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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Lobschrift auf Amouretten ein etc.

Es sey genug! Jch habe Amourettens Ankunft,
ihre Schicksale, ihre Leibes- und Gemüthsgaben,
kurz, ich habe Amourettens Leben und Thaten be-
schrieben. Sie lebt noch. Jch wünsche ihren
Verdiensten eine Dauer von vielen Jahren. Sie
ist es würdig. Allein, sie ist auch sterblich, und
stirbt vielleicht eher, als mancher Mensch, der sich so
vieler Tugenden nicht rühmen kann. O, ihr Dich-
ter, die ihr so vielmals bey dem Grabe eines Laster-
haften euer eigennütziges Lob verschwendet! Sollte
es geschehen; sollte meine Amourette sterben: Ver-
ehrt die Wahrheit! Streut nur eine Hand voll Cy-
pressenreiser auf ihre Asche! Besingt ihre seltnen
Eigenschaften! Amourette verdient es! Wenig-
stens werdet ihr von derselben mit gutem Grunde
mehr sagen können, als daß sie geboren und gestor-
ben sey.

Martin Scribler, der jüngere.



Lob-
Lobſchrift auf Amouretten ein ꝛc.

Es ſey genug! Jch habe Amourettens Ankunft,
ihre Schickſale, ihre Leibes- und Gemuͤthsgaben,
kurz, ich habe Amourettens Leben und Thaten be-
ſchrieben. Sie lebt noch. Jch wuͤnſche ihren
Verdienſten eine Dauer von vielen Jahren. Sie
iſt es wuͤrdig. Allein, ſie iſt auch ſterblich, und
ſtirbt vielleicht eher, als mancher Menſch, der ſich ſo
vieler Tugenden nicht ruͤhmen kann. O, ihr Dich-
ter, die ihr ſo vielmals bey dem Grabe eines Laſter-
haften euer eigennuͤtziges Lob verſchwendet! Sollte
es geſchehen; ſollte meine Amourette ſterben: Ver-
ehrt die Wahrheit! Streut nur eine Hand voll Cy-
preſſenreiſer auf ihre Aſche! Beſingt ihre ſeltnen
Eigenſchaften! Amourette verdient es! Wenig-
ſtens werdet ihr von derſelben mit gutem Grunde
mehr ſagen koͤnnen, als daß ſie geboren und geſtor-
ben ſey.

Martin Scribler, der juͤngere.



Lob-
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[58/0132] Lobſchrift auf Amouretten ein ꝛc. Es ſey genug! Jch habe Amourettens Ankunft, ihre Schickſale, ihre Leibes- und Gemuͤthsgaben, kurz, ich habe Amourettens Leben und Thaten be- ſchrieben. Sie lebt noch. Jch wuͤnſche ihren Verdienſten eine Dauer von vielen Jahren. Sie iſt es wuͤrdig. Allein, ſie iſt auch ſterblich, und ſtirbt vielleicht eher, als mancher Menſch, der ſich ſo vieler Tugenden nicht ruͤhmen kann. O, ihr Dich- ter, die ihr ſo vielmals bey dem Grabe eines Laſter- haften euer eigennuͤtziges Lob verſchwendet! Sollte es geſchehen; ſollte meine Amourette ſterben: Ver- ehrt die Wahrheit! Streut nur eine Hand voll Cy- preſſenreiſer auf ihre Aſche! Beſingt ihre ſeltnen Eigenſchaften! Amourette verdient es! Wenig- ſtens werdet ihr von derſelben mit gutem Grunde mehr ſagen koͤnnen, als daß ſie geboren und geſtor- ben ſey. Martin Scribler, der juͤngere. Lob-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/132>, abgerufen am 18.05.2024.