Gefühl. Aber sein Wohlstand! . . . Ich habe auch vorhin bemerkt, daß es nicht um Geld und Gel- deswerth zwischen uns zum Schlimmsten gekommen ist, und das verhält sich auch so. Ich war ihm nichts schuldig und er mir nichts. Doch daß ihn sein Geschäft und Reichthum auf die Landstraße führen mußte, das war das Böse. Daß der Viehhandel das Richtige für ihn war, wenn auch nicht immer für seine Käufer und Verkäufer, das ist sicher; aber wes- halb konnte ihn der liebe Gott denn nicht auf eine andere Weise zu seinem Besitz kommen lassen und mußte mich ihm immer tagtäglich, tagtäglich, tagtäg- lich mit seinem Hohn und Spott und Stolz zusammen- bringen? Er hatte den Hof in Gleimekendorf ge- kauft, mitten in meinem Amtsberufsbezirk, und so mußte er an mir vorbei, aufgepustet zu Pferde oder zu Wagen -- an mir zu Fuße. Unsere jungen Herren auf der Post haben es sich schon lange vor- genommen, sich es mal auszurechnen, wie oft ich jetzt zu Fuße um die Welt gelaufen bin. Damals mochte ich nach meiner Berechnung wohl einmal drum herum gewesen sein, aber es genügte, wenn mir tagtäglich so ein Halunke begegnen mußte, der von seinem Wagen, wenn er Sie von hinten treffen kann, Ihnen auch mit der Peitsche einen Schnipser giebt und im Davonjagen Sie hohnneckt: ,Bäh, bäh, Storzhammel! lauf Dich zum Teckel, bring mir die Lujedors und hol Dir Deinen Briefgroschen; Kienbaum ist mein Name!' Herr Schaumann, damit geht es denn bis einmal zum Überfließen. Und zum Überfließen ist es ge-
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Gefühl. Aber ſein Wohlſtand! . . . Ich habe auch vorhin bemerkt, daß es nicht um Geld und Gel- deswerth zwiſchen uns zum Schlimmſten gekommen iſt, und das verhält ſich auch ſo. Ich war ihm nichts ſchuldig und er mir nichts. Doch daß ihn ſein Geſchäft und Reichthum auf die Landſtraße führen mußte, das war das Böſe. Daß der Viehhandel das Richtige für ihn war, wenn auch nicht immer für ſeine Käufer und Verkäufer, das iſt ſicher; aber wes- halb konnte ihn der liebe Gott denn nicht auf eine andere Weiſe zu ſeinem Beſitz kommen laſſen und mußte mich ihm immer tagtäglich, tagtäglich, tagtäg- lich mit ſeinem Hohn und Spott und Stolz zuſammen- bringen? Er hatte den Hof in Gleimekendorf ge- kauft, mitten in meinem Amtsberufsbezirk, und ſo mußte er an mir vorbei, aufgepuſtet zu Pferde oder zu Wagen — an mir zu Fuße. Unſere jungen Herren auf der Poſt haben es ſich ſchon lange vor- genommen, ſich es mal auszurechnen, wie oft ich jetzt zu Fuße um die Welt gelaufen bin. Damals mochte ich nach meiner Berechnung wohl einmal drum herum geweſen ſein, aber es genügte, wenn mir tagtäglich ſo ein Halunke begegnen mußte, der von ſeinem Wagen, wenn er Sie von hinten treffen kann, Ihnen auch mit der Peitſche einen Schnipſer giebt und im Davonjagen Sie hohnneckt: ‚Bäh, bäh, Storzhammel! lauf Dich zum Teckel, bring mir die Lujedors und hol Dir Deinen Briefgroſchen; Kienbaum iſt mein Name!‘ Herr Schaumann, damit geht es denn bis einmal zum Überfließen. Und zum Überfließen iſt es ge-
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Gefühl. Aber ſein Wohlſtand! . . . Ich habe auch
vorhin bemerkt, daß es nicht um Geld und Gel-
deswerth zwiſchen uns zum Schlimmſten gekommen
iſt, und das verhält ſich auch ſo. Ich war ihm
nichts ſchuldig und er mir nichts. Doch daß ihn
ſein Geſchäft und Reichthum auf die Landſtraße führen
mußte, das war das Böſe. Daß der Viehhandel das
Richtige für ihn war, wenn auch nicht immer für
ſeine Käufer und Verkäufer, das iſt ſicher; aber wes-
halb konnte ihn der liebe Gott denn nicht auf eine
andere Weiſe zu ſeinem Beſitz kommen laſſen und
mußte mich ihm immer tagtäglich, tagtäglich, tagtäg-
lich mit ſeinem Hohn und Spott und Stolz zuſammen-
bringen? Er hatte den Hof in Gleimekendorf ge-
kauft, mitten in meinem Amtsberufsbezirk, und ſo
mußte er an mir vorbei, aufgepuſtet zu Pferde oder
zu Wagen — an mir zu Fuße. Unſere jungen
Herren auf der Poſt haben es ſich ſchon lange vor-
genommen, ſich es mal auszurechnen, wie oft ich jetzt
zu Fuße um die Welt gelaufen bin. Damals mochte
ich nach meiner Berechnung wohl einmal drum herum
geweſen ſein, aber es genügte, wenn mir tagtäglich
ſo ein Halunke begegnen mußte, der von ſeinem
Wagen, wenn er Sie von hinten treffen kann, Ihnen
auch mit der Peitſche einen Schnipſer giebt und im
Davonjagen Sie hohnneckt: ‚Bäh, bäh, Storzhammel!
lauf Dich zum Teckel, bring mir die Lujedors und hol
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/269>, abgerufen am 25.11.2024.
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