Schlaf- oder vielmehr Hausrock! und solch eine offene Weste und solch eine würdige, lange Pastorenpfeife, mit dem dazu gehörigen angenehmen Pastorenknaster in blauen Ringeln in der stillen Luft!
"Stopfkuchen!"
Es gab nur ein Wort, und dieses war es, was ich murmeln konnte, wie ich jetzt stand, und, wie der Marquis von Carabas, dem Kapitän Hinze meine weitere Einführung in die Behaglichkeit überließ.
"Stopfkuchen!" murmelte ich, während ich stand und darauf wartete, daß man, just aus seinem Wohl- sein heraus, noch einmal in meinem Leben Notiz von mir nehme auf der rothen Schanze.
Selbstverständlich war's die Frau, welche die Störung zuerst bemerkte, zu dem Fremden hastig auf- sah und ihren Mann anstieß:
"Aber Heinrich? Ein Herr! Da ist ja wer!"
Ich habe es nicht gehört, aber ich bin nicht nur fest überzeugt, sondern ich weiß es gewiß, daß ihr Heinrich nichts weiter als: "Na?!" gesagt hat, als er wenig erfreut, die Zeitung sinken ließ und die Nase erst seinem Wachtkapitän zu, sodann nach seinem Thoreingang hin und zuletzt dem Eindringling in seinen Morgenfrieden entgegen hob.
"Entschuldige den Störenfried, lieber Alter. Eduard nanntest Du, freilich vor langen Jahren, einen Freund, wenn er auch kein junger Baron war, sondern nur aus dem Posthause da unten stammte, Schaumann," sagte ich, wie vollständig aus dem
W. Raabe. Stopfkuchen. 5
Schlaf- oder vielmehr Hausrock! und ſolch eine offene Weſte und ſolch eine würdige, lange Paſtorenpfeife, mit dem dazu gehörigen angenehmen Paſtorenknaſter in blauen Ringeln in der ſtillen Luft!
„Stopfkuchen!“
Es gab nur ein Wort, und dieſes war es, was ich murmeln konnte, wie ich jetzt ſtand, und, wie der Marquis von Carabas, dem Kapitän Hinze meine weitere Einführung in die Behaglichkeit überließ.
„Stopfkuchen!“ murmelte ich, während ich ſtand und darauf wartete, daß man, juſt aus ſeinem Wohl- ſein heraus, noch einmal in meinem Leben Notiz von mir nehme auf der rothen Schanze.
Selbſtverſtändlich war's die Frau, welche die Störung zuerſt bemerkte, zu dem Fremden haſtig auf- ſah und ihren Mann anſtieß:
„Aber Heinrich? Ein Herr! Da iſt ja wer!“
Ich habe es nicht gehört, aber ich bin nicht nur feſt überzeugt, ſondern ich weiß es gewiß, daß ihr Heinrich nichts weiter als: „Na?!“ geſagt hat, als er wenig erfreut, die Zeitung ſinken ließ und die Naſe erſt ſeinem Wachtkapitän zu, ſodann nach ſeinem Thoreingang hin und zuletzt dem Eindringling in ſeinen Morgenfrieden entgegen hob.
„Entſchuldige den Störenfried, lieber Alter. Eduard nannteſt Du, freilich vor langen Jahren, einen Freund, wenn er auch kein junger Baron war, ſondern nur aus dem Poſthauſe da unten ſtammte, Schaumann,“ ſagte ich, wie vollſtändig aus dem
W. Raabe. Stopfkuchen. 5
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Schlaf- oder vielmehr Hausrock! und ſolch eine offene
Weſte und ſolch eine würdige, lange Paſtorenpfeife,
mit dem dazu gehörigen angenehmen Paſtorenknaſter
in blauen Ringeln in der ſtillen Luft!
„Stopfkuchen!“
Es gab nur ein Wort, und dieſes war es, was
ich murmeln konnte, wie ich jetzt ſtand, und, wie der
Marquis von Carabas, dem Kapitän Hinze meine
weitere Einführung in die Behaglichkeit überließ.
„Stopfkuchen!“ murmelte ich, während ich ſtand
und darauf wartete, daß man, juſt aus ſeinem Wohl-
ſein heraus, noch einmal in meinem Leben Notiz von
mir nehme auf der rothen Schanze.
Selbſtverſtändlich war's die Frau, welche die
Störung zuerſt bemerkte, zu dem Fremden haſtig auf-
ſah und ihren Mann anſtieß:
„Aber Heinrich? Ein Herr! Da iſt ja wer!“
Ich habe es nicht gehört, aber ich bin nicht nur
feſt überzeugt, ſondern ich weiß es gewiß, daß ihr
Heinrich nichts weiter als: „Na?!“ geſagt hat, als
er wenig erfreut, die Zeitung ſinken ließ und die
Naſe erſt ſeinem Wachtkapitän zu, ſodann nach ſeinem
Thoreingang hin und zuletzt dem Eindringling in
ſeinen Morgenfrieden entgegen hob.
„Entſchuldige den Störenfried, lieber Alter.
Eduard nannteſt Du, freilich vor langen Jahren,
einen Freund, wenn er auch kein junger Baron war,
ſondern nur aus dem Poſthauſe da unten ſtammte,
Schaumann,“ ſagte ich, wie vollſtändig aus dem
W. Raabe. Stopfkuchen. 5
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/75>, abgerufen am 17.02.2025.
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