nicht; wohl aber, daß ſie ſchon im Pabſtthu- me geweſen. Die Geſchichte der Reformation nimmt hier viele Seiten weg, und es koͤmmt mir wahrſchein- lich vor, daß Seckendorf ſich dieſes Manuſcripts mit gutem Nutzen bedient habe. Den Weihkeſſel, wel- cher noch in der Kirche eingemauert iſt, kann er ohne Thraͤnen niemals anſehen, und er haͤlt ſolchen fuͤr et- was, das zum papiſtiſchen Sauerteige gehoͤre. Den wohl angerichteten Beichtſtuhl aber nennt er einen Schmuck und eine Zierde des ganzen Tempels. Bey einem vorgehabten Kirchenbaue hat ſich hinter dem Altare etwas gefunden, welches der Herr Verfaſſer, als eine alte Muͤnze, ſehr hoch haͤlt, und nicht allein einen Abriß davon, ſondern auch die Muͤnze ſelbſt beygefuͤgt. Anfaͤnglich hat er gar nicht gewußt, was er daraus machen ſolle. Aber durch eine unermuͤ- dete Unterſuchung, und Beyhuͤlfe einiger gelehrten Freun-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/172>, abgerufen am 18.05.2024.