Demnach aber und dieweil einiger Undeutlichkeit ich mit Grunde nicht beschuldiget werden mag, da ich dasjenige, so ich geschrieben, ganz wohl verstehe, einfolglich vor unzählig neuern Schriftstellern einen großen Vorzug verdiene, anbey wider die arithme- tische Verhältniß läuft, daß dasjenige, so in einem einzigen Satze gesaget wird, eben so weitläuftig seyn sollte, als das, wozu ich die mühsame Umschreibung vieler Perioden nöthig habe, hiernächst die Beybe- haltung geschickter Kunstwörter vielmehr eine Lo- beserhebung, als Bestrafung, verdienet, über dieses die Anziehung alter Rechtsgelehrten und ihrer Zeug- nisse allerdings nach dem neuesten Geschmacke zu seyn scheinet, da die eingebildetsten meiner Lands- leute zum öftern den Homer, Virgil, Boileau, Milton, und andere Ausländer dasjenige griechisch, lateinisch, französisch, und englisch sagen lassen, wor- auf vielmals ein auch nur halbgelehrter Deutscher von selbst gefallen seyn würde;
Als zweifle nicht, Ew. Hochedlen werden sich meinen Vorschlag gefallen, und mir dasjenige Recht wiederfahren lassen, welches Sie einem Patrioten, und Beförderer der deutschen Sprache schuldig sind. Jch bin
Ew. Hochedlen Datum vt in litteris. ergebenster C. IAVOLENVS.
Klage wider die weitlaͤuftige ꝛc.
Demnach aber und dieweil einiger Undeutlichkeit ich mit Grunde nicht beſchuldiget werden mag, da ich dasjenige, ſo ich geſchrieben, ganz wohl verſtehe, einfolglich vor unzaͤhlig neuern Schriftſtellern einen großen Vorzug verdiene, anbey wider die arithme- tiſche Verhaͤltniß laͤuft, daß dasjenige, ſo in einem einzigen Satze geſaget wird, eben ſo weitlaͤuftig ſeyn ſollte, als das, wozu ich die muͤhſame Umſchreibung vieler Perioden noͤthig habe, hiernaͤchſt die Beybe- haltung geſchickter Kunſtwoͤrter vielmehr eine Lo- beserhebung, als Beſtrafung, verdienet, uͤber dieſes die Anziehung alter Rechtsgelehrten und ihrer Zeug- niſſe allerdings nach dem neueſten Geſchmacke zu ſeyn ſcheinet, da die eingebildetſten meiner Lands- leute zum oͤftern den Homer, Virgil, Boileau, Milton, und andere Auslaͤnder dasjenige griechiſch, lateiniſch, franzoͤſiſch, und engliſch ſagen laſſen, wor- auf vielmals ein auch nur halbgelehrter Deutſcher von ſelbſt gefallen ſeyn wuͤrde;
Als zweifle nicht, Ew. Hochedlen werden ſich meinen Vorſchlag gefallen, und mir dasjenige Recht wiederfahren laſſen, welches Sie einem Patrioten, und Befoͤrderer der deutſchen Sprache ſchuldig ſind. Jch bin
Ew. Hochedlen Datum vt in litteris. ergebenſter C. IAVOLENVS.
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Klage wider die weitlaͤuftige ꝛc.
Demnach aber und dieweil einiger Undeutlichkeit
ich mit Grunde nicht beſchuldiget werden mag, da
ich dasjenige, ſo ich geſchrieben, ganz wohl verſtehe,
einfolglich vor unzaͤhlig neuern Schriftſtellern einen
großen Vorzug verdiene, anbey wider die arithme-
tiſche Verhaͤltniß laͤuft, daß dasjenige, ſo in einem
einzigen Satze geſaget wird, eben ſo weitlaͤuftig ſeyn
ſollte, als das, wozu ich die muͤhſame Umſchreibung
vieler Perioden noͤthig habe, hiernaͤchſt die Beybe-
haltung geſchickter Kunſtwoͤrter vielmehr eine Lo-
beserhebung, als Beſtrafung, verdienet, uͤber dieſes
die Anziehung alter Rechtsgelehrten und ihrer Zeug-
niſſe allerdings nach dem neueſten Geſchmacke zu
ſeyn ſcheinet, da die eingebildetſten meiner Lands-
leute zum oͤftern den Homer, Virgil, Boileau,
Milton, und andere Auslaͤnder dasjenige griechiſch,
lateiniſch, franzoͤſiſch, und engliſch ſagen laſſen, wor-
auf vielmals ein auch nur halbgelehrter Deutſcher
von ſelbſt gefallen ſeyn wuͤrde;
Als zweifle nicht, Ew. Hochedlen werden ſich
meinen Vorſchlag gefallen, und mir dasjenige Recht
wiederfahren laſſen, welches Sie einem Patrioten,
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Jch bin
Ew. Hochedlen
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/118>, abgerufen am 16.02.2025.
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