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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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Und schon bekam ich einen freundschaftlichen
Schlag auf die Schulter:

"Je, Eduard! Du mußtest freilich vom Kap
der guten Hoffnung mal nach Hause kommen, um
uns hier diese Überraschung mitzubereiten. Wir haben
es gestern Abend im Arm schon ziemlich zu einander
gebracht wie ihr -- Du und Schaumann gestern auf
der rothen Schanze euren Gefühlen Luft gemacht
haben werdet. Das war aber vortrefflich von Dir,
daß Du dem Dicken endlich zu einer mittheilsamen,
redefreudigen Stimmung verholfen hast. Dieser Stopf-
kuchen! Ja, so ist er immer gewesen! Ja, ja, Du
mußtest erst kommen, daß es so kommen konnte!
Ohne Dich, Eduard, hätten wir noch lange darauf
warten können, zu erfahren, wer eigentlich Kienbaum
todtgeschlagen habe. Und dieser alte Störzer: man
weiß wirklich nicht, ob die Geschichte durch ihn un-
heimlicher oder so zu sagen, ganz gemüthlich wird.
Aber wie gesagt, hauptsächlich was sagst Du zu
Stopfkuchen? Ist er nicht göttlich? Ist er nicht
immer noch ganz der Alte?"

"Ganz der Alte. So leicht verändern wir uns
nicht. Aber Du verzeihst: geht Deine Uhr richtig?"

Der Freund sah nach ihr:

"Auf die Minute. In zehn Minuten halb zehn."

"Dann hab ich keinen Augenblick mehr zu ver-
säumen. Der Zug nach Hamburg geht in zwanzig
Minuten ab."

"Du reisest nach Hamburg?"

"Und ein wenig weiter. Ich reise ab nach Afrika.

Und ſchon bekam ich einen freundſchaftlichen
Schlag auf die Schulter:

„Je, Eduard! Du mußteſt freilich vom Kap
der guten Hoffnung mal nach Hauſe kommen, um
uns hier dieſe Überraſchung mitzubereiten. Wir haben
es geſtern Abend im Arm ſchon ziemlich zu einander
gebracht wie ihr — Du und Schaumann geſtern auf
der rothen Schanze euren Gefühlen Luft gemacht
haben werdet. Das war aber vortrefflich von Dir,
daß Du dem Dicken endlich zu einer mittheilſamen,
redefreudigen Stimmung verholfen haſt. Dieſer Stopf-
kuchen! Ja, ſo iſt er immer geweſen! Ja, ja, Du
mußteſt erſt kommen, daß es ſo kommen konnte!
Ohne Dich, Eduard, hätten wir noch lange darauf
warten können, zu erfahren, wer eigentlich Kienbaum
todtgeſchlagen habe. Und dieſer alte Störzer: man
weiß wirklich nicht, ob die Geſchichte durch ihn un-
heimlicher oder ſo zu ſagen, ganz gemüthlich wird.
Aber wie geſagt, hauptſächlich was ſagſt Du zu
Stopfkuchen? Iſt er nicht göttlich? Iſt er nicht
immer noch ganz der Alte?“

„Ganz der Alte. So leicht verändern wir uns
nicht. Aber Du verzeihſt: geht Deine Uhr richtig?“

Der Freund ſah nach ihr:

„Auf die Minute. In zehn Minuten halb zehn.“

„Dann hab ich keinen Augenblick mehr zu ver-
ſäumen. Der Zug nach Hamburg geht in zwanzig
Minuten ab.“

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[277/0287] Und ſchon bekam ich einen freundſchaftlichen Schlag auf die Schulter: „Je, Eduard! Du mußteſt freilich vom Kap der guten Hoffnung mal nach Hauſe kommen, um uns hier dieſe Überraſchung mitzubereiten. Wir haben es geſtern Abend im Arm ſchon ziemlich zu einander gebracht wie ihr — Du und Schaumann geſtern auf der rothen Schanze euren Gefühlen Luft gemacht haben werdet. Das war aber vortrefflich von Dir, daß Du dem Dicken endlich zu einer mittheilſamen, redefreudigen Stimmung verholfen haſt. Dieſer Stopf- kuchen! Ja, ſo iſt er immer geweſen! Ja, ja, Du mußteſt erſt kommen, daß es ſo kommen konnte! Ohne Dich, Eduard, hätten wir noch lange darauf warten können, zu erfahren, wer eigentlich Kienbaum todtgeſchlagen habe. Und dieſer alte Störzer: man weiß wirklich nicht, ob die Geſchichte durch ihn un- heimlicher oder ſo zu ſagen, ganz gemüthlich wird. Aber wie geſagt, hauptſächlich was ſagſt Du zu Stopfkuchen? Iſt er nicht göttlich? Iſt er nicht immer noch ganz der Alte?“ „Ganz der Alte. So leicht verändern wir uns nicht. Aber Du verzeihſt: geht Deine Uhr richtig?“ Der Freund ſah nach ihr: „Auf die Minute. In zehn Minuten halb zehn.“ „Dann hab ich keinen Augenblick mehr zu ver- ſäumen. Der Zug nach Hamburg geht in zwanzig Minuten ab.“ „Du reiſeſt nach Hamburg?“ „Und ein wenig weiter. Ich reiſe ab nach Afrika.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/287>, abgerufen am 18.05.2024.