Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.Schanze bemerkt, daß eben etwas Absonderliches ge- "Herr Schaumann!" klang es hinter dem Schenk- "Und Du, Du, Heinrich, was thatest Du?" "Ich? Ich führte fürs Erste meine Frau nach Schanze bemerkt, daß eben etwas Abſonderliches ge- „Herr Schaumann!“ klang es hinter dem Schenk- „Und Du, Du, Heinrich, was thateſt Du?“ „Ich? Ich führte fürs Erſte meine Frau nach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0248" n="238"/> Schanze bemerkt, daß eben etwas Abſonderliches ge-<lb/> ſchehen ſei, daß Einer die drei Schaufeln für den<lb/> Todten mit dem Zeichen Kains auf der Stirne ver-<lb/> weigert habe.“</p><lb/> <p>„Herr Schaumann!“ klang es hinter dem Schenk-<lb/> tiſche, und ich hörte trotz aller eigenen Erregung, das<lb/> Mädchen die Hände zuſammenſchlagen.</p><lb/> <p>„Und Du, Du, Heinrich, was thateſt Du?“</p><lb/> <p>„Ich? Ich führte fürs Erſte meine Frau nach<lb/> Hauſe. Für dieſe armen Würmer iſt's wirklich nichts,<lb/> ſo blind, betäubt, verbieſtert durch ihre Thränen in<lb/> ſolche Grube auf den erdkloßüberhäuften Sarg hin-<lb/> unter zu gucken und lange dabei ſtehen gelaſſen zu<lb/> werden. Ich hatte doch vor allem ihr erſt das zu<lb/> ſagen, auf was man einem liebſten Menſchen gegen-<lb/> über unter ſolchen Umſtänden an Kirchhofsgemein-<lb/> plätzen angewieſen iſt. Maiholzen half mir übrigens<lb/> dabei mit beſtem Willen. Sie wollten Alle auf dem<lb/> engen Wege zwiſchen den Gräbern uns die Hand<lb/> drücken, und Einige kamen auch und redeten: ‚Herr<lb/> Schaumann, wenn es Ihnen und der Frau recht iſt,<lb/> ſo laſſen wir Alles nun vergeſſen und begraben ſein.<lb/> Es iſt ja ganz richtig wie der Herr Paſtor ſagte, zu<lb/> ſcharf ſoll Keiner mit dem Andern ins Gericht gehen,<lb/> und, Alles in Allem genommen, hatte der Selige<lb/> doch auch ſeine guten Seiten, und Mancher hätte ſich<lb/> da ein Muſter an nehmen können.‘ Darauf ant-<lb/> wortete ich denn höflich, und dann überſchritten Tinchen<lb/> und ich, Gott ſei Dank, den Graben des Herrn<lb/> Grafen von der Lauſitz und waren alſo wieder in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0248]
Schanze bemerkt, daß eben etwas Abſonderliches ge-
ſchehen ſei, daß Einer die drei Schaufeln für den
Todten mit dem Zeichen Kains auf der Stirne ver-
weigert habe.“
„Herr Schaumann!“ klang es hinter dem Schenk-
tiſche, und ich hörte trotz aller eigenen Erregung, das
Mädchen die Hände zuſammenſchlagen.
„Und Du, Du, Heinrich, was thateſt Du?“
„Ich? Ich führte fürs Erſte meine Frau nach
Hauſe. Für dieſe armen Würmer iſt's wirklich nichts,
ſo blind, betäubt, verbieſtert durch ihre Thränen in
ſolche Grube auf den erdkloßüberhäuften Sarg hin-
unter zu gucken und lange dabei ſtehen gelaſſen zu
werden. Ich hatte doch vor allem ihr erſt das zu
ſagen, auf was man einem liebſten Menſchen gegen-
über unter ſolchen Umſtänden an Kirchhofsgemein-
plätzen angewieſen iſt. Maiholzen half mir übrigens
dabei mit beſtem Willen. Sie wollten Alle auf dem
engen Wege zwiſchen den Gräbern uns die Hand
drücken, und Einige kamen auch und redeten: ‚Herr
Schaumann, wenn es Ihnen und der Frau recht iſt,
ſo laſſen wir Alles nun vergeſſen und begraben ſein.
Es iſt ja ganz richtig wie der Herr Paſtor ſagte, zu
ſcharf ſoll Keiner mit dem Andern ins Gericht gehen,
und, Alles in Allem genommen, hatte der Selige
doch auch ſeine guten Seiten, und Mancher hätte ſich
da ein Muſter an nehmen können.‘ Darauf ant-
wortete ich denn höflich, und dann überſchritten Tinchen
und ich, Gott ſei Dank, den Graben des Herrn
Grafen von der Lauſitz und waren alſo wieder in
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